Hallo zusammen!
ich wende mich mit einer einfachen Frage an Euch: „Was ist Liebe?“. Die Antwort derselben ist zweifelsohne ungleich komplizierter. Da sich die Menschen wohl seit Anbeginn der Zeit mit diesem Gedanken befassen, mitunter quälen, möchte ich versuchen zu beschreiben, in welcher Hinsicht mich diese Frage umtreibt. Für mich geht es dabei vor allem um zweierlei: Meine Gedanken gelangen einerseits endlich an die frische Luft; ich fühle mich alleine durch das Aussprechen befreit, zumal es mir bisher nicht gelang, dieses Thema auf befriedigende Art und Weise mit den Menschen zu diskutieren, die mir am nächsten stehen. Andererseits bietet das Internet, im Speziellen dieses Forum, einen Vorteil: Ich erreiche viel mehr Menschen, unter denen sich womöglich der ein oder andere befindet, der mit diesem Thema etwas anzufangen weiß, ohne dass die Diskussion trivial oder stumpfsinnig zu werden droht. Ich bin weder Prediger noch Weltverbesserer. Ich möchte diese Diskussion mit anderen Menschen austragen, weil mich die Einsichten anderer interessieren, und dabei verspüre ich keinerlei Sendungsbewusstsein.
Ausgangspunkt meiner Überlegung ist, dass „Liebe“ ein Begriff wie jeder andere auch ist, sei es „Pflanze“ oder „Geschirrspülmaschine“ oder dergleichen. Er unterscheidet sich nicht von anderen; es ist zunächst eine Aneinanderreihung von Buchstaben. Es ist erst Aufgabe des Menschen, diesen Begriff mit einem besonderen Sinn zu füllen. Ich möchte mich an dieser Stelle nicht allzu lange aufhalten, sodass ich gerne die schönste Umschreibung des Begriffs einfließen lassen möchte, die ich bisher fand:
„Liebe ist eine Abstraktion; vielleicht eine Göttin oder ein fremdes Wesen, obwohl niemand je diese Göttin gesehen hat. In Wirklichkeit gibt es nur den Akt des Liebens. Lieben ist ein produktives Tätigsein, es impliziert, für jemanden (oder etwas) zu sorgen, ihn zu kennen, auf ihn einzugehen, ihn zu bestätigen, sich an ihm zu erfreuen – sei es ein Mensch, ein Baum, ein Bild, eine Idee. Es bedeutet, ihn (sie, es) zum Leben zu erwecken, seine (ihre) Lebendigkeit zu steigern. Es ist ein Prozeß, der einen erneuert und wachsen läßt.“ (Erich Fromm, Haben oder Sein, Gesamtausgabe Band II, dtv-Verlag, S. 304)
Natürlich ist dieses Zitat aus dem Zusammenhang gerissen und ich möchte es hier bloß als Anhaltspunkt verwenden. Ich werde meine Fragestellung einengen, zumal Fromm in seinem wohl berühmtesten Werk „Die Kunst des Liebens“ darauf hinweist, dass es verschiedene Erscheinungsformen dessen gibt, was wir Liebe nennen: Was bedeutet romantische Liebe heutzutage?
Im Einklang mit dem Zitat gehe ich davon aus, dass (romantische) Liebe reiner Selbstzweck ist. Ich liebe, weil ich liebe, nicht um damit etwas beim anderen zu bewirken oder diesen zu einer Gegenleistung zu bewegen. Es gilt also gerade kein zweckgerichteter Zusammenhang im Sinne von „do ut des“ (Ich gebe, damit du gibst.). Ich bin an dieser Stelle vorsichtig, da meine Erfahrungen mit romantischer Liebe gegen Null gehen. Das, was ich also schreibe, beruht alleine auf Beobachtungen anderer Menschen und Diskussionen mit anderen Menschen. Das gebe ich unumwunden zu. Das ist ein weiterer Grund, weswegen ich diesen Beitrag verfasse.
Meine mehr oder minder bewussten Beobachtungen der letzten Jahren veranlassen mich zu dem Schluss, dass romantische Liebe, die zweckfrei ist, praktisch nicht existiert. Es gibt viele Gründe, weswegen sich die Menschen in einer wie auch immer gearteten Lebensgemeinschaft befinden. Die Partner tauschen untereinander zum Beispiel Folgendes: Streicheleinheit gegen Streicheleinheit; Kuss gegen Kuss; sexuelle Befriedigung gegen sexuelle Befriedigung; Angst vor Einsamkeit gegen Zweisamkeit (egoisme à deux); Hingabe gegen Hingabe; Zeit gegen Zeit; Aufmerksamkeit gegen Aufmerksamkeit; Nähe gegen Nähe; Streit gegen Streit; usw. Sobald beispielsweise der eine glaubt, mehr Zeit als der andere zu „investieren“, so ist das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung gestört. Der eine fühlt sich ausgenutzt und gering geschätzt. Das führt dann bisweilen zu höchst eigentümlichen (mitunter brutalen) Streitigkeiten der Partner, weil lediglich darum gerungen wird, das ausgewogene Verhältnis von Leistung und Gegenleistung wiederherzustellen. Es wird nicht einmal in Betracht gezogen, dass es nicht die Störung im Tauschverhältnis ist, um die sich der Konflikt der Partner dreht. Ich stelle Folgendes ausdrücklich zur Diskussion: Die Partner streiten, ja tragen ihre ungelösten Lebensfragen auf dem Buckel des anderen aus, weil sie nicht lieben können; mithin ist ihr Verständnis von Liebe untrennbar mit dem Prinzip von Leistung und Gegenleistung verbunden. Das führt natürlich zu der interessanten Frage: Wer liebt denn heutzutage, ohne eine wie auch immer geartete Gegenleistung zu verlangen?
