Hi Johanne,
du bist super - dich mal umärmel & fest halte, damitst bissale Kraft tanken kannst.
Zur Pflegesituation schliesse ich mich den Fragen nach Hilfe an - bzw. stellt sich mir die Frage - warum es deine Mutter nicht in Anspruch nimmt - ich hab da ne Idee, aber erzähl einfach mal wieder eine "meiner" Geschichten.
Mein Vater war Extrembergsteiger, Kameramann und Expeditionsleiter auf zahlreichen Reisen - für ihn war "auf einem Berg sehen" das einzig wirklich Wahre. Dann bekam er keine Luft mehr - musste Sauerstoff nehmen - vor 5 Jahren ging er dann auch schon gar nicht mehr ausser Haus. So vegetierte er dahin - die ehemalige Schwiegertochter meiner Mutter versorgte ihn - gemeinsam mit einer polnischen Heimhelferin, die bei meiner Exschwägerin wohnte.
Dann hatte er nen Oberschenkelhalsbruch - mit knapp an die 90 eigentlich meist ein Todesurteil - vor allem bei seiner Aversion gegen Spitäler - er kletterte nächtens über das Gitter vom Bett - und erlitt einen zweiten Bruch - Diagnose = Pflegefall - Wahl - Heim oder 24-Stunden-Hilfe. Meine Mutter wal heillos überfordert - inkl. meiner ExSchwägerin - ich hab die Führung übernommen - hab meiner Mutter klipp und klar erklärt, sie könne es ganz sicher nicht - also müsse sie ent.scheiden, ob Heim oder 24-Stunden-Pflege.
Sie schloss Heim aus, weil das würde er nicht überleben - also hab ich 2 Wochen lang alles in Bewegung gesetzt, dass das eine Zimmer leer war für die 24-Stunden-Pflege - wir hatten auch sofort eine bekommen, weil "zu.fällig" ein Betreuungsfall im Ort verstorben ist, als wie die Diagnose erhielten - es wäre also alles super gewesen.
Er kam an einem Freitag Anfang Dezember vom Spital heim - die 14-Stunden-Hilfe hätte ab Mittwoch angefangen - die paar Tage hat meine ExSchwägerin gemeint, hält sie schon durch - mit vereinten Kräften der Heimhelferin. Ich muss dazu sagen, mein Vater war zu dem Zeitpunkt 1,90 m und wog über 100 kg - meine Mutter ist ca. 1,60 und wiegt knappe 50, wenns hoch kommt - und sie hat mehree Knie- und Hüftoperationen hinter ihr - alsokeine Chance, den Mann zu "heben".
Ok - er starb am Sonntag bevor die 24.Stunden-Hilfe angefangen hätte - weil er sah, dass seine Schätze in Sicherheit sind - und er "endlich" beruhigt "gehen" konnte. Aber das ist eine andere Geschichte - mir gehts um die Pflege. Als meine Mutter allein war, wars klar, dass sie sich sicher keine 24-Stunden-Pflege leisten kann - aber sie war noch recht rüstig und schaffte es mit Hilfe eben von Heimhelferinnen, die 2x täglich kamen.
Und es gab ja auch noch meine ExSchwägerin und deren Untermieterin - doch irgendwann wurde es ihr anscheinend doch auch zu viel - und sie erklärte meiner Mutter, dass sie ins Heim müsse - was diese dann auch folgsam tat. Heuer, Anfang Februar, hatte sie einen Schalganfall, war danach halbseitig gelähmt, konnte nicht schlucken, bekam eine Magensonde - ich übernahm die medizinische Sachwalterschaft für diesen Eingriff und dessen Folgen.
Sie hat sich wieder voll erholt - etwas merkt man noch, dass sie sich links schwer tut - sie kann mit der Hand nichts greifen, aber sie kann sie bewegen - und im Gesicht merkt mans nur am verstärkten Speichelfluss - sprich, sie sabbert bissale.
Worauf ich hinaus möchte - wenns nach meiner Mutter gegangen wäre, hätte sie sich weiter für meinen Vater "aufgeopfert" - hätte ihn gepflegt, obwohl sie dazu überhaupt nicht in der Lage gewesen wäre - aber das ist ihr Leben - meine Mutter ist eine Märtyrerin - aus ihrer Sicht - und wenn man ihr das nimmt, dann verliert ihr Leben jeglichen Sinn - sie braucht das - sie hat sich schon immer aufgeopfert - und sie wird es immer tun.
Ich weiß auch, was sie noch am Leben hält - sie will mit erleben, dass mein Haus mir gehört, dass der Kredit abbezahlt ist - deshalb lebt sie noch - und vegetiert genauso dahin, wie es mein Vater tat - ohne jeglichen echten Lebenswillen - aber sie will - wem auch immer - beweisen, dass sie etwas von dem wieder gut gemacht hat, was sie mir im Laufe meines Lebens angetan hat.
Wie das zusammen hängt? Ich bin auf ihrem Konto zeichnungsberechtigt - und ich bekomme die doppelten Pensionsauszahlungen - in normalen Monaten bleibt eh nix über, weil sie bekommt ja nur Taschengeld, die Pension geht ja sofort aufs Heim - und sie hat ein Einzelzimmer - von daher - gibts eben 2x im Jahr einen finanziellen Zuschuss - wobei das bisherige jetzt alles mal auf ein Sparbuch ging, damit ihr Begräbnis gesichert ist - ab nächstes Jahr bleibts dann wirklich für mich und mein Haus.
