das famose an der ganzen sache ist: er hat eine starke ambivalenz an den tag gelegt. zu anfang kamen sehr! verbindliche aussagen. ich hatte nicht um sie gebeten. manches davon ging mir sogar zu schnell.
an einem tag so, am anderen so. das hat mich total ueberfordert. ich konnte nie wissen, was heute an der tagesordnung ist.
nur eines, darauf konnte ich mich verlassen: sprach ich ihn auf solche aeusserungen und vorhaben und gesten an, galten sie nichts mehr.
Liebe Linde!
Vielleicht hat Dich das fasziniert und Dir geschmeichelt, wie er anfangs war. Ich hege (ich erzähle dann auch noch, warum) den Verdacht, dass Du vielleicht gar nicht in ihn als Person, sondern nur in dieses Gefühl, das er Dir vermittelt hatte, verliebt warst? Das Gefühl, dass da jemand ist, der eben verbindliche Aussagen macht, jemand, der Dich anscheinend liebt?
Nun erzähle ich auch, was mir selbst passiert ist, vielleicht macht meine Geschichte in dem Zusammehang einen Sinn für Dich:
Nach meiner Scheidung lernte ich einen Mann kennen, der mir auf den ersten Blick eher nichtssagend erschienen war, ich war nicht an ihm interessiert, er aber an mir.
Er überhäufte mich mit romantischen Gedichten, rief mich ständig an, schickte mir CDs mit Songs, die er gesungen hatte (Mensch, der hatte eine tolle Stimme...) und irgendwann drehte ich mich dann doch in seine Richtung. Ich war neugierig geworden und ließ mich auf eine (vorsichtige) Beziehung mit ihm ein.
Seine totale Aufmerksamkeit währte nur kurz, vielleicht ein paar Wochen lang, dann begann er mit einem on-off-Verhalten, das für mich total unverständlich war. Dates hielt er zweimal nicht ein, ich hatte das Gefühl, er ginge auf Rückzug. Daraufhin beendete ich die Beziehung, weil ich erkannte, dass ich nur in dieses angenehme Begehrt-Umschwärmt-Auf-Händen-getragen-werden-Gefühl verliebt gewesen war, aber nach wie vor nicht in ihn selbst.
Klingt jetzt kühl, war es aber nicht. Innerlich zerriss es mich und ich kämpfte lange damit, auf einmal nicht mehr diesen Wert für ihn zu haben, den er mir anfangs gegeben hatte. Er konnte mir keinen Grund nennen, warum er sich so ambivalent verhielt, das machte die Sache für mich nicht einfacher.
Den Grund fand ich erst später heraus. Er war Alkoholiker und ich schwöre, ich hatte absolut nichts davon bemerkt. Die gemeinsame Zeit, die wir miteinander verbrachten (war nicht gerade viel auch wegen meiner Kinder, die ich nicht alleine lassen konnte, ich brauchte immer einen Babysitter) hielt er sich offensichtlich mit dem Trinken zurück, er trank vielleicht im Laufe des Abends ein einziges Getränk.
Bekannte aus seinem Umfeld erzählten mir dann, dass er überall hoch verschuldet war, der Exekutor bei ihm ein- und ausging, er seinen Job verloren hatte wegen seines Alkoholkonsums und er durch seine Luftschlösser, die er inzwischen ständig baute, sich selbst um die Existenz gebracht hatte.
Rückblickend wurden mir auch einige körperliche Zeichen bei ihm klar, die ich vorher nicht einschätzen konnte. Oder wollte, kann auch sein.
Er hatte übrigens auch einen Hang zum esoterischen Geschwafel von wegen "bedingungslose Liebe" etc...später war mir klar, warum.
Dadurch verstand ich auch, warum er sich anfangs so euphorisch auf mich stürzte - ich war eines seiner Luftschlösser, an dem er begeistert und voller Enthusiasmus bastelte - das, nüchtern (passt gut) betrachtet in sich zusammenbrach.
Die nicht eingehaltenen Dates, so erfuhr ich später auch, waren wegen dringend benötigem Schlaf nach Vollrausch.
Diese Ambivalenz in seinem Verhalten dürfe auf seine Sucht zurückzuführen sein (nehme ich an).
Aber das Fazit aus der Geschichte, kann ich heute sagen war, dass ich mich nicht in ihn verliebt hatte, sondern in das, was er mir anfangs zu geben bereit war, emotional gesehen.
Vielleicht ist es bei Dir ähnlich gelagert?
Liebe Grüße
Reinfriede