AW: mein 60. Geburtstag ohne Tochter
Es ekel mich sogar vor der Frau.
Wie gut ich das verstehe - doch ich bleib trotzdem bei meiner Behauptung, dass du deiner Tochter nichts Gutes tust, wenn du weiter drauf bestehst "diese Frau" hassen zu müssen.
Das mitn Hass kommt jetzt von mir - keine Ahnung, ob dus in der Form irgendwo erwähnt hattest - ich kann das alles nachvollziehen - bei mir wars kein Dreier - das wär ja noch harmlos gewesen - und ich hab diesen Menschen jahrzehntelang gehasst - aber gebüsst hats unsere Tochter.
Sie hatte keine Eltern - sie konnte sich weder auf ihren Vater noch auf ihre Mutter "verlassen" - sie hing in der Luft - und sie strampelte sich nen Wolf - einerseits um die Aufmerksamkeit ihrer Eltern zu erhaschen - und andererseits irgendwo einen Hafen der Geborgenheit zu finden.
Bei meinen Eltern fand sie den leider auch nicht - da hatte ich ihn schon nicht gefunden gehabt. Und ihre Großeltern väterlicherseits waren beide zu dem Zeitpunkt schon gestorben.
Sie kämpfte sich durch - wurde zu einer starken Frau - aber sie konnte keine Liebe finden, weil sie es einfach nie kennen gelernt hatte.
Irgendwann schaffte sie es, wieder den Kontakt zu ihrem Vater her zu stellen - und fand in ihm einen Menschen, der jetzt reif genug ist, um ihr auch den Vater bieten zu können, den sie als Kind nie hatte.
Und irgendwann schaffte ich es dann, wieder einen Zugang zu ihr zu finden - und zwischenzeitlich hat sie endlich wieder "Eltern" - nicht, dass ich das Bedürfnis hätte, mit ihrem Vater jetzt die besten Freunde werden zu müssen.
Er lebt sein Leben - und ich meins - aber wir sind uns beide bewusst - zwischenzeitlich - egal, was vor 30 Jahren war - das, was zwischen uns war geht unsere Tochter nichts an - und hat auch nichts mit ihr zu tun - und damit, dass wir die einzigen leiblichen Eltern dieses unseres Kindes sind.
Also zumindest ist es mir bewusst geworden - mit ihm habe ich weiterhin keinen direkten Kontakt - es gab zwar noch nen heftigen Crash zur Jahrtausendwende - aber in dem Zug haben wir noch einiges klären können - und ich hasse ihn nicht mehr.
Mir war damals bewusst geworden - egal, was irgendwann war - es hat dazu beigetragen, dass ich heute der Mensch bin, der ich bin - all der Schmerz und das Leid - und auch der Hass - haben mich geformt und geprägt - und mich zu der gemacht, die ich heute bin.
Ich war durch mehrere Höllen gegangen im Laufe meines halben Jahrhunderts - aber ich möchte keine Sekunde davon missen - weil sie mich zu mir selbst geführt haben - ich kann heute zurück schauen und kann sagen - ja, das wars - das gehört alles zu mir - ich hatte es zugelassen, dass Dinge passierten, die ich nicht wirklich wollte - aber ich hab sie gebraucht, um daran zu wachsen.
Keine Frage - sowas geht nicht von heut auf morgen - aber vielleicht magst trotzdem drüber nachdenken - irgendwann - ich bin überzeugt davon, alles hat seinen Sinn - nur können wir ihn manchmal erst Jahrzehnte später erkennen.
Es ist mir auch bewusst, dass du das sicher (noch) nicht lesen magst - aber ich kann dir versprechen - du würdest auch deiner Tochter sehr helfen, wenn du dich von deinem Ekel be.freien könntest.
Deine Tochter merkt diesen Ekel - und bezieht ihn auf sich - wie meine Tochter meinen Hass auf ihren Vater auf sich bezogen hatte - wir können heute über alles reden - auch darüber, was ich ihr angetan hatte - und es ist zwischenzeitlich für beide ok - so - wie es ist.
Wir haben jetzt zwar Jahre gebraucht, um dort hin zu kommen, wo wir jetzt sind - aber es ist einfach etwas total wundervolles und schönes, was ich nicht mehr missen möchte.
Aber ich bin auch überzeugt - wären wir nicht beide durch diesen Schmerz gegangen, könnten wir es heute auch nicht so genießen, endlich diese neue Basis gefunden zu haben.
Ich bin überzeugt davon - auch du kannst es schaffen - wenn dus irgendwann in Erwägung ziehst, drüber ernsthaft nachdenken zu wollen - du kannst heute nicht mehr ändern, was damals geschehen ist - aber du kannst deine Einstellung dazu ver.ändern.
Und du bist es wert, ein glückliches und erfülltes Leben zu führen - mit deiner jetzigen Partnerin - und - mit deiner Tochter - doch deine Tochter bekommst du nur über deren Mutter - ohne dem gehts nicht - meine persönliche Erfahrung.
Es ist schwer - geb ich zu - es ist ungewohnt - aber es zahlt sich aus - gib deinen Herzen einen Ruck - kotz dich aus - real - und dann schau neutral auf deine Ex - gib ihr einen platz in deinem Herzen - kann ganz hinten im verstaubten Eckchen sein - aber ein Platz steht ihr zu - immerhin hast du mal was für sie empfunden - und sie bleibt weiterhin die Mutter deiner Tochter.
Wenn ich darf umarm ich dich mal und drück dich an meine Hexenbrust
ich weiß, es liegt ein schwerer Weg vor dir
aber die Belohnung zahlt sich aus
wennst dich drauf einlässt