Posttraumatische Belastungsstörung durch Kindheit im Krankenhaus

SommerRegen

Member
Registriert
6 April 2005
Beiträge
11
Hallo,

ich bin SummerRain, 34 Jahre alt und versuche gerade, meine schreckliche Vergangenheit loszuwerden. Ich wurde mit knapp einem Jahr (!) in ein Krankenhaus wegen Hüftoperationen gesteckt, verbrachte dort zwei (!) Monate, dann mit knapp zwei Jahren wieder für fünf (!!!) Monate, und so weiter, bis ich drei Jahre alt war. In dieser Zeit brachten es die Ärzte samt Chefarzt tatsächlich auf drei Kunstfehler, so dass alles immer schlimmer wurde. Ich wurde insgesamt achtmal - vergeblich - operiert. Damals durften Eltern ihre Kinder nicht so lange besuchen, nur ZWEI STUNDEN am Tag, und das DREIMAL DIE WOCHE. Ich weiss bis heute nicht, wie ich das überlebt habe, kann mir aber immer mehr erklären, warum mein späteres Leben so gelaufen ist, wie es lief. Mit Zwanzig hatte ich Panikattacken, aber die habe ich alleine in den Griff bekommen, nachdem ich mir entsprechende Literatur gekauft und mich intensiv mit ihnen auseinandergesetzt hatte. Damals ahnte ich noch nicht, dass das von den langen Trennungen von den Eltern kam.

Für meinen Teil kann ich sagen, dass ich nicht das Leben führen konnte, wie es ein „normales“ Mädchen, eine „normale“ Frau führt. Ich wunderte mich immer, dass ich psychisch immer instabiler wurde, mit 29 Jahren konnte ich mir diese Dinge aus der Vergangenheit endlich anschauen. Mit Krankengymnastik haute es nicht hin, ich konnte mich nicht mehr anfassen lassen, schon gar nicht an den Beinen, man empfahl mir eine Klinik für Psychotherapie, in die ich auch ging, mittlerweile konnte ich nicht mehr arbeiten. Die Diagnose dort lautete: Borderline-Syndrom. Bei einer TRAUMA-Therapie (die wohl aber nicht lange genug ging) wurde die Diagnose dann konkreter: POSTTRAUMATISCHES BELASTUNGSSYNDROM. Für mich als Kind waren diese Erlebnisse in der Klinik so schlimm wie es für andere Kinder der sexuelle Missbrauch ist: Das nicht mehr arbeiten können, die Weinkrämpfe, die Panikattacken, kein Sexualleben führen können, die Albträume, die Selbstmordabsichten. Eine Psychotherapeutin von mir bezeichnet die Geschehnisse mit meiner Mitpatientin, die mich bei einem Krankenhausaufenthalt mit sechs Jahren quälte, sogar als FOLTER.

Ich möchte jetzt wieder in eine Therapie gehen und auch eine Traumatherapie und Familienaufstellung machen. Ich habe das ganze ohne Psychopharmaka (aus Überzeugung) durchgezogen und bin froh, dass ich die ganze Scheisse endlich in Worte fassen kann.

Nach langem Suchen habe ich endlich diese Seite zu diesem (seltenen???) Thema entdeckt http://www.aerztekammer-bw.de/25/15medizin04/B09/5.pdf Oder hier: http://64.233.183.104/search?q=cach...auma+zu+weit+hergeholt&hl=de&client=firefox-a
Wegen Kindern wie mir ist es heutzutage fast schon normal, dass Eltern bei ihren Kindern im Krankenhaus bleiben dürfen. Aber was ist mit mir? Ich trage die Spätfolgen: Panikattacken, heftige Verlustangst in der Partnerschaft, Zwangsgedanken, oft kein Selbstbewusstsein, Albträume usw.

Hat jemand etwas Ähnliches erlebt?

