Mein Neffe , ist so UNKONZENTRIERT

Hallo Kvatar,

irgend etwas an dem Thema muß Dich ganz schön berührt haben, Deine Wut kann man förmlich spüren. Kinder sind der Spiegel der Eltern, aber:
Es gibt die Familie im herkömmlichen Sinn nicht mehr, wo es eine Großmutter gibt, die sich um die Kinder kümmert, während die Eltern arbeiten gehen. Wo sind die Kinder? Im Hort, bei Tagesmüttern, ...
Ich habe mir als junges Mädchen gesagt: "Wenn ich einmal Kinder bekomme, kümmere ich mich um sie." Ich habe meinen Grundsatz eingehalten, obwohl ich mir zeitweise denke, wäre schön arbeiten zu gehen, andere "erwachsene" Menschen um mich zu haben und natürlich extra Geld zu verdienen.
Außerdem dürfen Kinder heutzutage überhaupt nichts mehr. Stell`Dir eine Grünanlage hinter einem Hochhaus vor: Hunde haben mehr Rechte, als Kinder. Sie dürfen nicht Ball spielen, auf Bäume klettern, die Natur kennenlernen (sie können ja ins Museum gehen)!
Wie viele Scheidungsweisen gibt es? Wie viele Sandwichfamilien gibt es? Das alles muß berücksichtigt werden, wenn man vorschnell über das Elternhaus urteilt. Unsere Bibliothek ist riesengroß und wir lesen gerne und ausgiebig, unsere Kinder sind trotzdem manchmal ein Härtefall. Und das führe ich sehr wohl auf Sternzeichen, Charakter, .... zurück.
 
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@ Kvatar

das ist ja schon der Hammer, was du da von dir gibst. Bei einem Handwerker von sozialer unterschicht zu reden.

Ich hab nur die Hauptschule besucht, habe nicht einmal eine berufliche Ausbildung und troztdem bin ich in der Lage meinen Kindern ein Buch nahe zu bringen.

Ich kenne genügend Akademikerfamilien, wo die Kinder in Therapie sind, weil sie nicht so funktionieren wie sie sollen. Liegt vielleicht auch daran, dass sie die meiste Zeit in Einrichtungen verbringen, dadurch dein Familienleben, wie du es schilderst, gar nicht mitbekommen.
 
Calendula: ich habe das Schichtenmodell nicht erfunden, sonern irgendein preisgekrönter Superfuzzi. ;) Aber es passt recht gut, darum verwende ich die Begriffe. Das niemand zur sozialen Unterschicht gehören will sehe ich ein, aber da gehöre zB auch ich zu. ;)

Soz. Mittelschicht definiert sich aus Bildung, Tätigkeit (Beruf) und der die Tätigkeit begleitende Verantwortung (Leiter, Professor, Doktor, Wissenschaftler, Akademiker, Lehrer...). Schau Dir das Modell mal an, du wirst feststellen: es passt !

Fühl Dich nicht immer gleich auf den Schlips getreten ! :D Die Welt ist eben kein Platz wo's laufend Komplimente hagelt. ;)

@Ingrid: Die Kinder sind auch nicht im Hort (leider), sondern vor der Flimmerkiste.


Es ist mir schon klar, dass jeder jetzt beteuert, X-tra viele Bücher im Haus zu haben und quasi rund um die Uhr Goethe zu lesen. Das zeigt mir nur, wie sehr alle bemüht sind, das Brett schööön vor'm Kopp zu lassen, und sich stattdessen bis zum Umfallen zu Selbst-Beweihräuchern. *kopfschüttel*

Seltsam: Ich habe hier noch nicht 1 Zeile der Selbstkritik gelesen.
Aber das kommt ja bestimmt noch.


:rolleyes:
 
Hallo Kvatar,

wie wär`s, wenn Du mit Dir selber anfangen würdest (Selbstkritik). So wie Du schreibst, bist Du bestimmt kinderlos und hast Dein Wissen aus Büchern. Oder selbst, wenn Du Kinder hättest, kümmert sich wahrscheinlich jemand anderer um sie. Weil Deine Theorien und Ansichten sind ziemlich theoretisch und nicht in der Praxis anwendbar.
Kinder sind nicht Kopien von ihren Eltern, alles was sie wollen, ist Aufmerksamkeit und Anteilnahme und Liebe.
 