Für mich persönlich stellt sich eine bisher ungelöste Problematik: Wozu soll ich mich einem anderen Menschen romantisch hingeben, wenn, was es noch zu diskutieren gibt, romantische Liebe tatsächlich ein Tauschverhältnis ist? Ich bin ja nicht gefeit vor meiner Erziehung und den Einflüssen unserer Gesellschaft. Ich stehe nicht daneben, nein ich stehe mittendrin. Ich bin damit aufgewachsen, dass es überall um einen Tausch geht, und diese Denkmuster lassen sich nicht einfach unterbrechen oder gar auslöschen. Ich handele selbst nach dem Prinzip von Leistung und Gegenleistung. (Nebenbei: Auch selbst ernannte Gutmenschen handeln nur deswegen, weil sie eine Gegenleistung verlangen, auch wenn sog. Gutmenschen dabei extrem subtil und perfide vorgehen. Das ist allerdings ein anderes Thema.)
Weiter oben schrieb ich, was die Partner austauschen. Für das meiste gibt es einen Ersatz, den die Kulturindustrie bereithält: So könnte ich zur sexuellen Befriedigung ins Bordell gehen oder Streicheleinheiten, Nähe und Küsse für eine Weile dadurch bekommen, dass ich geeignete Begegnungen mit anderen Menschen vereinbare. Welchen Sinn hat also die romantische Liebe, wenn es dabei um einen Tausch geht (was ich offen lasse) und es dafür einen ständig verfügbaren Ersatz gibt?
Ich freue mich auf Eure Antworten.
ich wende mich mit einer einfachen Frage an Euch: „Was ist Liebe?“. Die Antwort derselben ist zweifelsohne ungleich komplizierter. Da sich die Menschen wohl seit Anbeginn der Zeit mit diesem Gedanken befassen, mitunter quälen, möchte ich versuchen zu beschreiben, in welcher Hinsicht mich diese Frage umtreibt. Für mich geht es dabei vor allem um zweierlei: Meine Gedanken gelangen einerseits endlich an die frische Luft; ich fühle mich alleine durch das Aussprechen befreit, zumal es mir bisher nicht gelang, dieses Thema auf befriedigende Art und Weise mit den Menschen zu diskutieren, die mir am nächsten stehen. Andererseits bietet das Internet, im Speziellen dieses Forum, einen Vorteil: Ich erreiche viel mehr Menschen, unter denen sich womöglich der ein oder andere befindet, der mit diesem Thema etwas anzufangen weiß, ohne dass die Diskussion trivial oder stumpfsinnig zu werden droht. Ich bin weder Prediger noch Weltverbesserer. Ich möchte diese Diskussion mit anderen Menschen austragen, weil mich die Einsichten anderer interessieren, und dabei verspüre ich keinerlei Sendungsbewusstsein.
Ausgangspunkt meiner Überlegung ist, dass „Liebe“ ein Begriff wie jeder andere auch ist, sei es „Pflanze“ oder „Geschirrspülmaschine“ oder dergleichen. Er unterscheidet sich nicht von anderen; es ist zunächst eine Aneinanderreihung von Buchstaben. Es ist erst Aufgabe des Menschen, diesen Begriff mit einem besonderen Sinn zu füllen. Ich möchte mich an dieser Stelle nicht allzu lange aufhalten, sodass ich gerne die schönste Umschreibung des Begriffs einfließen lassen möchte, die ich bisher fand:
„Liebe ist eine Abstraktion; vielleicht eine Göttin oder ein fremdes Wesen, obwohl niemand je diese Göttin gesehen hat. In Wirklichkeit gibt es nur den Akt des Liebens. Lieben ist ein produktives Tätigsein, es impliziert, für jemanden (oder etwas) zu sorgen, ihn zu kennen, auf ihn einzugehen, ihn zu bestätigen, sich an ihm zu erfreuen – sei es ein Mensch, ein Baum, ein Bild, eine Idee. Es bedeutet, ihn (sie, es) zum Leben zu erwecken, seine (ihre) Lebendigkeit zu steigern. Es ist ein Prozeß, der einen erneuert und wachsen läßt.“ (Erich Fromm, Haben oder Sein, Gesamtausgabe Band II, dtv-Verlag, S. 304)
Natürlich ist dieses Zitat aus dem Zusammenhang gerissen und ich möchte es hier bloß als Anhaltspunkt verwenden. Ich werde meine Fragestellung einengen, zumal Fromm in seinem wohl berühmtesten Werk „Die Kunst des Liebens“ darauf hinweist, dass es verschiedene Erscheinungsformen dessen gibt, was wir Liebe nennen: Was bedeutet romantische Liebe heutzutage?