Viele Grüsse
SummerRain
 
Werbung:
hallo Summer Rain,

zuerstmal: Hochachtung das du das alles so klar hast und auch den Mut aufgebracht hast es hier zu schreiben *lächel*

zu deiner letzten Frage: nein sowas - wie deine Geschichte - hab ich nicht erlebt, aber auch ich habe eine PTBS....ich kenne die "symptome" die du aufgeschrieben hast aus eigener erfahrung und auch ich bin irgendwo "auf dem WEG der Verarbeitung" meine eigenen Geschichte.

aber warum ich eigentlich schreibe, ich möchte dir nur sagen:
Hey ich sehe dich, sehe dein leid, verstehe dich und auch deine fragen und probleme und ich wünsche dir alles gute auf deinem WEG :kiss3:

liebe Grüße,
Cailly
 
Hallo Cailly,

vielen Dank für deine lieben Worte. :)
Ja, es hat einige Zeit gedauert, bis ich das alles so klar für mich formulieren konnte. Das gibt mir eigentlich Hoffnung, das viele Dinge schon erledigt sind, es ist alles geordneter als noch vor einigen Jahren. Dennoch suche ich noch nach der *ultimativen Lösung* - dem Durchbruch. Ich mache zur Zeit eine Homöopathische Konstitutionstherapie und will ja - wie geschrieben - eine Traumatherpie machen, wenn mal wieder was Geld da ist. :rolleyes:
Seit einigen Tagen suche ich einen ganz normalen Therapieplatz, das ist ja der Wahnsinn, die Plätze sind alle voll, es sind Wartezeiten bis zu einem Jahr!!! Das wird ja immer heftiger. Vorhin hatte ich erst ein Gespräch mit einer Therapeutin (bei ihr soll ich mich im Herbst nochmal melden), die sagte, dass sie jetzt auch eine Traumatherapieausbildung macht, weil immer mehr Traumatisierte ankommen. Und die Zahl der missbrauchten Menschen muss sehr hoch sein. Das finde ich total krass! Das zeigt eigentlich, dass unsere Gesellschaft am Ende ist. :angry2: Was aber nicht heissen soll, dass für Diejenigen nicht noch Hoffnung besteht, die anstatt Lebenslügen und Materialismus hinterherzulaufen, sich selbst kennen- und liebenlernen möchten. :)

Mit am meisten hilft es mir, im Garten zu arbeiten, mein eigenes Essen anzubauen, auch im Winter. Das Aufhalten in der Natur lässt mich Vieles von einem anderen Blickwinkel sehen und ist wirklich Seelennahrung :banane:

Viele Grüsse
SommerRegen
 
Hallo Summer Rain,

ja also das schwierigste an dieser ganzen Verarbeitungsgeschichte ist nicht das "klarbekommen was passiert ist" - das klappt eigentlich mit etwas hilfe und nachfragen durch fachleute relativ gut vor allem wenn es sowieso von alleine am "hochkommen ist" - weil sich sowas eben nur gewisse Zeit lang Verdrängen lässt.

Viel Schwieriger find ich es diese Erinnerungen dann so zu integrieren das es einen Lebens-Sinn ergiebt das man diesem "leid das man duchgemacht hat" eben irgendwie einen Sinn im eigenen Leben gibt - und das kann man nur selbst tun, obwohl es ganz sicher einfacher ist wenn man auch dabei von "Aussen" Hilfe dabei bekommt denn von Aussen bekommt man eher Anregung mal nen anderen Blickwinkel zu nutzen oder mal andere Sichtweisen aus zu Probieren - das ist wenn man ganz allein damit ist sehr schwierig.

Was Therapieplätze betrifft - die sind einfach sehr Rar und die Therapieplätze die dann auch von den Krankenkassen finanziert werden sind für Traumatherapie oft nicht ausreichend....nicht nur von den Kapazitäten her, sondern auch von der Dauer her....100 Stunden reichen einfach nicht wenn es Komplexe Mißbrauchs, Mißhandlungs oder Vernachlässigungs Erlebnisse gibt die ja nun bei den meisten betroffenen über mehrere Jahre gingen und dann eben oft noch über Jahre oder gar Jahrzehnte Verdrängt wurden.
In spezialisierten Traumakliniken siehts übrigens oft noch schlimmer aus das muss man 1-3 Jahre warten bevor man auf die 2-Jährige Warteliste für einen Klinikplatz kommt....