Hallo Ingrid.

Doch, das mit den Kindern sehe ich genau so, wie ich es beschrieben habe. Neben meinem Studium (Lehrer) arbeite ich in einer Betreuungseinrichtung für gewalttätige Jungendstraftäter, die in dieser Einrichtung versuchsweise re-sozialisiert werden sollen. Einer dieser Insassen ist jetzt 14 Jahre alt. Er ist enorm gewaltbereit. Er wurde von seinem Vater bereits mit 4 Jahren "schonmal" gegen die Wand geworfen oder mit dem Kopf ~2 Minuten in die Wanne getaucht, wenn er seinen Vater davon abhalten wollte (flehte), die Mutter mit dem Stromkabel zu verprügeln.


Erzähl mir was Du willst. In einem ganz, GANZ (!) geringen Masse mögen erbliche Anlagen "vielleicht" bei Menschen wirksam sein. Aber dieser Einfluss ist derart verschwindend gering - wie die immer wiederkehrenden Schemata in der Jugendarbeit zeigen - dass wir darauf nicht achten brauchen. Zumal wir die erblichen Anlagen nicht verändern können, sollten wir uns auf das konzentrieren, was wir verändern könnten. Wir müssen uns die Tragweite unseres Tuns ganz eiskalt bewusst machen. Wir tragen eine enorm hohe Verantwortung durch unser Vorbild. Wir können uns Bequemlichkeiten und Illusionen weder in kleinen Mengen noch überhaupt leisten. Wir sind gefordert, in ALLEN DISZIPLINEN DES MENSCHSEINS VORBILDLICH ZU SEIN, WEIL WIR MASSGEBLICH FÜR DIE ZUKUNFT SIND. Die Gegenwart (die Jugend) orientiert sich an uns, und eins kann ich Dir versichern: der Apfel wird nicht weit vom Stamm fallen! Schau Dir das "Fallobst" an, das bereits herumliegt und über das sich alles lauthals beklagt - ein kleiner Vorgeschmack auf kommende Zeiten! :eek:

Weil Deine Theorien und Ansichten sind ziemlich theoretisch und nicht in der Praxis anwendbar.


Falsch.
Die bequeme Methode, von sich abzulenken und das Problem in Sternbildern, Lehrsystemen, Schulen, Staat etc in die Schuhe zu schieben hat uns diese - Entschuldigung bitte - gottverdammte Scheisse eingebrockt. Niemand fühlt sich verantwortlich, jeder gibt dem anderen oder den Umständen die Schuld. Und so rennt der wahre Sündenbock - welcher man selber ist - weiterhin ohne Zwangsjacke rum. Und nichts wird besser.


:wut2:
 
Hallo @all,
:)
ADS ist eine genetisch bedingte Stoffwechselstörung. Also, nicht nur die Eltern, Schule etc. sind in jedem Fall verantwortlich zu machen. Ihre Verantwortlichkeit beginnt beim Umgang mit z.B. hyperaktiven Kindern. Ich kenne einen Jungen der ADS hat. Inzwischen ist er fast durch das schulische Raster gefallen:er hat mehrere Schulwechsel hinter sich, da die Lehrer nicht mit seinem Verhalten umgehen konnten und seine Leistungen zu schwach waren. Regelschulen sind oft mit ADS-Kids überfordert. Das ist sehr schade. In unserer Gesellschaft ist es leider so, dass Menschen, die ein "Handikap" besitzen (definiert durch andere, Stigmatisierung) im vorgegebenen Rahmen nicht die geforderte Leistung bringen können, um letztlich das System zu stützen. Leider fallen sie deshalb oft durch das Leistungsraster. Hier ist noch viel Innovation durch Eltern,Lehrer u.a. nötig.
Erziehung ist eine schwierige Aufgabe, gerade heute: Reizüberflutung der Kids (TV, Mode...)etc. Wie können sich Eltern denn dagegen noch wehren? Es gibt kein Patentrezept für die Erziehung, denn jedes Kind ist einzigartig, ebenso die Eltern.
Mein Motto: Liebevoll und konsequent sein, egal ob Indigo-/ADS- oder -"Normalo"-Kind.
LG Anamcara:daisy:
 