Im Einklang mit dem Zitat gehe ich davon aus, dass (romantische) Liebe reiner Selbstzweck ist. Ich liebe, weil ich liebe, nicht um damit etwas beim anderen zu bewirken oder diesen zu einer Gegenleistung zu bewegen. Es gilt also gerade kein zweckgerichteter Zusammenhang im Sinne von „do ut des“ (Ich gebe, damit du gibst.). Ich bin an dieser Stelle vorsichtig, da meine Erfahrungen mit romantischer Liebe gegen Null gehen. Das, was ich also schreibe, beruht alleine auf Beobachtungen anderer Menschen und Diskussionen mit anderen Menschen. Das gebe ich unumwunden zu. Das ist ein weiterer Grund, weswegen ich diesen Beitrag verfasse.
Meine mehr oder minder bewussten Beobachtungen der letzten Jahren veranlassen mich zu dem Schluss, dass romantische Liebe, die zweckfrei ist, praktisch nicht existiert. Es gibt viele Gründe, weswegen sich die Menschen in einer wie auch immer gearteten Lebensgemeinschaft befinden. Die Partner tauschen untereinander zum Beispiel Folgendes: Streicheleinheit gegen Streicheleinheit; Kuss gegen Kuss; sexuelle Befriedigung gegen sexuelle Befriedigung; Angst vor Einsamkeit gegen Zweisamkeit (egoisme à deux); Hingabe gegen Hingabe; Zeit gegen Zeit; Aufmerksamkeit gegen Aufmerksamkeit; Nähe gegen Nähe; Streit gegen Streit; usw. Sobald beispielsweise der eine glaubt, mehr Zeit als der andere zu „investieren“, so ist das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung gestört. Der eine fühlt sich ausgenutzt und gering geschätzt. Das führt dann bisweilen zu höchst eigentümlichen (mitunter brutalen) Streitigkeiten der Partner, weil lediglich darum gerungen wird, das ausgewogene Verhältnis von Leistung und Gegenleistung wiederherzustellen. Es wird nicht einmal in Betracht gezogen, dass es nicht die Störung im Tauschverhältnis ist, um die sich der Konflikt der Partner dreht. Ich stelle Folgendes ausdrücklich zur Diskussion: Die Partner streiten, ja tragen ihre ungelösten Lebensfragen auf dem Buckel des anderen aus, weil sie nicht lieben können; mithin ist ihr Verständnis von Liebe untrennbar mit dem Prinzip von Leistung und Gegenleistung verbunden. Das führt natürlich zu der interessanten Frage: Wer liebt denn heutzutage, ohne eine wie auch immer geartete Gegenleistung zu verlangen?
Für mich persönlich stellt sich eine bisher ungelöste Problematik: Wozu soll ich mich einem anderen Menschen romantisch hingeben, wenn, was es noch zu diskutieren gibt, romantische Liebe tatsächlich ein Tauschverhältnis ist? Ich bin ja nicht gefeit vor meiner Erziehung und den Einflüssen unserer Gesellschaft. Ich stehe nicht daneben, nein ich stehe mittendrin. Ich bin damit aufgewachsen, dass es überall um einen Tausch geht, und diese Denkmuster lassen sich nicht einfach unterbrechen oder gar auslöschen. Ich handele selbst nach dem Prinzip von Leistung und Gegenleistung. (Nebenbei: Auch selbst ernannte Gutmenschen handeln nur deswegen, weil sie eine Gegenleistung verlangen, auch wenn sog. Gutmenschen dabei extrem subtil und perfide vorgehen. Das ist allerdings ein anderes Thema.)
Weiter oben schrieb ich, was die Partner austauschen. Für das meiste gibt es einen Ersatz, den die Kulturindustrie bereithält: So könnte ich zur sexuellen Befriedigung ins Bordell gehen oder Streicheleinheiten, Nähe und Küsse für eine Weile dadurch bekommen, dass ich geeignete Begegnungen mit anderen Menschen vereinbare. Welchen Sinn hat also die romantische Liebe, wenn es dabei um einen Tausch geht (was ich offen lasse) und es dafür einen ständig verfügbaren Ersatz gibt?
Ich freue mich auf Eure Antworten.