übrigens : die ultimative Lösung gibt es nicht - es gibt nur "den Weg dorthin",
dafür braucht man aber leider sehr viel Geduld ...
was wichtig ist während man auf diesem WEG ist , das sind die kleinen Fortschritte - wie z.B. das mit der Gartenarbeit bei dir die dir "kraft gibt", zu lernen gut für sich selbst zu sorgen, auf sich zu achten und ja auch wenn möglich sich ein zuverlässiges stabiles soziales Umfeld zu schaffen wo man sich "aufgehoben" fühlt und trotzdem man selbst bleibt, eins in dem man sich weiterentwickeln kann aber auch mal "ausruhen und kraft schöpfen kann"...
das klappt bei mir leider irgendwie gar nicht...

liebe Grüße & viel Kraft & Geduld,
Cailly
 
Liebe SummerRain,

es tut mir sehr leid, was Du alles durchmachen musstest und vor allem, welche Konsequenzen sich für Dich daraus ergeben haben. Jedoch finde ich es toll, dass Du Dich dem stellst und gewillt bist, daran etwas zu ändern, dazu bedarf es sicher großen Mutes. Dafür wünsche ich Dir viel Kraft und Duchhaltevermögen. :umarmen:

Du fragst, ob jemand ähnliches erlebt hat. Ja, habe ich.

Schon als kleines Kind war ich chronisch nierenkrank und verbrachte oft viele Wochen und Monate im Krankenhaus, auch bei mir gab es damals nur beschränkte Besuchszeiten. Insbesondere später, als ich in die Schule kam, verschlechterte sich mein Gesundheitszustand sehr, von den ersten 3 Schuljahren habe ich zusammengerechnet z.B. ein ganzes Jahr davon im Krankenhaus verbracht.

Komischer Weise habe ich - trotz traumatischer Erlebnisse - das alles irgendwie einigermaßen überstanden, obwohl Urologie auch nicht gerade angenehm ist. Wundere mich gerade selber....musste nicht mal ein Schuljahr nachholen, im Gegenteil, meine Leistungen waren immer sehr gut bis gut.

Habe auch heute keine Angst vor Krankenhäusern oder Ärzten, im Gegenteil bin selbst Behandler, das einzige wogegen ich eine große Abneigung habe, ist irgendwelche Medikamente zu schlucken, kann nicht mal Vitamintabletten nehmen. Das liegt sicher an der gewaltsamen Verabreichung damals, na ja, es gibt ein paar Dinge gegen welche ich regelrechte Aversionen habe...das hängt bestimmt auch damit zusammen.

Ansonsten haben mich Untersuchungen, Tests, Behandlungen und Krankenhausaufenthalte meine ganze Kindheit und Jugend begleitet. Ich bin sogar, entgegen sämtlicher Prognosen, mit Anfang 20 wieder gesund geworden.

Was mir auch gerade einfällt, so ungefähr ab 8 oder 9 Jahren bin ich jeden Dienstag ganz alleine und stolz in meine "Nieren-Sprechstunde" gegangen. Eine Katheterisierung vor jeder Sprechstunde war Pflicht und anschliessend habe ich meinen Eltern immer ganz stolz von den Ergebnissen berichtet. Also irgendwie kommt mir das gerade auch alles komisch vor. :rolleyes:

Jetzt fallen mir plötzlich so viele Dinge ein...die waren ganz sicher für ein Kind in dem Alter schrecklich. Hm, weiß auch nicht wie ich das alles so überstanden habe, ohne einen Vollschaden weg zu bekommen. Oder vielleicht habe ich einen gewaltigen Drücker und weiß es gar nicht? Mir kommen gerade erhebliche Zweifel... :rolleyes:

Ich habe das noch nie thematisiert....aber gerade verspüre ich den Wunsch mir mal darüber Gedanken zu machen....danke Dir für die Anregung und wünsche Dir alles Liebe und Gute, :umarmen:

herzliche Grüße
Ceseena
 
...

