Kraft-los

Hallo Pisces,

welche Erleichterung! Das ist schön zu hören.

Ich erlebe gerade am eigenen Leibe, wie erschöpfend das ist. Lass dich mal virtuell drücken *drück*.

Weiterhin viel Erfolg.

AL Hortensie
 
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Hallo Ihr Lieben,

ein paar Tage habe ich schon daran gedacht, ein Update zu schreiben, nun ist es soweit.

Am 11.01.2019 bin ich nach acht Wochen aus der Tageklinik entlassen worden. Arbeitsfähig und anderthalb Wochen, bevor mein Krankengeldanspruch erloschen wäre.

Der Aufenthalt war schon ziemlich harter Tobak, weil man wirklich schonungslos mit den eigenen tiefen Themen konfrontiert wird und Lösungen dafür erarbeiten muss, und ich zudem mit der Gruppenkostellation über die meiste Zeit eine echt harte Nuss erwischt hatte.
Die eigentliche Arbeit fängt aber erst an, wenn man wieder zurück im Alltag angekommen ist.

Im Nachhinein behaupte ich, dass dieser Aufenthalt einen Durchbruch bewirkt hat, was einen Zugang zu meinen eigentlihen Problemen angeht und ich schon traurig darüber bin, nicht früher von der Klinik gewusst zu haben. Das hätte mir vermutlich mindstens ein halbes, wenn nicht noch mehr Leidenszeit erspart. Dass es dieses Behandlungskonzept überhaupt gibt, habe ich im September vergangenen Jahres nur zufällig erfahren, selbst mein Psychiater und meine Psychologin haben mir dazu keine Empfehlung geben können.

Und - währed meines Aufenthaltes haben sich ein paar nicht psychisch bedinge, gesundheitliche Themen gezeigt, die mich seit langer Zeit begleiten. Diese Themen habe ich in der Vergangenheit immer und immer wieder bei verschiedensten Ärzten adressiert und abklären lassen wollen, bin damit aber nicht wirklich weitergekommen. Es ist halt einfacher, alles auf eine depressive Episode zu schieben, als wirklich gründlich zu forschen. Immerhin sind diese Diagnosen jetzt endlich einmal aktenkundig und dokumentiert worden und ich konnte weiterführende Schritte angehen, was sich letztenendes aber über ein Dreivierteljahr hinziehen wird, da ich auf Termine bei Fachärzten monatelang warten muss und sich die Diagnostik dann auch nicht mit ein bis zwei Terminen hertstellen lässt.

Da ich mindestens noch ein halbes Jahr benötigen werde, bis alles abgeklärt ist und ich nach einer so langen Zeit ohne Tätigkeit noch nicht wieder voll und schon überhaupte nicht mehr in mein altes Tätigkeitsfeld einsteigen kann, habe ich mir einen Minijob gesucht, um zum einen etwas Geld dazuzuverdienen und mich zum anderen eigeninitiativ wieder einzugliedern. Würde ich das der Arbeitsagentur überlassen, wäre das eher ein Weg in eine Erwerbsminderung.

Das gesamte System läuft leider im Moment nicht rund, sondern hoprig, ob es sich um Probleme bei der Anerkennung meiner Ansprüche bei der Arbeitsagentur handelt, oder um den Nebenjob, der an sich sehr gut ist und Spass macht, aber ein paar schwierige Mitarbeiterbeziehungen und viel Streß bedeutet.

Ich bin halt nicht mehr jung, habe Probleme mit Multitasking und muss mir Routinen erst wieder erarbeiten, was nicht jeder nachvollziehen kann. Ich bin zudem in meinem beruflichen Selbstvertrauen arg belastet, was ich immer wieder aufs neue feststellen muss. Dazu kommt, dass es meinen früheren Job so nicht mehr gibt, heisst, ich muss mich komplett neu orientieren. Vermutlich werde ich nicht einmal mehr die Hälfte von meinem früheren Einkommen erwirtschaften, wobei meine Gesundheit jetzt und in Zukunft absolute Priorität haben muss. Das alles, sowie die gesundheitlichen Einschränkungen setzen mir im Moment zu, es fühlt sich so an, als würde ich auf allen Ebenen kämpfen müssen. Mittlerweile nehme ich viele Dinge und auch mein Verhalten komplett anders war, und sehe viele Zusammenhänge.

