Liebe Murielsche,
obwohl ich ja selber hier einen Beitrag verfasst habe und eigentlich gar nicht mehr weiter schreiben wollte, weil ich nun wieder ganz gut alleine zurecht komme, las ich das, was du geschrieben hast und machte mir Gedanken dazu.
Ich finde deine Situation gar nicht so außergewöhnlich. Du ziehst mit deinem Mann in ein fremdes Land, er ist beruflich sehr eingespannt und du bist dort gar nicht verankert. In gewissem Sinn kommt Ähnliches auf meine Schwiegertochter zu und so wie es momentan aussieht, wird ihr das immer bewusster. Ich denke nicht, dass man Freunde dafür "suchen" sollte, um die eigene Einsamkeit zu überwinden oder weil man jemand für sich braucht. Freundschaften kommen meist auf ganz andere Art zustande, ergeben sich aus Sympathie oder ähnlicher Wellenlänge. Sie zu suchen und dann auch zu finden, halte ich für wenig wahrscheinlich. Höchstens vielleicht man tut sich aus gemeinsamen Interessen mit jemand zusammen und daraus ergibt sich später Freundschaft. Das muss aber auch nicht sein.
Was ich mich ständig gefragt habe bei deinem Beitrag, ist, was eigentlich dein Leben ausmacht. VHS-Kurse und Sport sind ja eher nur Zeitvertreib und gehören in den Bereich von Hobbys. Was arbeitest du - du schreibst ja von einer Dienstreise. Hast du über deine Arbeit keine beständigen Kontakte? Was sind deine Lebensziele und Wünsche an die Zukunft? Ich glaube einfach, darin liegt vielleicht der Kern der Problematik. Aus Bedürftigkeit heraus entstehen kaum jemals echte Freundschaften, zumindest habe ich das so erlebt. Da verlagert man zu viel nach außen, erhofft sich zuviel Lebensverbesserung durch andere.
Das soll jetzt nicht heißen, dass du keine Freundschaften finden wirst oder keine brauchst - aber ich glaube dennoch, was du suchst, ist eher ein Stück Geborgenheit und Angenommensein. Aber das kann dir niemand anderer vermitteln, wenn du das nicht in dir entwickelst. Und dich auf dich besinnst, indem du dein Leben lebst. Denn nur dann strahlst du Zufriedenheit und Autonomie aus.
Ich habe selbst lange Zeit versucht, Freunde zu finden und war selber so unheimlich bedürftig. Was ich gefunden habe, waren andere, die noch bedürftiger waren. Das ging nie auf, klappte auch nie auf Dauer, weil das einfach keine ehrliche Basis war. Das Verbindende war nicht die echte Sympathie, sondern der Mangel. Das kann sich sogar negativ auswirken, weil man sich gegenseitig darin bestätigt. Wie in allen Beziehungsformen ist es auch bei Freundschaften so, dass man sie nicht erzwingen kann.
Vielleicht hat dir das jetzt gar nicht geholfen. Es sind halt meine Erfahrungen und Erkenntnisse.
Liebe Grüße
Evelyn