Ich möchte ne Geschichte mit Euch teilen, die mir vor'n paar Jahren passiert ist.
Ich denke dass ich mich richtig verhalten hab, aber so ganz sicher bin ich mir nicht.
Tja, wie fang ich an? Es gab da mal ein Buch, ein ungewöhnlicher Roman - eigentlich ein S.F., aber mit noch viele anderen Ideen. Und unter anderem war da auch jene Idee beschrieben, die man als Viel-Ehe, oder neudeutsch polyamory kennt. Also NICHT irgendwelche Seitensprünge oder Freiheiten, sondern einfach eine Liebesbeziehung die aus mehr wie zwei Leuten besteht, die dann zusammen eine Gemeinschaft bilden.
Das Buch ist ich glaub 62 geschrieben, und damals in der Hippie-Zeit waren solche Ideen interessant und wurden ausprobiert (funktioniert haben wohl die wenigsten davon).
Robert A. Heinlein, Stranger in a Strange Land
Ich hab mir das gekauft, da war ich 16 oder so - war das erste englische Buch was ich geholt hab, hab extra die Schule geschwänzt und bin nach München getrampt, weil das aufm Dorf nicht zu kriegen war. Damals war ich Science-Fiction Fan - dass es da auch um Beziehungskonzepte ging, wusste ich erst gar nicht. Und damals, mit 16, da fand ich das natürlich toll - leben ohne Eifersucht, ohne Besitzanspruch - wow, klar, warum nicht?
Später hab ich dann erklärt gekriegt, dass das nur Männerphantasien sind. Frauen können oder wollen das nicht - die wollen halt die Sicherheit für die Brut, und da muss es genau ein Männchen geben das diese Sicherheit bietet - und sie wollen auch niemals ne andere Frau neben sich, mit der sie sich dann womöglich vergleichen müssten...
Aber gemach, ich wurde auch da noch eines bessren belehrt...
Viele viele Jahre später... ich hatte längst vergessen dass ich das Buch hab, oder was drinsteht - finde ich in einem Forum einen Thread, wo es genau um dieses Buch geht - und da fragt ne Frau, ob das noch jemand kennt. Antworte ich natürlich drauf. Und dann hat sich ein Schwätzchen entstanden und ging per PM weiter, und wir haben uns seitenlang über alle möglichen Ideen und Gedanken geschrieben - es hat sich nämlich herausgestellt, dass sie das Buch auch irgendwann mit 16 gelesen hat, und die Idee auch total schön fand und eigentlich auch lebbar...
Also haben wir dann philosophiert wie das gehen könnte oder warum nicht, und das wurde allmählich heftig - ich hab dann bald schon fast im Voraus gewusst was sie meint und denkt, es war sich so unglaublich ähnlich, und wenn ich ne Mail geschickt hab hat sie das wohl auch irgendwie gespürt und sich fünf minuten drauf eingeloggt...
Das wurde noch heftiger. Ich hab erfahren, sie gehört der Hexenreligion an, also mit Naturverehrung usw. Da hab ich nicht allzu viel Interesse dran - ich mein, ich hab nichts dagegen, und wenn man irgendwo meint, man müsse jetzt die "Mutter Erde" anbeten, dann bete ich auch mit - ich mein, falsch kann das ja nicht sein. Aber von mir aus täte ich mich da nicht engagieren. Und da, wähend dieser Korrespondenz, hatte ich plötzlich die Idee im Kopf, ich müsste jetzt ne Ecke in meiner Wohnung freimachen um da nen Altar einzurichten mit ein bischen frischem Grün, um das Leben und die Natur zu würdigen. Und das war ein genuiner eigener Gedanke von mir (oder kam mir jedenfalls so vor)! Es war so als wäre ich selber von mir aus auf diese Idee gekommen und hätte jetzt plötzlich dieses Bedürfnis!
Nur eben, dass es sowas von überhaupt nicht zu all dem passt was ich wichtig und interessant finde - und ich hab mit ihr nicht weiter über die Inhalte ihrer Religion geschrieben - ich hab da auch keine besondere Ahnung von. Das ist auf nem anderen Weg zu mir gekommen denn per Mail. Und klar, es war insgesamt eine total tief berührende, aufregende, faszinierende Begegnung von unglaublicher Dichte.