Hallo Kvatar,

jetzt verstehe ich Deine riesengroße Wut auf "Erziehungsberechtigte". Und gerade als Lehrer kannst Du Vorbild sein, das heißt aber nicht, daß die Erziehung der Kinder in die Schule verlegt werden soll. Aber ich denke, Du sitzt an der Quelle und kannst Mißstände aufzeigen. Was Dir noch fehlt ist Diplomatie (ich glaube Du kämpfst für eine Sache ohne Rücksicht auf Verluste). Das einzige, was mich an Deinem Schreiben stört, ist, daß Du alle Eltern in einen Topf schmeißt. Ich bezeichne mich nicht als Unterschicht-Mama, nur weil ich kein Studium gemacht habe. Die Umwelt, das Elternhaus prägen die Kinder, aber die Anlagen (Talente, Aussehen, Charakter, ....) sind schon vorhanden. Mein Lebensgefährte, z. B. ist Gott sei Dank das "schwarze Schaf" in der Familie (die Eltern können nicht miteinander, aber auch nicht ohneeinander, der Vater nimmt jeden Anlaß zum Trinken, die Mutter hat schon von Ánbeginn der Ehe gesagt, ich verlasse euch, hat es aber trotzdem nicht getan). Das Elternhaus war alles andere als angenehm. Und trotzdem hat er studiert, ist ein wahnsinnig lebensfroher Mensch, angenehm und für mich perfekt! Das paßt nicht gerade in Dein Schema: Die Eltern sind schuld! Ich empfehle Dir das Buch von Thorwald Detlefsen " Schicksal als Chance" (darin geht es um Wiedergeburt, ...) Wenn man das Leben in einem viel größeren Rahmen sieht, versteht man (so traurig, das auch ist), warum manche Kinder mit Behinderungen oder einem total verkorksten Elternhaus den Planet Erde betreten. Das Leben ist ein Lernprozeß und Deine große Chance als Lehrer ist es, Kindern, die es nicht so gut haben, zu helfen. Das ist vielleicht Deine Bestimmung. Ich habe auch noch viel zu lernen (mein Ego ein bisschen zurückzuhalten und der Allgemeinheit zu "dienen") Ich habe es erkannt und arbeite daran. Ich wünsche Dir heute schon viel Kraft und Ausdauer und allen Menschen viel Liebe
 
@Kvatar

Falsch - dass ich von meinem Versagen ablenken will, indem ich die Schule, den Staat, das Lehrsystem, die Sternzeichen verantwortlich mache.
Du hast mich zwar nicht angesprochen, aber ich fühle mich angesprochen.

Es gibt nun mal diese Konstanten, wie oben aufgezählt, die in die Entwicklung des Kindes eingreifen.
Aber niemals habe ich meine eigene Verantwortung vergessen!

Ich bin felsenfest überzeugt, dass nur die Eltern die Saat legen und die Schule, Umwelt etc. noch den Dünger, das Gießen übernehmen.
Wenn ein Kind zu Hause ernst genommen, geliebt, gefördert wird, können die schlechten Umweltbedingungen durchaus ausgeglichen werden. Doch wie überall, gibt es auch hier ein Aber.

Aber wenn die alleingelassenen Mütter, mit Armut, Diskriminierung, Arbeitslosigkeit, fehlende Krippen- Hortplätze, kämpfen müssen, bleibt nicht mehr viel Kraft für das Kind übrig.

Es sind nun mal die Umstände, die viel zu oft, im Vordergrund stehen und die Voraussetzung für mangelnde Erziehung sind.
Das ist kein Ablenken vom eigenen Versagen, sondern Tatsachen, die leider in der Tagesordnung stehen.

Ich habe meinen Kindern schon sehr früh klar gemacht, dass sie keine materiellen Dinge von mir erwarten können. Aber auf Wissen und Bildung, das umfasst auch Benehmen und Umgang, habe ich bis heute den größten Wert gelegt.