Und ja - sie wirds erleben, sie war schon immer zäh - und wenn sie was wollte, hat sies auch bekommen - ohne Rücksicht auf Verluste - war schon immer so - wird auch so bleiben. Nein, ich bewundere sie nicht - ich hasse sie - aber für mich wars trotzdem selbstverständlich, jeweils die Verantwortung zu übernehmen, die Sachen durch zu ziehen, die vom logischen Verstand her notwendig waren.
Dass sie im Heim ist, ist sie allerdings auch selbst schuld - ich hab sie mehrmals gefragt, ob das für sie ok sei - weil es war die Idee meiner ExSchwägerin - und sie hat das dann auch alles in die Wege geleitet - sie hatte sich allerdings verspekuliert, weil sie dachte, sie hätte dann auch die Verfügungsgewalt über das Konto meiner Mutter - sie hatte auch gleich mal die Bankomatkarte "übernommen", die hab ich dann aber schnell sperren lassen
Ich find das toll, dass du in diese Situation hinein gegangen bist - um dir selbst etwas zu beweisen - um dich deiner Thematik zu stellen - aber (m)eine Bitte - verlier dich nicht in nem Rettersyndrom - und wenn sich deine Mutter aufopfern möchte, dann lass sie - vielleicht braucht sie es, genau wie meine - aber du schau bitte auf dich - und auf deine Bedürfnisse.
Ja - einmal ist ok - aber häng dich da ja nicht zu sehr rein - was zwischen den beiden Frauen ist, ist deren Sache - bevor sie dich mit rein ziehen - triff deine EntScheidungen - klipp und klar - und wenn es bedeutet, dass deine Großmutter ins Heim muss - was solls - sie ist nicht die Einzige - du bist du - und der wichtigste Mensch in deinem Leben bist du - und danach kommt dein Mann - nicht deine Mutter.
Deine Mutter hat dich auf die Welt gebracht - ich weiß nicht, wie viel Liebe sie dir gegeben hat - aber du hast deswegen keine Verpflichtung, die über deine Grenzen geht. Nein, ich liebe meine Mutter nicht - hab das auch noch nie getan - gab ne Zeit, wo ich sie gehasst hatte - aber ich hab mich irgendwie arrangiert - und ich agiere, wie ich es bei jedem Verwandten tun würde.
Nächsten Samstag fahr ich mal wieder mit meiner Tochter zu ihr, weil sie wird 90 - als sie ins Heim kam kommunizierte mir meine Tochter, sie habe kein Verlangen, meine Mutter zu besuchen - ausser zu Weihnachten und zu ihrem Geburtstag - und sie sei froh, dass ich mich jetzt vom Finanziellen und Organisatorischen um meine Mutter "kümmere", weil dann braucht sie kein schlechtes Gewissen haben.
Und es ist für uns beide ok - meine Mutter würde uns sicher gern öfter sehen - ich fahre so alle 2 Wochen zu ihr, um Erlagscheine ab zu holen und eben die ganzen Bankgeschäfte und Besorgungen zu machen. Aber ich würd mich nie irgendwie "rein hängen" - ich hätte ne Alternative gesucht, wenn sie damals gesagt hätte, sie möchte nicht ins Heim - mir war auch klar, dass sie nicht wollte, aber wenn ich sie mehrmals frage und sie sagt, es sei für sie ok, dann muss sie damit leben - diese Härte habe ich ent.wickelt im Laufe der Jahrzehnte.
Achja - und wenn deine Mutter unbedingt ihr Leben opfern möchte, um deine Großmutter zu pflegen - dann ist das ihre EntScheidung - und du hast damit nichts zu tun. Du kannst sie dafür wertschätzen und bewundern - aber du brauchst es ihr nicht nach machen - ausser, du brauchst es unbedingt ;-)
Ich arbeite ja viel systemisch - und bin auch oft bei nem Kollegen immer wieder mal bei Aufstellungen dabei - und ich kann dir versichern - deine Ahnen möchten, dass es "gut weiter" geht - und dazu gehört eine intakte Beziehung - von dir - zu deinem Mann - oder zu einem anderen Partner - der Segen der Ahnen ruht auf dir - deine Mutter und Großmutter haben ihre EntScheidungen getroffen - die wollen sich selbst fertig machen.
Aber wenn du jetzt in ihre Fußstapfen trittst, dann "geht es nicht gut weiter" - dann "war alles umsonst" - aller Schmerz und alles Leid deiner Ahnen war umsonst, wenn auch du es dir nicht zugestehst, dein Leben zu leben - ein freud.volles und erfülltes Leben in einer intakten Beziehung. Darauf soltlest du dein Augenmerk richten - deinen Ahnen zu Ehren - und zu ihrem Andenken - das Beste aus deinem Leben zu machen, was dir möglich ist - dich zu ent.wickeln und ent.falten - und sie teilhaben lassen an deinem Glück.
Deine Mutter und Großmutter kann niemand mehr "retten" - die haben ihre Wahl getroffen und müssen damit leben - aber du hast dein Leben noch vor dir - du kannst noch etwas ganz Tolles draus machen- und liebevoll zu deinen Ahnen schauen - und ihnen sagen - auch euch zur Ehre und zum Andenken - ich mach was draus - ich geh meinen Weg.
Sorry, ist mal wieder länger geworden, aber ich befürchte, du willst da grad in ein Fahrwasser eintauchen, was dich letztendlich fertig macht und deine Beziehung komplett zerstört - und das ist es ganz sicher nicht wert.