Hi ChrisTina!
seh ich anders - ein "verzeih mir" verlangt etwas von mir - was auch immer
ich muss etwas tun - dafür, dass mich ein anderer vorher verletzt hatte
er will meine absolution - im endeffekt sind wir wieder dort - ich soll sein verhalten ent.schuldigen - ich soll ihm verzeihen
dem gegenüber ist ein "es tut mir leid" - ohne anschliessender forderung - eine feststellung, die möglicherweise sogar aus dem herzen kommt - wenns ehrlich gemeint ist - und sie verlangt von dem, der vorher verletzt wurde - nicht jetzt auch noch eine aktive handlung
Das sehe ich nicht ganz so.
Erstmal gehe ich davon aus, dass ein Mensch das tut was er eben tut, weil er es in dem Moment richtig findet.
Wie kommt es dann dazu, dass eine Entschuldigung gefordert wird? Offenbar ist da doch ein Konflikt entstanden, indem das was der eine Mensch richtig findet, dem anderen Menschen nicht gefällt, bzw. dessen Erwartungen nicht erfüllt.
Dann gäbe es die Möglichkeit, darüber zu reden und sich zu erklären - nämlich warum man das tut was man tut, oder warum einem das nicht gefällt. Mit dem Ergebnis, sich besser zu verstehen.
Oder es gibt die Möglichkeit, eine Entschuldigung zu fordern. Entschuldigen muss jemand sich aber nur dann, wenn man ihn bereits schuldig gesprochen hat. Man hat also nicht nur Erwartungen an den anderen, sondern man hat sich auch die Macht und das Recht genommen, den anderen
schuldig zu sprechen, sofern er diese Erwartungen nicht erfüllt. Man hat den anderen Menschen seiner Souveränität beraubt - er darf nicht mehr das tun was er selber für richtig hält, sondern er muss das tun was man von ihm erwartet, und muss befürchten
schuldig zu sein falls es ihm dabei nicht gelingt die gestellten Ansprüche zu erfüllen.
Zu verdeutlichen "
wenn du nicht das tust was ich will, dann bin ich verletzt und du bist schuld daran" ist ein Machtinstrument, eine Art der Erpressung.
Und dann schlimmer noch - wenn ein Mensch darum bittet, entschuldigt zu werden, dann hat er ja die Kröte offensichtlich bereits geschluckt, hat sich selbst aufgegeben und sich in die Fremdbestimmung gefügt, hat akzeptiert dass der Andere Macht über ihn ausübt und sich das Recht nimmt ihn
schuldig zu sprechen falls er dessen Ansprüche nicht erfüllt!
Bevor jemand um Entschuldigung bittet, muss man ihn erstmal schuldig gesprochen haben, muss man ihm klargemacht haben dass er, so wie er ist,
nicht okay ist - dass er nur dann okay ist, wenn er die fremden Erwartungen erfüllt. Man muss, kurzum, Macht über ihn ausüben.
ein "verzeih mir" verlangt etwas von mir - was auch immer
ich muss etwas tun - dafür, dass mich ein anderer vorher verletzt hatte
er will meine absolution
Richtig, du musst etwas tun - und zwar dafür dass du vom Anderen forderst dass er deine Erwartungen erfüllt, und das Recht beanspruchst verletzt zu sein wenn er das nicht tut. Dass du überhaupt Absolution erteilen
kannst bedeutet dass der Andere dir unterworfen ist und du Macht über ihn hast - dass er nicht das tun darf was er will sondern das tun muss was du erwartest - und im Falle des Mißlingens schuldig ist und der Absolution bedarf.
Es ist der Preis der Macht, dass man sie auch ausfüllen muss: wenn man dem anderen schon seine Souveränität nimmt, dann darf man ihm auch die Absolution nicht verweigern.
Überhaupt, wenn ich mir das so überlege - dann sind Entschuldigungen doch eigentlich soetwas wie eine Währung, mit der Beziehungen gehandelt werden die auf Machtspielchen beruhen...