Gruß Dawn
 
Hallo Anamcara,

Du hast mir mit Deinem Schreiben aus der Seele gesprochen. Jeder Mensch ist einzigartig und jeder versucht auf seine Weise, das Leben zu meistern. Die Erziehung der Kinder ist wirklich schwer, mir kommt es manchmal vor, daß sie ihren Selbstwert darin sehen, wieviele wertvolle Kleidungsstücke, Computer, .... sie besitzen. Ich glaube, viele Eltern überhäufen die Kinder mit Geschenken, weil sie ein schlechtes Gewissen haben, weil sie keine Zeit mehr für die Kinder haben (Berufstätigkeit). Ich z. B. bin seit kurzem geschieden und muß ehrlich sagen, daß ich am Anfang der Trennungszeit die Kinder mit Geschenken verwöhnt habe, eben aus dem schlechten Gewissen heraus: Die Familie zerbricht! Bis mein Sohn gesagt hat: "Ist gar nicht so schlecht, eine Trennung. Vom Papa bekomme ich alles, von Dir, von Thomas." Dann habe ich mich schnell wieder eingebremst mit den Geschenken.
 
Erziehung ist eine schwierige Aufgabe, gerade heute: Reizüberflutung der Kids (TV, Mode...)etc. Wie können sich Eltern denn dagegen noch wehren?

Jaaa, die armen, armen Eltern ! Sooooo hilflos, können gar nichts machen!

Das böse, böse Fernsehen ist an allem schuld! Es ist ja auch zum Kotzen: diese Fernsehapparate schleichen sich ja auch andauernd nachts heimlich in die Häuser, um sich dort einige Kinder zu kidnappen, denen sie unter lautem Wehgeschrei der Kinder ihr Programm brutalstmöglich aufnötigen....

:rolleyes:


Leider fallen sie deshalb oft durch das Leistungsraster. Hier ist noch viel Innovation durch Eltern,Lehrer u.a. nötig.


Dazu folgender Artikel:

Diagnose : Lehrer !

hat Friedrich Mahlmann, Schulleiter in Nordrhein-Westfalen, die chronische Krise seines Berufsstandes einmal beschrieben. Aber was ist nun wirklich dran am diffusen öffentlichen Missbehagen, an dem latenten Verdacht, die Lehrer seien im Grunde unfähig, ihre Arbeit ordentlich zu tun? Längst hat sich auch die Wissenschaft des Themas bemächtigt. Die einschlägige Literatur füllt inzwischen ganze Bibliotheken. In jüngster Zeit sind nun einige Studien veröffentlicht worden, deren Ergebnisse doch ein etwas anderes Licht auf die Sache werfen. Wenn wirklich etwas nicht stimmt in dem Beruf, kann man es nicht allein den Lehrern anlasten. Wir hängen alle mit drin. Mit anderen Worten: Eine Gesellschaft hat vermutlich immer die Lehrer, die sie verdient.

Doch zunächst die gute Nachricht: Lehrer sind besser als ihr Ruf, weil sie schlechter kaum noch sein könnten. Dies belegt eine Untersuchung über das Berufsprestige von Lehrern in Bayern, die am Lehrstuhl für Schulpädagogik der Universität München gemacht wurde. Lehrer sind die Prestigeverlierer der Gesellschaft. Hatten 1966 noch 37 Prozent der Westdeutschen besondere Hochachtung vor den Grundschullehrern, so sind es 1999 nur noch 20 Prozent.

Besonders schlecht kommen Lehrer in der Presse weg. Hier sind die Urteile und Zuschreibungen zu 75 Prozent negativ. Das am häufigsten verwendete Adjektiv heißt "überfordert", dicht gefolgt von "faul". Die 25 Prozent positiver Beurteilungen fallen dagegen kaum ins Gewicht, schon deshalb, weil sie meist im Konditional verpackt sind: Der Lehrer müsste (sollte, könnte) engagiert (kompetent, selbstsicher, motiviert) auftreten.

In der Bevölkerung ist das Lehrerbild diffus, zum Teil gar widersprüchlich. Einerseits neidet man den Pädagogen ihre vermeintlichen Privilegien wie Freizeit, Ferien, den sicheren Job bei guter Bezahlung. Andererseits möchten drei von vier Befragten auf gar keinen Fall selbst Lehrer sein. Dabei sind die meisten überzeugt, dass die Fähigkeit zum Lehrer eine angeborene Begabung sei. Die öffentliche Erwartung an die Pädagogen richtet sich nur zum geringen Teil auf deren Aufgabe als reine Wissensvermittler; 85 Prozent erwarten vor allem sozialpädagogische und therapeutische Kompetenz.

