liebe serafine und ihr lieben anderen!
eigentlich wollte ich in diesem thread ja nichts schreiben, weil ich würde in erster linie als konjunktivisch begrauchtes hilfsverb definieren kann. aber wenn ich dann lese:
Serafine schrieb:
Wer ein Recht auf Würde hat? Ganz frech gesagt: Jeder, der die Würde des anderen nicht antastet. Massenmördern, Kinderschändern und Terroristen gestehe ich keine Würde zu. In meinen Augen haben sie das nicht verdient, da sie sich menschenverachtend und richtig krank verhalten.
richtig krank, ja. und wir haben zeiten erlebt und erleben auch heute tendenzen, in denen richtig kranken die würde entzogen wird: geistig besondere menschen (immer noch würdelos als behindert bezeichnet) werden weggesperrt. aber auch sonst: punks werden als den tourismus störende herumgetrieben wie viehherden (in graz wenigstens), asylwerber werden wie treibgut unserer wohlstandsgesellschaft behandelt: das boot ist voll.
ist krankheit ein grund, menschen als würdelos zu betrachten? dann sind wir ganz schnell dort, wo soldaten ihre würde an den nagel hängen, wenn sie am langen arm von irgendwelchen befehlsgewaltigen, aber durchaus auch selbst geil, ihre gefangenen demütigen, foltern, schänden.
menschenwürdige verhältnisse treten nur dort ein, wo würde nicht von arroganten drüberstehern verliehen und wieder entzogen, sondern wo sie als nicht anzutastendes grundrecht respektiert wird. wenn wir das nicht tun, stellen wir unsere eigene menschenwürde in frage.
womit ich mich nun doch einer beschreibung von würde stellen muss. eine definition verweigere ich nach wie vor; ich meine, man muss nicht alles definieren. viele begriffe sind viel lebendiger, wenn sie unscharf bleiben, weil sie dann statt des engen korsetts einer definition vom reichtum der assoziationen leben können. und es wäre ein irrtum, definitionen könnten dazu führen, dass wir alle über das gleiche reden ... das assoziieren ist eine psychische funktion, die wir kaum zu steuern vermögen, und so haben auch wohldefinierte begriffe für jede/n von uns einen unterschiedlichen klang.
wie christoph schon sagte: würde lässt sich beobachten, wenn menschen ihrer gewahr werden. wir spüren ja ganz genau, wann etwas "würdig" ist und wann nicht - auch wann zum beispiel der begriff würde ans lächerliche grenzt wie in der anrede "hochwürden". so meine ich auch, dass "würde" sich im laufe der zeiten hinsichtlich des assoziationsumfangs und des bedeutungskonsenses ändert. in aristokratisch-hierarchisch organisierten strukturen ist würde sicher anders verteilt als in einer egalitären kommune. das sind dann abstufungen. aber im bereich der grundrechte jedenfalls ist würde von einigen parametern gekennzeichnet, die zu achten sind, wenn wir nicht zurückfallen wollen auf totalitäre herrschaftsformen. die deklaration der menschenrechte der vereinten nationen beschreibt für mich ganz brauchbar, was zu beachten ist, um würde zu wahren. ein minimalprogramm, nach oben offen...
aber ich würde sagen, es reicht erst mal...
alles liebe, jake