Hallo Ritter
Ich bin nicht deiner Meinung:
Ritter Soletti schrieb:
Destomehr ich von Lebenserfahrung geprägt bin, desto mehr entferne ich mich aus Misstrauen von Menschen, baue Burgen um mich.
Das muß nicht zwingend so sein. Wenn man Erfahrungen, die man gemacht hat, mit "Lebenserfahrung" gleichsetzt, dann heißt das aus meiner Sicht, daß man "mittendrin" stehen bleibt. Ziel sozusagen nicht erreicht
Ritter Soletti schrieb:
Lebenserfahrung schafft Vorurteile, denn aufgrund meiner Lebenserfahrung muss eine vorher erlebte Situation genauso ausgehen wenn diesselbe nocheinmal eintritt, den vorher erlebte ich es so mit verschiedenen Menschen, also wird der genausosein
s.o. - das ist nicht
Lebenserfahrung, sondern lediglich ängstliche (und zunächst völlig normale) Reaktion auf Vorangegangenes. Mich erinnert's etwas an meine aktuelle Situation: seit 8 Monaten neu in Berlin, von Anfang an "schlechte Erfahrungen" mit unhöflichen Berlinern - meine Schlußfolgerung: "Ganz fürchterliche, unhöfliche Leute hier!" - mit der Folge, allem, was Berlinerisch spricht, aus dem Weg zu gehen. Das wäre also "Lebenserfahrung", so wie Du sie beschreibst.
Mir ist allerdings klar, daß Negativerwartungen meist auch negatives nach sich ziehen - und erwische mich gelegentlich an Tagen, an denen ich bestens gelaunt bin, wildfremde Leute anzugrinsen - und
die grinsen zurück! Unhöfliche Berliner grinsen mich an?! - ergo: neue Erfahrung. Das ist jetzt nur ein Mini-Beispiel, aber stell Dir mal vor - ich könnte natürlich grumpflig auf meiner schlechten Meinung über diese Stadt verharren, oder so nach und nach verschiedene Eindrücke in meine Wahrnehmung einsickern lassen. Im Lauf der Zeit entsteht dadurch ein differenzierteres, bunteres, vielschichtigeres Bild - kleine Bausteinchen als Ergänzung zum angefangenen Gebäude "Lebenserfahrung" (übrigens 'ne Baustelle, die nie ganz fertig sein wird. Hoffe ich zumindest
)
Ritter Soletti schrieb:
Eine Meinung über Menschen kann ich mir keines Falles aus Lebenserfahrung bilden, denn jeder Mensch ist anders und jeder Mensch ist im Prinzip wie ein neues Schulfach, dass du nicht kennst und neu erlernen musst.
Mag sein - trotzdem gibt es "Richtwerte", an die man sich halten kann (nicht muß). Wenn ich z.B. mehrere Beziehungen hatte und in allen irgendwann an den Punkt gelange, daß meine Partner mich ausgenutzt, betrogen und gedemütigt haben, ich weiterhin im Rückblick feststelle, daß allen Partnern gemeinsam war, daß sie von Anfang an nie gefragt haben, wie es mir geht und was ich gerne möchte - na, dann kann ich daraus schlußfolgern, daß Menschen, die nie nach meinem Wohlbefinden fragen, womöglich gar kein Interesse an mir haben. Die Wahrscheinlichkeit, daß ein neuer Partner, der nie fragt, wie es mir geht, wieder einer sein wird, der mich ausnutzt und ausschließlich sein eigenes Wohl im Auge hat, ist dann relativ groß, nicht?
Allerdings: das würde ich noch nicht als "Lebenserfahrung" bezeichnen, bestenfalls als mühsam sich entwickelndes Wahrnehmungsvermögen *grins*
Ritter Soletti schrieb:
Seht euch mal um über was so geredet wird im Büro. Vor lauter Lebenserfahrung verstecke sich die Mensch hinter ihren Mauern, ist es nicht oft so?
Offen gestanden bin ich auch nicht gewillt, im Büro über meine gesammelten Lebenserfahrungen mit Tiefgang zu reden. Im Büro wird Smalltalk betrieben, wenn das Arbeitsklima sich dadurch etwas auflockern läßt. Ansonsten halte ich mich im Büro auf, um zu arbeiten, nicht, um die Seelen meiner Mitarbeiter zu ergründen *gg*
Ritter Soletti schrieb:
Ich pfeif auf Lebenserfahrung, nur so ist es mir möglich, offen auf dich zuzugehen, ohne Vorurteile und den echten Menschen kennenzuleren, der du bist.
Klingt auf den ersten Blick schön. Aber bist Du Dir sicher, daß jeder von Dir "echt" kennengelernt werden will? Will sagen: wer will schon mit JEDEM gut Freund sein? Ich nicht.
Ritter Soletti schrieb:
Macht Lebenserfahrung klüger??? Kann man damit sein Leben damit besser meistern?
Ja, denke ich schon.
Ritter Soletti schrieb:
Lebenserfahrung ist Abbau von Eigenschaften die gerade das Miteinander so schön machen könnten:
Vertrauen, Einfühlungsvermögungen, sich öffnen können.
Glaubt wirklich wer, er kann aufgrund Lebenserfahrung besser Menschen einschätzen? Ich sag nein, dass ist lediglich eine Projektion von Erlebten auf einen anderen Menschen.
Anderer Blickwinkel: vor einigen Jahren war ich unfähig, überhaupt Menschen an mich heranzulassen, von Vertrauen nicht die Spur. Durch Lebenserfahrung habe ich gelernt, daß meine negativen Erfahrungen nicht auf ALLE Menschen projeziert werden können und daß es möglich ist, daß der eine oder die andere durchaus vertrauenswürdig ist.
Mir gefällt Meetics Signatur dazu hervorragend: es kommt wirklich immer darauf an, was man aus seinen Erfahrungen macht.
LG, :zauberer1