hallo sommerregen,

danke für das posten der urls zum thema. es handelt sich hierbei um den gleichen artikel bzw. vortrag. ich selbst habe keine so unerträglich lange zeit im krankenhaus verbracht, und hatte nur einen 'routineeingriff' zu überstehen, aber die psychischen folgen inkl. gestörter beziehungen, einer entwickelten panikstörung und auch der in dem artikel dargestellte verlust des urvertrauens und die ausbildung von hdhd kann ich sehr gut nachvollziehen und mit meiner eigenen biografie abgleichen.

ich habe den artikel ausgedruckt und werde ihn mit meinem therapeuten diskutieren.

liebe grüße
pisces
 
Erstmal hallo...
Ich wollte dir nur viel erfolg zu deiner therapie wünschen,und dir sagen,dass es mir ähnlich geht...
Dein beitrag hat mich sehr mitgenommen.
Villeicht hast du ja mal ein paar ratschläge oder soetwas für mich.
Würde mich freuen etwas neues von dir zu hören.
Lg und alles gute
Angel
:maus:
 
deine geschichte

liebe summerrain!

ja, es gibt noch andere, die ähnlich traumatische erlebnisse erlebt haben, mit vielleicht nicht ganz derselben tragweite wie bei dir.

ich kann dir gar nicht mit worten sagen, WIE SEHR mir das alles vertraut ist... hospitalisierung in der kindheit ist eines der furchtbarsten traumata, die teils noch in der gegenwart wirken... die vielen ängste, mit denen man alleingelassen wurde... all das hab ich auch erlebt, kann dich daher gut verstehen!!!

ich finde es übrigens sehr gut, dass du eine therapie machen möchtest und psychopharmaka ablehnst - ist eine gute entscheidung! :)

zu deinem therapieplatz: schau mal auf http://www.psyonline.at/, vielleicht findest du dort adressen. danke übrigens für den link, den du hier reingestellt hast!

ich wünsch dir jedenfalls, dass du (nicht nur!) mit deiner therapie gute erfolge hast!

alles liebe
lothlorien
 
Hallo Ihr,

ich habe hier die letzten Wochen gar nicht mehr reingeschaut, bin ganz überrascht und freue mich, dass mir noch so Viele geantwortet haben, die das auch kennen :)
Ich danke Euch ganz herzlich für die lieben Worte!

@Ceseena:
>Ich habe das noch nie thematisiert....aber gerade >verspüre ich den Wunsch mir mal darüber Gedanken zu >machen....

Und, wie geht es dir jetzt? Kam da noch viel bei dir hoch und wie hast du es empfunden? Vielleicht lag es auch einfach am Alter, dass dich das Ganze damals nicht sooo mitgenommen hat? Ich kam ja immerhin schon mit einem Jahr ins Krankenhaus, und dann gleich für zwei Monate, dann mit zwei Jahren nochmal für FÜNF Monate, usw. :3puke: Es gibt ja in der Psychologie die Theorie, dass die ersten vier Lebensjahre die allerwichtigsten bei der Entwicklung sind - jedes Jahr hat da auch eine bestimmte Bedeutung, und wenn dann da schon mit einem Jahr der Stress losgeht... Dass du das alles "trotz traumatischer Erlebnisse" gut überstanden hast, ist eigentlich "normal", wir alle sind auf Überleben programmiert und "vergessen" erstmal diese Erlebnisse, um im Hier und Jetzt funktionieren zu können ("Nahrungsbeschaffung", Arbeiten, gesellschaftliche Verpflichtungen, usw.) Bei mir kam das ja auch erst hoch, als ich mir "die Hörner abgestossen hatte", ich spielte von 17 bis 29 den wilden Punk, als ich dann "gesetzter" wurde und mich in Sicherheit wähnte (hatte festen Job und tolle Wohnung), kam alles hoch. Das habe ich von Vielen auch so erzählt bekommen: Karriere - Funktionieren - Sicherheit - und auf einmal: Peng! Das heisst nicht, dass das bei dir auch so extrem sein muss, vielleicht hast du in der Vergangenheit einfach schon viel verarbeitet!
Und wenn du deinen Eltern so stolz von der Behandlung berichtet hast: Du wolltest EIN STARKES MÄDCHEN sein! Du wolltest ihnen zeigen, dass du schon so "erwachsen" bist, aber warst du innen drin auch so stark? Mein Gott, ich habe genau das selbe gebracht, in dem Bericht meines Vaters über die ganze Geschichte steht ständig, "wie tapfer unser Kleine" doch war! Und jetzt? Jetzt bin ich oft nur noch ein kleines Häufchen Elend, weil ich wohl jetzt erst die Gefühle, die ich als kleines Mädchen nicht haben durfte - so meinte ich - zulassen kann! Wenn du magst, erzähl doch mal, was dir zu dem Thema noch so eingefallen ist.

