Hallo Reinfriede!
Wie recht Du hast. Trotz, Wutanfälle, Geschrei und dergleichen waren in dem Augenblick vorbei, als ich zu müde war um zu beruhigen, erklären usw.
Irgendwann dachte ich mir, verdammt noch mal, soll sie doch anziehen was sie will. Wenn die anderen Kinder darüber lachen, daß sie im Hochsommer eine Winterjacke anhat ist das ihr Problem und nicht meines.
Das Gesicht von meiner Süßen werde ich nie vergessen, als ich das 1.Mal sagte: "Mach was du willst. Du wirst schwitzen, nicht ich."
Da sie aber ein Mensch ist (mittlerweile ist sie 31), der sogar widerspricht wenn man ihrer Meinung ist, wurde es zwar anstrengender, aber auch lustiger.
Da sie keinen Grund mehr zum Schreien hatte, begann sie zu diskutieren. Da sie sehr früh sprechen konnte, war sie schon mit drei zu solchen Dialogen fähig:
Dani: Ich zieh die rote Weste an.
ich: Gut
Dani: Warum soll ich sie anziehen
ich: weiß nicht, du hast gesagt du ziehst sie an
Dani: Aber du willst nicht daß ich sie anziehe
ich: Ist mir egal. Wenn's dir gefällt
Dani: Aber dir gefällt es nicht
ich: Doch
Dani: Hast aber nicht gesagt
und so weiter, endlos lang, aber lustig.
Als sie älter wurde, habe ich ihr erklärt, daß man immer das machen kann was man will, aber man muß bereit sein, die Konsequenzen aus seinem Tun zu tragen.
Ich habe ihr erklärt, daß ich alles akzeptieren kann, aber nicht alles gutheißen.
Ich habe ihr immer gesagt, ich werde immer hinter ihr stehen, egal wie es ausgeht. Ich werde ihr helfen die Konsequenzen zu tragen, aber ich werde sie ihr nicht abnehmen (hab' ich aber trotzdem oft gemacht).
Heute ist meine Tochter wie gesagt 31. Manchmal wünsche ich mir, sie würde mir nicht alles erzählen, aber das Vertrauen das sie zu mir hat ist der beste Beweis dafür, daß ich aus Faulheit im richtigen Augenblick das Richtige gesagt habe.
Ein Honigschlecken war's trotzdem nicht. Denn nicht überall konnte ich sagen mach was du willst. Es war ein täglicher Kampf. Aber er hat sich gelohnt.
Sie ist ein wertvoller, selbstbewußter Mensch geworden, der sich von nichts und niemanden in eine Richtung drängen läßt die nicht die ihre ist.
Und darauf bin ich stolz. Denn das ist mehr als viele Mütter meiner Generation erreichten.
Denn es ist verdammt schwer in einer Zeit Kinder großzuziehen wo alte Strukturen aufgebrochen worden sind und Neue noch nicht erprobt waren.
Heute weiß man daß vieles falsch war, aber damals wußte man oft nicht was ist gut, was ist schlecht. Hinterher ist man immer schlauer.
Verzeiht mir, ich bin irgendwie ins Persönliche gerutscht, wollte es zuerst löschen, aber dann dachte ich mir, wenn mich jemand versteht, dann Ihr. Hier darf ich sagen, ich bin stolz darauf. Im normalen Leben ist das ja problematisch.
Denn eines verwundert mich immer wieder. Obwohl wir in einer Zeit leben, wo den Menschen von jeder Seite, speziell in der Werbung, ständig und überall eingeredet wird, sei du selbst, lebe dein Leben, zeige daß du der Beste bist, sei stolz auf das was du geschaffen hast tritt, sobald man es macht, das Gesetz des vorigen Jahrhunderts in Kraft. Wer von sich behauptet gut zu sein hat es nötig. Eigenlob stinkt usw. Das versteh ich nicht. Ich muß aber auch nicht alles verstehen, oder?
Jetzt mach ich aber wirklich Schluß, sonst wird's fad.
Lg.Elisa