Nur, es soll mir auch nie, niemals mehr jemand erzählen, Männer und Frauen "könnten sich nicht verstehen"! Wenn man da hin kommen kann, wo man gar nicht mehr merkt wo das eine Bewusstsein aufhört und das andere anfängt, dann gibt es ja gar nichts anderes mehr als Verstehen! Und der ganze Trick dabei ist dann wohl Offenheit und Hingabe.
Ich hab sie natürlich auch gefragt, warum sie diese Idee von einer Viel-Ehe nicht lebt - und hab erklärt bekommen, dass sie verheiratet ist mit einem Christen, und dem sein Gott erlaubt solche Beziehungen nicht, und sie liebt ihn und respektiert das daher.
Dann kam es noch schöner: nachdem wir uns schon monatelang gemailt hatten, sind wir dann endlich draufgekommen, dass wir beide schon die ganze Zeit beruflich in einem Auswärtsprojekt beschäftigt sind - und zwar in derselben Stadt! Wir haben also die ganze Zeit in derselben Stadt gewohnt und das nicht gemerkt weil wir im Forum die Heimatstadt stehen hatten! Aber in der Woche war ihr Projekt da dann auch zuende.
Wir haben es dann tatsächlich noch geschafft, uns an einem Abend zu treffen, sind ein bischen im Cafe gesessen und haben Wein getrunken und uns nett unterhalten - tja, und dann war ihr Projekt zuende, genauer gesagt sie wollte vom Staatsdienst in die freie Wirtschaft wechseln, hatte also jede Menge stress zu erwarten, also hab ich sie erstmal nicht mit langen Mails genervt, und irgendwann kam dann ne kurze Mail, und dann hab ich gefragt ob ich sie denn mal wachkitzeln soll und sie meinte ja, aber dann hat sie doch nicht mehr geschrieben - und so ist das eingeschlafen.
Ich meine, für mich war klar, dass ich ihre Auffassung, den Gott ihres Mannes zu respektieren, auch respektiere. Aber sicher bin ich mir nicht ob das richtig war.
Für mich bleibt es die schönste Begegnung die ich erlebt hab, und natürlich liebe ich sie - jemand der im eigenen Bewusstsein ein- und ausgehen kann, kann man wohl gar nicht anders als lieben.
Und dann frage ich mich halt, warum machen Menschen sowas - ihre Träume opfern für den Gott von jemandem den sie lieben, und der doch nichts anderes tut als ihnen ihre Freiheit wegnehmen?
Ich denke dass ich mich richtig verhalten hab, aber so ganz sicher bin ich mir nicht.
Tja, wie fang ich an? Es gab da mal ein Buch, ein ungewöhnlicher Roman - eigentlich ein S.F., aber mit noch viele anderen Ideen. Und unter anderem war da auch jene Idee beschrieben, die man als Viel-Ehe, oder neudeutsch polyamory kennt. Also NICHT irgendwelche Seitensprünge oder Freiheiten, sondern einfach eine Liebesbeziehung die aus mehr wie zwei Leuten besteht, die dann zusammen eine Gemeinschaft bilden.
Das Buch ist ich glaub 62 geschrieben, und damals in der Hippie-Zeit waren solche Ideen interessant und wurden ausprobiert (funktioniert haben wohl die wenigsten davon).
Robert A. Heinlein, Stranger in a Strange Land
Ich hab mir das gekauft, da war ich 16 oder so - war das erste englische Buch was ich geholt hab, hab extra die Schule geschwänzt und bin nach München getrampt, weil das aufm Dorf nicht zu kriegen war. Damals war ich Science-Fiction Fan - dass es da auch um Beziehungskonzepte ging, wusste ich erst gar nicht. Und damals, mit 16, da fand ich das natürlich toll - leben ohne Eifersucht, ohne Besitzanspruch - wow, klar, warum nicht?
Später hab ich dann erklärt gekriegt, dass das nur Männerphantasien sind. Frauen können oder wollen das nicht - die wollen halt die Sicherheit für die Brut, und da muss es genau ein Männchen geben das diese Sicherheit bietet - und sie wollen auch niemals ne andere Frau neben sich, mit der sie sich dann womöglich vergleichen müssten...
Aber gemach, ich wurde auch da noch eines bessren belehrt...
Viele viele Jahre später... ich hatte längst vergessen dass ich das Buch hab, oder was drinsteht - finde ich in einem Forum einen Thread, wo es genau um dieses Buch geht - und da fragt ne Frau, ob das noch jemand kennt. Antworte ich natürlich drauf. Und dann hat sich ein Schwätzchen entstanden und ging per PM weiter, und wir haben uns seitenlang über alle möglichen Ideen und Gedanken geschrieben - es hat sich nämlich herausgestellt, dass sie das Buch auch irgendwann mit 16 gelesen hat, und die Idee auch total schön fand und eigentlich auch lebbar...