Viele liebe Grüsse
SommerRegen
 
An Angel

Hallo Angel,

vielen Dank auch für dein Schreiben! Wenn dich mein Bericht sehr mitgenommen hat, dann ist das ein Zeichen, dass deine Seele dir etwas mitteilen möchte, auch wenn es wehtut! Ich weiss, das klingt sehr klug, ich kenne das ja, wenn man vom Schmerz so überrollt wird, vielleicht auch, weil man sich ihm erst so spät zugewendet hat?! Danach wird es aber irgendwann besser!

Ich mache jetzt ab Juni nochmal eine normale Psychotherapie, die über Kasse abgerechnet wird, damit ich einfach jemand zum Reden habe. Ausserdem will ich aber unbedingt noch eine Familienaufstellung machen, wenn wieder Geld da ist :rolleyes: Ich bin bei einer Homöopathin in Behandlung, das geht über mehrere Monate, ich habe vor einigen Wochen ein homöopathisches Mittel zum Einnehmen bekommen, jetzt beobachten wir, was die nächsten Monate passiert. Ich weiss aber, dass das für mich nicht reicht, naja, wenigstens unterstützt es mich etwas. Für die ganz akuten Depressions- oder Panikattacken nehme ich auch die Bachblüten Notfalltropfen, die gibt es in jeder Apotheke.

Auch die Time Line Therapie scheint für solche Erlebnisse sehr gut zu sein, ich habe mir vor kurzem dieses Buch dazu besorgt: http://www.amazon.de/exec/obidos/AS...8-6/ref=sr_8_xs_ap_i6_xgl/028-0352669-4258971
Ich suche dazu noch einen Therapeuten, habe eine Übung zwar schon mal alleine ausprobiert mit einigem Erfolg, aber ich weiss nicht, ob alles "richtig" gelaufen ist, denn das betreffende Problem ist - wenn auch nicht so stark - immer noch da.

Viele Grüsse
SommerRegen
 
An lothlorien

Hallo lothlorien,

ich habe mittlerweile einen Therapieplatz gefunden, auch wenn ich mir jetzt noch nicht so viel davon verspreche (ich kenne die Thematik...), aber ich lasse mich mal überraschen :) Ausserdem habe ich in der Antwort an Agel geschrien, was ich noch so vorhabe.

Wie bist du mit deinen Erfahrungen bisher so umgegangen?