Entscheidend ist, meine Grenzen zu wahren und selbstschädigendes Verhalten und Scham in Selbstfürsorge zu verwandeln, das fällt mir manchmal noch schwer. Immerhin habe ich mittlerweile meine Körpergewicht etwas reduzieren können und fühle mich im wahrsten Sinne des Wortes erleichtert. Es ist noch ein weiter Weg, ein gesundes Essverhalten einzuüben, aber ich möchte ihn gern weitergehen.

Eine Gewichtsrduktion verläuft nicht linear und die Verhaltensänderung muss einfach eingeübt werden. Und meine Esstörungen sind seit meiner Grundschulzeit vorhanden, so dass mich das Thema mein Leben lang begleiten wird.

Früher war ich sehr ungeduldig, wobei sich meine Probleme nie durch ein geringeres Körpergewicht lösen liessen. Immerhin gebe ich mir jetzt die Zeit dich ich für meine Rekonvaleszenz benötige.

Ich wünsche Euch ein schönes Wochenende.

P.
 
Hallo Pisces,
schön das du wieder im Alltag angekommen bist. :)

Was ist das für ein Behandlungskonzept? Und warum ist es so unbekannt? Ist es neu? Auf alle Fälle klingt es interessant, was du schreibst.

Das mit dem gesunden Essverhalten ist echt nicht leicht. Es gilt ja dauerhaft etwas umzustellen und der innere Schweinehund ist sehr darauf bedacht, dass alles beim Alten bleibt. Ich erlebe das gerade selbst :confused:

Ich denke du bist auf einem guten Weg. Wie sagt meine Psychologin immer so schön: bemerken, hinsehen, bearbeiten. Sein Sie froh, dass sie das merken! Das ist schon mal ein Anfang.

Ich wünsche dir eine schöne Woche. Du wirst das schaffen. Nimm dir die Zeit, die du brauchst.

AL Hortensie
 
Liebe Hortensie,

das stimmt, bemerken, hinsehen, erkennen! Das ist echt schwer, ich habe gemerkt, dass ich überhaupt nicht so bin, wie ich dachte. Irgendwie fühlt es sich an, als wäre der gesamte Weg bis jetzt komplett falsch gewesen. Im Alltag bin ich leider noch lange nicht wieder angekommen, das hieße, einer regelmäßigen Arbeit nachzugehen. Das wird vermutlich so schnell nichts werden, irgendwie fühlt es sich an, als hätte ich meinen Beruf verloren und die Welt da draußen verlangt etwas von mir, das ich nicht mehr aufbringen kann.

Der Gedanke lässt mich schon wieder schlecht und ungenügend erscheinen, und ich merke in der Zusammenarbeit mit meinen neuen Kollegen, wie anders ich eigentlich bin. Und das Gefühl und Erleben von Anderssein, das sich nicht integrieren können, nicht dazuzugehören und nicht mithalten zu können ist immer schon eines meiner größten Probleme gewesen. Und eine Ursache dafür, alles dranzusetzen, dass andere mich sehen und anerkennen. Bis zur Selbstaufgabe.

Ich erlebe das gerade als einen sehr schmerzhaften und anstrengenden Prozess und werde wieder und wieder mit meinen eigenen Grenzen konfrontiert. Heisst, ich bemerke und sehe hin und erkenne, nur das ist das eine, den Lösungsprozess einzuleiten fällt unendlich schwer.


 
Was ist das für ein Behandlungskonzept? Und warum ist es so unbekannt? Ist es neu?
eigentlich ist das Konzept nicht neu, sondern folgt den Richtlinien einer gesunden Ernährung lt. DGE www.dge.de
ich habe eine Pyramide mit Portionen und Vorgaben zu Portionsgrößen und Umfängen unterschiedlicher Lebensmittelkategorien nach der ich meine Ernährung ausrichte und die ich täglich abstreiche.

Im Moment bin ich auch nicht gut darin und mein Gewicht stagniert seit Wochen. In der Klinik hatte ich richtig Unterricht in Ernährung und mehrere Kontrolltermine, im Moment habe ich den Termin nur noch einmal pro Monat im Adipositaszentrum der Uniklinik. Und soll zusätzlich noch meine Kalorien überprüfen, was ich irgendwie nicht hinbekomme.