Also haben wir dann philosophiert wie das gehen könnte oder warum nicht, und das wurde allmählich heftig - ich hab dann bald schon fast im Voraus gewusst was sie meint und denkt, es war sich so unglaublich ähnlich, und wenn ich ne Mail geschickt hab hat sie das wohl auch irgendwie gespürt und sich fünf minuten drauf eingeloggt...
Das wurde noch heftiger. Ich hab erfahren, sie gehört der Hexenreligion an, also mit Naturverehrung usw. Da hab ich nicht allzu viel Interesse dran - ich mein, ich hab nichts dagegen, und wenn man irgendwo meint, man müsse jetzt die "Mutter Erde" anbeten, dann bete ich auch mit - ich mein, falsch kann das ja nicht sein. Aber von mir aus täte ich mich da nicht engagieren. Und da, wähend dieser Korrespondenz, hatte ich plötzlich die Idee im Kopf, ich müsste jetzt ne Ecke in meiner Wohnung freimachen um da nen Altar einzurichten mit ein bischen frischem Grün, um das Leben und die Natur zu würdigen. Und das war ein genuiner eigener Gedanke von mir (oder kam mir jedenfalls so vor)! Es war so als wäre ich selber von mir aus auf diese Idee gekommen und hätte jetzt plötzlich dieses Bedürfnis!
Nur eben, dass es sowas von überhaupt nicht zu all dem passt was ich wichtig und interessant finde - und ich hab mit ihr nicht weiter über die Inhalte ihrer Religion geschrieben - ich hab da auch keine besondere Ahnung von. Das ist auf nem anderen Weg zu mir gekommen denn per Mail. Und klar, es war insgesamt eine total tief berührende, aufregende, faszinierende Begegnung von unglaublicher Dichte.
Nur, es soll mir auch nie, niemals mehr jemand erzählen, Männer und Frauen "könnten sich nicht verstehen"! Wenn man da hin kommen kann, wo man gar nicht mehr merkt wo das eine Bewusstsein aufhört und das andere anfängt, dann gibt es ja gar nichts anderes mehr als Verstehen! Und der ganze Trick dabei ist dann wohl Offenheit und Hingabe.
Ich hab sie natürlich auch gefragt, warum sie diese Idee von einer Viel-Ehe nicht lebt - und hab erklärt bekommen, dass sie verheiratet ist mit einem Christen, und dem sein Gott erlaubt solche Beziehungen nicht, und sie liebt ihn und respektiert das daher.
Dann kam es noch schöner: nachdem wir uns schon monatelang gemailt hatten, sind wir dann endlich draufgekommen, dass wir beide schon die ganze Zeit beruflich in einem Auswärtsprojekt beschäftigt sind - und zwar in derselben Stadt! Wir haben also die ganze Zeit in derselben Stadt gewohnt und das nicht gemerkt weil wir im Forum die Heimatstadt stehen hatten! Aber in der Woche war ihr Projekt da dann auch zuende.
Wir haben es dann tatsächlich noch geschafft, uns an einem Abend zu treffen, sind ein bischen im Cafe gesessen und haben Wein getrunken und uns nett unterhalten - tja, und dann war ihr Projekt zuende, genauer gesagt sie wollte vom Staatsdienst in die freie Wirtschaft wechseln, hatte also jede Menge stress zu erwarten, also hab ich sie erstmal nicht mit langen Mails genervt, und irgendwann kam dann ne kurze Mail, und dann hab ich gefragt ob ich sie denn mal wachkitzeln soll und sie meinte ja, aber dann hat sie doch nicht mehr geschrieben - und so ist das eingeschlafen.
Ich meine, für mich war klar, dass ich ihre Auffassung, den Gott ihres Mannes zu respektieren, auch respektiere. Aber sicher bin ich mir nicht ob das richtig war.
Für mich bleibt es die schönste Begegnung die ich erlebt hab, und natürlich liebe ich sie - jemand der im eigenen Bewusstsein ein- und ausgehen kann, kann man wohl gar nicht anders als lieben.
Und dann frage ich mich halt, warum machen Menschen sowas - ihre Träume opfern für den Gott von jemandem den sie lieben, und der doch nichts anderes tut als ihnen ihre Freiheit wegnehmen?