Viele Grüsse
SommerRegen
 
Hallo sommerregen

auch ich kenne etwas derartiges...weiss allerdings nichts von dieser Posttraumatischen Belastungsstörung..ich höre das zum ersten mal jetzt..ich bin selbst als kind lange zeit im krankenhaus gewesen (ich hatte leukämie mit 5)...meine eltern sind jeden tag zu besuche gekommen aber sie durften und konnten auch nicht ewig bleiben...mein vater kam immer erst abends nach der arbeit (fuhr jeden tag 200 km in die klinik wo ich lag) und meine mutter hat in einem wohnheim für krebskranke kinder in der nähe gelebt...am wochenende durfte ich dann auch mal nach haus und das hat mich immer sehr gefreut..ich habe mich sehr gefreut wenn jemand da war und ich aufmerksamkeit bekommen habe ... vor drei jahren habe ich auf einmal angefangen hypochondrisch zu werden...es kam ganz plötzlich und ich kann mir nicht erklären wie es gekommen ist...es gab nicht wirklich einen auslöser dafür ..mittlerweile habe ich das auch schon wieder ganz gut im griff...aber teilweise komtm die angst immer noch..ich habe sehr grosse angst vor krebs ...vor allem lunge (ich rauche und kiffe), kopf (zu viel denken/ zwangsgedanken), und darm (ich kann meine umwelt und das was passiert schlecht verdauen, fresse auch dinge in mich rein weil man sie nicht rauslassen kann zb auf der arbeit)..dadurch das ich mich mit dem thema tod auseinander gesetzt habe ist es meiner meinung nach etwas besser geworden aber es tritt immer noch auf...gottseidank nicht wie früher (früher vor zwei jahren: panikattacken mit hyperventilieren, schwarz vor augen, schmerzen in allen körperregionen)..

meinst du das das mit der krankenhausgeschichte von früher zu tun haben könnte...das habe ich heute das erste mal gehört/gelesen und ich musste sofort an meine leukämie mit 5 denken...mit 8 war sie dann übrigens weg..

lieben gruss
energiefluss
 
Das Wichtigste ist Mitgefühl

Hi Energiefluss,

ich denke schon, dass deine Ängste aus der letzten Zeit mit den Krankenhausaufenthalten zusammenhängen. Natürlich kommen noch andere Faktoren dazu, wie "fehlerhaftes" Verhalten/Erziehung der Eltern später, Stress mit den lieben Mitschülern usw. Das kann sich dann summieren, bis das Fass irgendwann überläuft. Mir persönlich hat MEIN EIGENES MITGEFÜHL MIT MIR SELBER sehr geholfen, diese Ängste besser zu erkennen und auch anzuerkennen. Wenn ich z.B. mal wieder eine Panikattacke bekomme, weil mein Freund so lange wegbleibt, und meine Gedanken laufen Amok, ihm könnte etwas passiert sein, dann denke ich bei mir: Mein Gott, so eine Angst habe ich DAMALS auch gehabt (auch wenn ich mich an diese Angst als Kind kaum noch erinnere!) - und deshalb geht es mir jetzt so. Ich sage mir das immer wieder, bis es in meinem Kopf und Bauch ankommt, damit ich es auch begreife, dass das NUR ein ALTER REFLEX AUS DER VERGANGENHEIT ist. Meistens muss ich dann kurz weinen, manchmal sogar ein bisschen lachen, und die Angst geht zu 80 bis 90% weg!

Wegen den Ängsten vor Krankheit, das kenne ich auch alles. Was ich nicht schon alles hatte: Krebs, Aids, BSE, mir war wirklich nichts zu schade :) Aber nach langem Befassen mit dem Thema weiss ich, dass wir uns um Krankheit keine Sorgen machen brauchen. Die Krankheit überfällt uns nicht wie ein "Feind, der den Körper besiegen will", sondern sie ist ein Botschafter. Das Erstere wird uns aber von der (gutmeinenden???) Gesellschaft und den manipulierten (!!!) Medien immer wieder eingebleut. Das ist alles Quatsch. Wenn es dir körperlich nicht gutgeht, dann hat deine Seele was. Sehr schön wird das in dem Buch "Krankheit als Weg" beschrieben: http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3442215587/028-6019668-0497322

Übrigens das mit dem Krebs ist auch so eine Sache. Krebs entsteht erst, wenn ein psychischer oder biologischer Konflikt gelöst ist und der Körper sehr mit der Verarbeitung überlastet ist. Wenn man jetzt "dagegen" mit Chemo behandelt, dann schüttet man das Kind mit dem Bade aus, ich habe dazu Einiges in meinem Faden bei "Lebenskrisen" geschrieben. Meine Mutter hatte selber Brustkrebs vor 20 Jahren, hat die Chemo nicht mitgemacht und lebt heute noch. Hier ist noch ein sehr aufschlussreicher link betroffender Eltern: http://www.pilhar.com
Mach dich nicht so fertig, versuche, deine Ängste als Botschafter zu sehen. Wenn du es schaffst, sie anzunehmen, dann lösen sie sich auf! Wirst sehen :)