Besonders konfliktbeladen ist deshalb das Verhältnis von Eltern und Lehrern. Eltern nämlich verlangen nicht nur Wissensvermittlung für ihre Kinder (vor allem Deutsch und Fremdsprachen), sie fordern immer mehr auch Erziehungsaufgaben ein. Gute Umgangsformen, Toleranz, Höflichkeit, also Qualitäten, die klassisch zur Elternerziehung gehören, sollen nun auch in der Schule vermittelt werden. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass Eltern von der allgemeinen Panikmache besonders verunsichert werden. Sie machen die Schule allein verantwortlich für die Zukunftschancen ihrer Kinder, und jede Irritation in deren Schulkarriere wird den Lehrern angekreidet.

Der enorme Druck von außen verstärkt sich in fataler Weise in dem Maß, wie er einem ebenso großen Binnendruck korrespondiert. Die Überforderung durch öffentliche Ansprüche geht häufig einher mit dem Gefühl, im Schulbetrieb selbst zu versagen. Warum gerade Lehrer für derart selbstzerstörerisches Denken so anfällig sind, ist schwer zu erklären. Immerhin kann hier eine kleine, aber höchst aufschlussreiche empirische Studie über die soziale Herkunft von Grundschullehrern Hinweise liefern. Sie wurde unter Leitung von Eva Schumacher am Institut für Allgemeine Pädagogik an der Universität Karlsruhe gemacht.

Bei einer Gliederung der bundesdeutschen Gesamtbevölkerung in zehn Sozialmilieus zeigte es sich, dass Lehrer zum überwiegenden Teil aus einem einzigen Milieu stammen. Sie gehören zu 64 Prozent dem so genannten liberal-intellektuellen Milieu an, in dem die Gesamtbevölkerung insgesamt mit nur 10 Prozent vertreten ist. Gekennzeichnet ist dieses Milieu zum Beispiel durch ausgeprägtes Streben nach ökologischer und politischer Correctness, nach sozialer Gerechtigkeit, Versöhnung von Menschen und Natur, gesundheitsbewusster Lebensführung und einer tiefen Abneigung gegenüber "sinnentleertem" Konsum. Die Mehrheit der Schulkinder aber entstammt gänzlich anderen Milieus, von deren Zuschnitt Lehrer wenig Ahnung haben oder deren Prägungen sie gar ablehnen. Im Zusammenprall der Milieus mag eine Ursache dafür liegen, dass Lehrer ihre Schüler nicht mehr verstehen und schon gar nicht "lieben" können, wie beseelte Pädagogen das von ihnen verlangen. Stattdessen häufen sich die Klagen über die "neuen Kinder".

Am schlimmsten sind schwierige Kinder und große Klassen

Der Zwischenbericht einer Untersuchung zur Belastung im Lehrerberuf, die unter der Leitung von Uwe Schaarschmidt an der Universität Potsdam durchgeführt wird, bestätigt diesen Verdacht. Das Verhalten der als schwierig empfundenen Schüler wird vor allem anderen von den Pädagogen als Belastung beurteilt. Auf Platz zwei und drei rangieren dann die Klassenstärke und Stundenzahl. Die Potsdamer Studie weist auch nach, dass solche Belastungen Lehrer Krankheiten gegenüber tatsächlich anfälliger machen als Angehörige anderer Berufe mit psychosozialer Beanspruchung wie etwa Pflegeberufe. Unter emotionalem Druck ziehen sich Lehrer - grob gesagt - auf zwei Verhaltensmuster zurück, die beide mit einem hohen Krankheitsrisiko behaftet sind. Typ A reagiert mit überhöhtem Ehrgeiz und gerät in eine unselige Schleife aus kräftezehrendem Einsatz bei ausbleibendem Erfolgserlebnis. Herz- und Kreislauferkrankungen sind oft die Folge. Besonders Frauen neigen zu diesem Verhalten. Typ B dagegen resigniert, reagiert mit "Null Bock"-Verhalten und verfällt, da er auch nicht in der Lage ist, negative Erlebnisse zu kompensieren, in eine depressive Grundstimmung. Diese Tendenz, sich in einem Risikomuster einzunisten, legen sich Lehrer übrigens nicht erst im Laufe eines langen Pädagogendaseins zu, sondern fast sofort, wenn sie die Ausbildung hinter sich haben und ihren Job antreten. Das so genannte Burn-out-Syndrom lässt sich also keineswegs nur bei den Älteren feststellen.