Für mich als ADHS-lerin besteht die allergrößte Hürde an der Verhaltensänderung nämlich darin, eine Strukturen aufzubauen und einzuhalten, richtig und vorausschauend zu planen und es entsprechend umzusetzen. Deshalb wünsche ich mir so sehr einen geregelten Alltag, das würde helfen!

Und das Essen hatte eine kompensatorische Funktion, heisst, ich habe damit meige gesamten als negativ empfundene Gefühle kompensiert. Das hat mir geholfen, durchzuhalten, wenn ich über meine Grenzen gehen musste. Das steht nun nicht mehr zur Verfügung und den Verlust muss ich auch erst einmal durch anderes ersetzen. Darin bin ich auch nicht gut.

Die Ernährungsweise hilft allerdings super darin, Heißhungeranfälle zu reduzieren und auf Portionsgrößen und die Zusammensetzung der Mahlzeiten zu achten. Trotzdem bin und bleibe ich eine impulsive Esserin, sprich - ich habe nicht so oft Lust, zu kochen und kehre lieber spontan irgendwo außerhab ein.

Was will ich erwarten, habe das fast 52 Jahre eingeübt und kann das nicht innerhalb eines halben Jahres verändern. Du hast Recht, ich muss mir die Zeit nehmen, die ich brauche, auch, wenn das einen erheblichen Verlust an finanziellen Mitteln bzw. Einkommen bedeutet. Meine Gesundheit geht vor.

VLG
P.
 
Ohhh, lass dich mal virtuell drücken. *megadickerknuddler*

Siehst du, das hast du schon mal richtig erkannt - du hast so viele Jahre dafür gebraucht und das dauert, ist ja bei mir genauso. Ich kann mir also vage vorstellen, wie du dich fühlst. Und ganz wichtig, bei Stress (wie ich meine bei seelischem besonders) funktioniert abnehmen gar nicht.

Mir hat geholfen, dass ich wusste, dass ich alles essen darf. Nur in Maßen. Also in jeder Mahlzeit möglichst alle Komponenten süß salzig und nur 3 x am Tag. Leider mache ich das zu Zeit auch nicht - ich liebe doch Creme und Torten :cool: und mein Körper will das gerade mal. :whistle: Essen gehen kannst du ja - kein Problem. Langsam - bewusst- und möglichst gesund. Der Körper gewöhnt sich dran. Bei mir war es so, dass ich nach den vielen Rückschlägen wieder in mein altes Essmuster gefallen bin. Ich bin gerade dabei es wieder zu richten. Ich koche jetzt auch nicht so liebend gerne :ROFLMAO:

Ich kenne das auch, bis zur Selbstaufgabe anpassen....allerdings habe ich das nur in meiner Beziehung zum Partner. Sonst mache ich das nicht. Auch nicht bei der Arbeit. Trotzdem kann dein Weg nicht falsch gewesen sein. Du wärst vielleicht lieber einen anderen gegangen. Bist du aber nicht. Gräm dich nicht. Du kannst das nicht ändern. Du kannst nur, wenn du es jetzt anders denkst, einen anderen Weg einschlagen.

Ich weiß es ist beruhigend genügend Geld zu haben. Ich bin ja auch wieder in der Situation, wenn ich geschieden bin, weiß ich auch nicht genau, wie das bei mir läuft. Ich habe ein wenig Angst davor. Doch andererseits habe ich soviel Lebensgefühl wiederbekommen, so dass ich auch das überstehen werde. Bzw. dass es das Geld nicht auffangen kann.
Ich muss jetzt schon sehr viel rechnen, aber es ist machbar.

Ich muss sagen mit dem ADHS habe ich mich direkt angefreundet als ich es erfahren habe. Mir hat es einfach geholfen, dass ich es weiß. Das hat mir vieles erklärt und alleine das macht es mir plötzlich leichter.
Mein ganzes Leben hat plötzlich einen Sinn gemacht. Ich bin zwar megachaotisch, habe aber da tief drinnen eine Ordnung. Die erkennt zwar keiner außer mir, aber das ist schon okay. Zum ersten Mal in meinem Leben stört mich das, ich möchte dieses Chaos nicht mehr. Und langsam.....gaaaanz laaaaangsaaaam beginnt es sich aufzulösen.
Ich bin oft planlos, aber trotzdem ein Organisationstalent und zuverlässig und fast immer pünktlich. :LOL: Jetzt kann ich das auch annehmen, wenn mich jemand lobt. Früher habe ich immer gesagt: Das ist doch normal, dass macht doch jeder. Nein ist nicht so!