Viel Glück!
SommerRegen
 
Hallo Summerrain, hallo die anderen Lieben,:)

ich war als Baby, mit anderthalb, sehr krank. Meine Mutter und Großmutter hatten es nicht mitgekriegt, und die Sache als "Husten/Grippe"
abgetan. Bis meinem Vater - der als Mann 1958 aus der Kinderpfege herausgehalten wurde - eines Sonntags der Kragen platzte. Er packte mich ins Auto und fuhr mich ins Krankenhaus. Diagnose: Doppelseitige schwere Lungenentzündung, beginnende Hirnhautentzündung, doppelseitige so schwere Mittelohrentzündung, dass der Eiter ins Gehirn zu dringen begann, und nur eine sofort eingeleitete Notoperation mein Leben retten konnte.
Da wurden u.a. die Öhrchen hinten abgetrennt, dass die Entzündung nach außen Abfluss fand...
Ich war anderthalb Monat in der Klinik - natürlich lange ohne Elternbesuche, denn ich lag auf der Intensivsation und zwischen ihnen und mir war eine Glasscheibe. Als ich herauskam, hatte ich eine doppelseitige Faszialislähmung auf beiden Gesichtsseiten. Rechts schlimmer, links besser. Ich weiss nicht, ob ihr das kennt: Das sind diese Leute, bei denen ein halbes Gesicht ganz schief herunterhängt, und der Mund sich zur anderen Seite verzieht. Nach dem Krankenhausaufenthalt begannen dann Therapien und erneute Klinikaufenthalte.
Was soll ich sagen? Diese Lähmungen habe ich heute noch. - Irreperabel.
Dazu kann ich auf dem rechten Ohr fast nix mehr hören und auf dem rechten Auge habe ich eine Sehkraft von 30%.
Klar, habe ich dann auch wegen reichlicher Entzündungsherde im Laufe der Jahre alle Zähne im Oberkiefer verloren.

Und doch: Ich war ein hübsches und intelligentes Gössel, trotz der Faszialislähmungen. Und es ist ja auch gut, dass es zwei sind, da fällt die Schieflage nicht ganz so auf! Oki. Natürlich war und bin ich viel sensibler der Welt gegenüber, als meine gesunden Artgenossen.
Was mir persönlich aber ungeheuer geholfen hat, seit meiner frühesten Kindheit, ist das Zeichnen und Malen - und das Modellieren
Mein Vater könnte gut zeichnen, und das habe ich offenbar von ihm mitgenommen. Ich habe schon als kleines Kind meine Sachen zeichnerisch thematisiert. Vieles, vieles, habe ich offenbar auf diese Weise gut kompensiert. Denn wenn du deinen Stress und deine Ängste malst, wirst du sie irgendwie auch los. Und mehr noch: Vieles was man malt, wenn man die Gefühle fließen lässt, ist symbolisch. Da drückt sich das Unbewusste aus, und indem du es hinterher anschaust, ist es wie ein Schlüssel zu einem selbst.
Also, ich habe da eine Möglichkeit gefunden, und ich finde, wenn ich mich so anschaue mit meinen fast 50, bin ich immer noch eine Hübsche.
Na, zumindest eine Ungewöhnliche.
Ich schreibe auch gern, und auch das hilft mir.

Klar habe ich folglich früh einen künstlerischen Beruf ergriffen, und davon lebe ich immer noch. Klar habe ich zweimal Männner geheiratet, die ein ähnliches Kindheitschicksal hatten wie ich.

Ich glaube, wenn man mit solchen Schicksalsschlägen wie früher langer Krankheit leben muss, hat eine helfende Hand auch dafür gesorgt, dass wir sie ertragen und damit umgehen lernen können. So schwer es zunächst auch fällt, der eigenen Problematik zu begegnen, und so gerne man sie lieber nicht hätte, oder auch nicht sehen will.
Wir werden - nach unserer Lernerfahrung - einfach ein Stück offener und sensibler uns selber und anderen Menschen gegenüber sein - und genau solche Zeitgenossen wie uns braucht die Welt!