Die Folge ist, wie eine Studie der Hamburger Universität und des Zentralinstituts für Arbeitsmedizin in Hamburg zeigt: Lehrer werden zwar älter, sind aber häufiger krank und öfter frühpensioniert als Angehörige vergleichbarer Berufe wie Richter, Ärzte oder Architekten. Jede zweite Lehrkraft scheidet vorzeitig aus dem Schuldienst aus. 84 Prozent der Befragten waren im vergangenen Jahr in ärztlicher Behandlung, von den Frauen gar 90 Prozent. Auch die Hamburger Untersuchung ergab, dass das Lebensalter keinerlei Einfluss auf die Erschöpfung hat. Ein wesentliches Ergebnis war - und das überraschte auch die Wissenschaftler selbst: Nicht etwa die in der Schule verbrachte Arbeitszeit führt zu den Erschöpfungszuständen, sondern die berufliche häusliche Arbeitszeit, also die Vorbereitung auf den Unterricht, das Korrigieren von Klassenarbeiten und dergleichen. Wenn die Freizeit nicht mehr als Freizeit erlebt wird, so deuten die Wissenschaftler diesen Befund, mindere sich ihr notwendiger Erholungswert.

So weit also die Diagnose. Wie aber könnte die Therapie aussehen? Die Verlegung von mehr beruflicher Arbeitszeit in die Schule, wie die Hamburger Forscher vorschlagen? Vielleicht. Bessere Lehreraus- und -fortbildung, die unter anderem auch soziologische Grundkenntnisse für angemessene Umgangsmuster mit den Sprösslingen verschiedener Herkunft vermittelt? Mit Sicherheit. Ganz bestimmt aber müsste der Rest der Gesellschaft weg von der völlig überzogenen Erwartung, dass man Kinder mit fünf oder sechs am Schultor abliefert, um sie nach mitunter dreizehn Jahren (oder mehr) fertig ausgebildet, perfekt erzogen und absolut zukunftsfähig wieder in Empfang zu nehmen.
 
@ Kvatar

Danke für diesen Beitrag!


Auch ich bin der Meinung, dass keinem Kind geholfen wird, solange Eltern

die Ursache überall suchen, nur nicht auch bei sich

und

meinen, dass sie diejenigen sind, die der Lehrkraft sagen müssen, wie diese den Bereich, den diese schließlich einige Jahre studiert hat, handzuhaben hat
und
(wahrscheinlich auch aus eigenen negativen Schulerfahrungen heraus) nicht bereit sind Hilfe, Unterstützung oder Ratschläge von den Lehrern anzunehmen, sobald diese bedeuten, dass die Eltern selbst etwas ändern oder aktiv werden müssten!


Trotzdem bin ich aber auch davon überzeugt, dass Schule sowie Lehrer (natürlich auch anderes Umfeld) sehr wohl ihren Teil zur Entwicklung der Kinder beitragen (wie im Positven als auch im Negativen).

In den leider sehr selten vorkommenden Situationen, in denen die Eltern mit der Schule bedingungslos kooperieren, hat es sich immer wieder gezeigt, dass es sogenannte "hoffnungslose Fälle" schaffen können.
Doch da gab es von den Eltern kein "wenn und aber". Es wurde als Team gearbeitet, dessen Ziel das Wohlbefinden des Kindes war
auch, wenn das manchmal bedeutet hat, dass das Kind in bestimmten Phasen zornig, traurig, hysterisch, aggressiv etc. wurde
auch, wenn die Verwandten oder Nachbarn mitbekamen, dass der Schulpsychologe, die Polizei, das Jugendamt, der Jugendrichter ... beteiligt waren
auch, wenn die Eltern(teile) oft bis zur Belastungsgrenze konsequent sein mussten


Könnte hier ewig weiterschreiben. Will aber nicht unnötig bereits Erwähntes wiederholen.
Kvatar hat mir einfach aus der Seele gesprochen. Hoffe, dass er/sie weiß wie Recht er/sie hat mit den letzten Beiträgen in diesem Unterforum.