Vielleicht geht es mir auch besser, weil ich zum ersten Mal in meinem Leben nicht mehr angelogen werde, bzw. mir meine Sicht nicht mehr verdreht wird. Ich ich selbst sein kann. Das durfte ich nämlich nie. Ich war in den Augen anderer nie gut so wie ich bin. In letzter Zeit darf ich erfahren, dass ich doch gut bin. Ich denke in der Reha wirst du auch daran gearbeitet haben. (Falls du wissen möchtest, was ich alles gemacht habe und auch noch mache, schreibe ich es dir gerne per PN).

All das ist soooo anstrengend. Ich bin müde und könnte ständig schlafen. Das ist aber normal, weil so viel in mir/uns drinnen passiert. Soviel, was wir bewältigen und schon bewältigt haben. Eigentlich können wir stolz auf uns sein, was wir jetzt die letzten Jahre alles so geschafft haben, auf dem Weg zu uns; denn dieses Aufrechterhalten unseres Lebens hat uns so viel Anstrengung gekostet, dass es für mehrere Leben reicht. Da ist es doch normal, dass wir so ausgepowert sind.

Wenn es dann hinterher gut ist, so alt sind wir jetzt auch nicht. Unsere Lebenserwartung liegt bei 89 Jahren, wie ich gestern erfahren habe. :D

Du hast als Ausgleich alles in deinen Job gesteckt und ich habe mich hinter meinen Kindern versteckt. Jetzt müssen wir zu uns stehen mit allem was dazugehört und das sind wir nicht gewohnt. Die volle Verantwortung für uns selbst mit all unseren Schatten. Überleg mal, das machen doch die wenigsten. So gesehen sind wir schon echt weit.

Du hast den Vorteil, dass du keine Kinder damit reingezogen hast. Ich muss sehen, wie ich das wieder gutmachen kann. Es ist nie zu spät, das weiß ich jetzt. Die Depression zieht mich allerdings noch manchmal runter, aber mittlerweile schaffe ich es damit klar zu kommen.

Warum und wobei musst du mithalten bei deinen Kollegen? Und wie bist du anders? (Muss alles nicht öffentlich sein, oder auch gar nicht - wie du willst.)
 
Liebe Hortensie,

vielen Dank für Deinen Beitrag, das baut mich gerade wieder etwas auf :love:
Du hast als Ausgleich alles in deinen Job gesteckt und ich habe mich hinter meinen Kindern versteckt. Jetzt müssen wir zu uns stehen mit allem was dazugehört und das sind wir nicht gewohnt. Die volle Verantwortung für uns selbst mit all unseren Schatten. Überleg mal, das machen doch die wenigsten. So gesehen sind wir schon echt weit.
Das stimmt. Ich muss gleich um 17.00 Uhr anfangen zu arbeiten und habe wirklich etwas Angst davor, es nicht zu schaffen. Ich bin komplett verunsichert.

Theoretisch könnte ich das alles ganz locker nehmen, wenn es nicht passt, dann können wir uns wieder trennen und nichts ist schlimm, außer dass ich mir einen neuen Nebenjob suchen muss. Und - der Job ist eigentlich wirklich ein guter Nebenjob.

Da ist dann aber eine alte Scham, die aus den früheren immer wiederkehrenden Mobbingsituationen herrührt, es nicht zu schaffen, nicht dazuzugehören, anders zu sein und nicht mithalten zu können. Und dafür an den Pranger gestellt zu werden. Und das löst diese Angst und Verunsicherung aus. Obwohl ich gestern ein Vorstellungsgespräch hatte, bei einer Zeitarbeit und da dann wieder ganz souverän agieren konnte.

Und du hast Recht, das Abnehmen funktioniert unter dieser Voraussetzung leider wirklkich nicht.

Schreib' mir gern eine PN, das würde mich sehr freuen!

Liebe Grüße
P.
 
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Ach so - und meistens ist es leider so, dass wenn ich so ein komisches Bauchgefühl habe, das ganze auch auf tönernen Füßen steht. Meine Psychologin sagt mir immer, dass meine Alarmglocken eigentlich schon im richtigen Moment klingeln.

Ich habe panische Angst davor, dass ich entlassen werde.
 
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