Als ich mit der Aufarbeitung meines Lebens begann, stellte ich fest, dass meine Einsamkeit reine Kopfsache war. So einsam, wie ich mich immer fühlte. Es war reine Einbildung. Als ich mir einen Kalender schnappte und mal richtig all die Jahre durch ging, kam ich auf drei Tage. Drei Tage war wirklich niemand für mich da. Ansonsten war immer jemand da. Warum dann dieses starke Gefühl von EInsamkeit? Und Verlassenheit? Ich hörte damals auf, mir selbst zu vertrauen. Alles, was ich empfand, war gestört. Auch hatte ich immer eine Freundin, obwohl ich über mich selbst dachte, ich sei unfähig, eine Beziehung zu haben. Wiesoo das alles? Ich habe bis heute darauf keine Antwort.
Ich war damals in der "Erwachsene Kinder von suchtkranken Eltern" Szene. Nur, dass ich bei meinen Eltern keine Sucht ausmachen konnte. Man ließ mich dennoch teilnehmen, weil man sagte, dass siich die Sucht der Eltern schon zeigen würde. Heute weiß ich, dass sie sich die beste Mühe mit mir gegeben haben, es nicht besser wussten oder konnten, aber immer fast alles gegeben hatten. Meine Muter hatte den Komplex, nicht genug zu sein. Insofern erzog sie mich zum Verlierer. Sie wollte einerseits, dass ich stark und groß und gut in der Schule war. Andererseits durfte ich aber nicht über sie hinauswachsen. Das verkraftete sie nicht. Sie machte all meine Hausaufgaben, das heißt, sie büffelte mit mir ohne Ende, half mir bei fast allem, jeden Tag. Später, in der Ausbildung, verwaltete sie meine Ersparnisse, weil ich das ja nicht konnte. Schloss Verträge für mich ab usw. Ich kann bis heute nicht mir Geld umgehen, bin auch nicht in der Lage, mich selbst über Wasser zu halten. Ich hab furchtbare Angst vor Bewerbungen und mache lieber alles umsonst als Geld dafür zu nehmen.
Ich führe eins der angenehmsten Leben, das sich meine Freunde vorstellen können! Ich gehe zu Therapeuten, wann und wo es mir passt. Ich arbeite nicht. Obwohl cih gern Projekte mache, wie zB große Veranstaltungen für Orchester zu einem bestimmten Motto. Aber das ist keine Arbeit, das ist Hoobby. Ich mache sowas ehrenamtlich, stürze mich da voll rein. Ich spüre mich. Wenn ich dem Arbeitsamt davon erzähle, machen die gleich was draus, was mir den Hals zuschnürt. Und Tschüss!
Damit ich meine Gefühle wieder einsortiert bekommen konnte, habe ich mir eine theoretische Liste gemacht. Abstufungen auswendig gelernt, wie sich was anfühlt, um wieder Wut zu erleben, ohne auszurasten. All die Zwischenstufen hatte ich nicht. Durch die Tabelle konnte ich mir das wieder zurückholen, ohne auszuflippen. Auf einmal konnte ich schwache Wut leben. Ich kann es nicht püren, aber an den Umständen ablesen, dass es eigentlich jetzt da sein müsste. Als ich Höhenangst kennen lernen wollte, war ich anfangs gebremst, da mir kein Haus zu hoch war, um das zu erleben. Erst in 3.000 Meter Höhe hatte ich dieses irre Gefühl, dass ich mein Leben verlieren könnte: Bei der Segelflugausbildung! Und das nur, um ein Gefühl wieder zurückzuholen - was für ein Luxus!
Nach dem Erleben der Höhenangst war die Fliegerei für mich gestorben. Mir ging es nur um das Gefühl.