Liebe Grüße,
Geli
:)
 
Werbung:
vielen Dank an SommerRegen

Hallo!

Ich bin seit eben frischgebackenes Mitglied, nachdem ich auf der Suche nach Erfahrungen mit Kliniken hier hängenblieb und die Diskussion las und nun ziemlich baff bin. Was SommerRegen da geschildert hat, kenne ich nur zu gut und komme dazu noch aus der gleichen Zeit.

Ich bin jetzt 33 Jahre alt und habe mich von meinem 6. bis zu meinem 17. Lebensjahr in permanenter ärztlicher Behandlung befunden mit mehreren aufeinanderfolgenden Nierenerkrankungen. Mit 6 Jahren war ich im Krankenhaus für einen Monat und hatte überhaupt keinen Besuch. Meine Eltern meinten dazu, dass man ihnen gesagt hätte, dass der Abschiedsschmerz für die Kinder immer sehr schlimm sei und deshalb lieber keiner kommen soll. Sowas macht mich heute fassungslos und ich bin froh, dass das nicht mehr so ist.
Zu den stattgefundenen Untersuchungen und anderen Behandlungen habe ich ganz klare, aber leider keine guten Erinnerungen. Auch an all die folgenden Untersuchungen in fremden Kliniken (Uni); Kinderkuren und Frechheiten kann ich mich leider zu gut erinnern.

Aber erst im letzten Jahr ist mir in ganzer Tragweite bewusst geworden, wie sehr das mein Leben bestimmt hat. Ich hielt mich immer für etwas schwierig in einigen Dingen, eben etwas anders als andere, aber seit mich im letzten Jahr in der Krebsfrüherkennung schlechte Werte ereilt haben und ich daraufhin operiert wurde, um zu entscheiden, ob das schon Krebs ist (was es Gott sei Dank nicht war, wenn auch miserable Werte), hat mich mein Körper mit aller Deutlichkeit darauf hingewiesen, dass hier was nicht stimmt. Schlimmer noch dann bei der ersten Kontrolluntersuchung.
Ich habe in der Zwischenzeit einen Traumatherapeuten gefunden und damit nun auch ganz offiziell eine Diagnose "PTSD".

Leider ging es hier in den letzten Monaten immer mehr bergab, so dass ich nun, nach Kampf mit meiner Krankenkasse seit Februar, in der nächsten Woche in eine Klinik fahren werde, um dort diese bodenlose Erschöpfung irgendwie ein wenig zu verbessern. Dem sehe ich sehr positiv entgegen.

Vielen, vielen Dank an SommerRegen für ihre Schilderung und den Link, denn seit ich das gelesen habe, weiss ich, dass auch so was scheinbar "Banales" wie Kindheiten im Krankenhaus traumatisierend sein können und man damit nicht allein auf der Welt ist. Bislang hatte ich im Untergrund immer ein bisschen den Gedanken, dass das so eine Geschichte nun wirklich kein Grund ist, solche Schwierigkeiten zu haben, aber meine Meinung hat sich geändert und das ist auch gut so.

Mag jemand von Euch berichten, wie so ein PTSD eigentlich weitergeht? Ich meine so über Jahre gesehen. Ich bin im Moment seit exakt einem Jahr betroffen, seit einem dreiviertel Jahr nochmal mehr und schon seit Wochen nicht mehr arbeitsfähig, schon seit Monaten kaum noch belastbar. Das heisst, die Stadt nicht verlassen, nicht mal ins Kino gehen, keine Abendtermine, kein Sport, eigentlich nur arbeiten (und das auch nur 20 h/Woche) und essen und selbst damit bin ich überfordert. Aber eigentlich kucke ich ganz optimistisch in die Zukunft. Zu Recht?

Viele Grüsse, Hella
 
Zurück
Oben