Liebe Grüße

Sonnendelfin
 
Kvatar

nun ist deine Wut auch verständlich, aber du glaubst doch nicht, dass eben dieser Vater etwas mit "Sternzeichen" zu tun hat.

wenn Eltern schon versagen, wem sollte dies den als erster auffallen? Theoretisch ist das im Kindergarten und dann die Schule.

Ich bin seit über einem Jahr im Gespräch mit dem Jugendamt, wegen einer jungen Familie. Es gibt keine möglichkeit einzugreifen, solange keines der Kinder ernsthaft verletzt ist. Somit sind außenstehenden die Hände gebunden.
 
:( @Kvatar,
du hast meinen Beitrag nicht richtig verstanden. Konkret habe ich mich auf den mir bekannten Jungen mit ADS bezogen.
Ich schmeiße nicht alle Lehrer in einen Topf. Zudem sind auch viele z.B. mit schwierigen Kids überfordert, da sie nicht entsprechend ausgebildet sind bzw. neben dem oft sehr umfangreichen Lehrplan sich um Verhaltensauffälligkeiten kümmern müssen und oft mehr disziplinieren als lehren. Sicher, es wird zuviel von Lehrern erwartet und es wundert mich auch nicht, dass ein sehr großer Prozentteil vorzeitig in den Ruhestand geht oder irgendwann ein Burnout bekommt.
Auch ich wäre froh, wenn es in manchen Fällen einen Führerschein für Eltern geben würde, denn ich mache sozialpädagogische Familienhilfe, die vom Jugendamt finanziert wird. Meist ist es eine Auflage des JA, so dass die Eltern ihre Kinder behalten dürfen. Ich habe tagtäglich das Elend in den Familien vor Augen und sehe die schwerwiegenden Folgen bei den Kindern. Trotzdem bin ich dafür da die Eltern zu unterstützen, um Schlimmeres zu verhindern und dies über einige Jahre hinweg. Aber ich werfe auch nicht alle Eltern in einen Topf. Ich weiß, dass manche die Verantwortung für ihre Kinder nicht übernehmen können oder wollen, andere wiederum fühlen sich überverantwortlich und scheitern damit evtl. Und es gibt Eltern, die trotz mancher Schwierigkeiten, die die Erziehung aufwirft, immer wieder reflektiert handeln und das zum Wohle ihrer Kinder.
LG Anamcara:rolleyes:
 
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Ich schaffe gerade Ordnung in meinem Bücher-Chaos und habe da noch ein Buch entdeckt ...

Nossrat Peseschkian "Der Nackte Kaiser" oder Wie man die Seele der Kinder versteht und heilt ...

Kann ich nur empfehlen, denn es ist mir sehr viel Weisheit und Liebe geschrieben und regt zum Umdenken an !

Beschreibung:

Durch Weisheiten und Geschichten befreit Nossrat Peseschkian in einzigartiger Weise den seelischen Reichtum, aber auch die seelische Not von Kindern und Jugendlichen. Ob Kinder stottern oder Schlafstörungen haben, jedes seelische Signal findet bei ihm eine positive Deutung (Bettnässen: "Die Seele weint nach unten"; Schlafstörung: "Die Fähigkeit, wachsam zu sein").
Sein Ansatz zur Hilfe ist zumeist in einer kleinen, meist orientalischen Weisheitsgeschichte verborgen, in der sich die Essenz eines Lebensproblems verdichtet. Anhand solcher Geschichten führt Peseschkian Kinder und ihre Eltern in den magischen Augenblick der Erkenntnis, in dem sich auftut, was getan werden muß, um eine Störung in eine befreiende Lebensperspektive zu verwandeln.

So stelle ich mir eine "vernünftige" Methode vor, mit Problemen umzugehen, auch bei z.B. Hyperaktiven Kindern ...

Think positiv !
 
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