AW: gute Menschen
Hallo Reinfriede,
Ich denke das ist das Problem: auch "schlechte Menschen" finden sich oft gut und sehen ihre Fehler nicht ein. Das finde ich schade. Ich denke dass sich wirklich gute Menschen gar nicht als "wirklich gute Menschen" sehen, weil sie nicht eingebildet sind und nicht zu hoch über sich selbst denken. Ich denke der Großteil der Menschen befindet sich zwischen gut und schlecht. Das denke ich von mir auch.
Lg Kugelfisch1
Liebe Kugelfisch!
Man muss unterscheiden zwischen subjektiv gut/schlecht und ethisch oder moralisch gut/schlecht.
Ein religiös motivierter Attentäter wird seine Handlung selbst als "gut" ansehen. Und viele seiner Mit-Fanatiker ebenfalls.
Gut oder schlecht kann kulturell völlig verschieden belegt sein.
Wenn Du nun in Deinem Kulturkreis, in Deinem Umfeld Dich so verhältst, wie es den Normen entspricht, wirst Du das Gefühl haben, "gut" zu handeln.
Elias Canetti beschreibt das sehr gut in seinem Buch "Masse und Macht".
Ein Individuum, das in einer Gruppe lebt, wird vermeiden, durch seine Handlungen aus der Gruppe ausgeschlossen zu werden.
Handlungen, die in der Gruppe akzeptiert sind (also mit dem Wort "gut" belegt werden), werden in ihm ein ebenso gutes Gefühl auslösen. Das fühlt sich dann nach "ich bin/handle gut" an.
Handlungen, die von der Gruppe nicht akzeptiert werden (="schlecht") könnten einen Ausschluss nach sich ziehen, daher wird er das Gefühl dabei haben, "schlecht" zu handeln.
Und der Maßstab, welche Handlungen gut und welche schlecht sind, bestimmt die Gruppe, die eine Nation, eine Religion, die Familie, die Lehrer oder sonstwas sein kann, innerhalb derer er sich bewegt.
Im speziellen Fall Spenden wird es sich ebenso verhalten: Bewegst Du Dich in einem Umfeld, in dem Spenden als "gut" bewertet wird (durch Freunde, Bekannte, Medien sind auch nicht zu unterschätzen), so wirst Du durchs Spenden das Gefühl bekommen, gut zu handeln.
Ein anderer, der sich in einem Umfeld aufhält, der Spenden gegenüber kritisch eingestellt ist, wird eben KEIN gutes Gefühl entwickeln können, wenn er spendet.
Und Deine Bewertung, ob dieser Mensch nun gut oder schlecht handelt, wenn er nicht spendet, entspringt auch dem Gruppendenken, das für Deine Gruppe die Moral festlegt. Wenn Du von "wirklich schlechten" Menschen sprichst, so könnte es sein, dass Du das, was diese Menschen tun, an der Moral misst, die für Dein persönliches Umfeld relevant ist.
Dieser Mensch befindet sich eventuell in einer völlig anderen Gruppe mit völlig anderen Ethikvorstellungen (s. z.B. das Lied von Elvis Presley "in the ghetto") und hat vor allem eines: einen Lebensweg, der sich von Deinem offenbar ziemlich unterscheidet.
Du kannst nun in persönlichen Gesprächen diesem Menschen Deine Sichtweise erklären - aber mehr nicht. Er geht seinen Weg, Du Deinen. Ob er Dich dann als gruppenrelevant einstuft und seine Handlungen dahingehend überdenkt, ist seine Entscheidung.
Liebe Grüße
Reinfriede