Ein Psychiater hat mir das einmal folgendermaßen erklärt:
"Stellen Sie sich vor, Sie haben einen lieben Menschen verloren. Er ist gestorben. Sie sind in tiefer Trauer. Die Trauer verändert sich nun bei den meisten Menschen. Sie beginnen ihre Trauer zu verarbeiten. Irgendwann können Sie loslassen und kommen aus diesem (sprichwörtlichen) tiefen Tal der Trauer wieder heraus. Sie können ihre Trauer verarbeiten und verlassen dieses Tal.
Bei manchen Menschen ist das aber anders. Sie kommen nicht mehr heraus aus diesem angesprochenen Tal. Sie kämpfen darum und wollen heraus. Doch sie verharren in dieser Phase. Sie kommen nicht weiter."
Bei mir gab es einige Auslöser(einige Todesfälle in der Familie, familiäre Probleme und einiges anderes, über das ich hier nicht schreiben will).
Der Psychiater erklärte mir meine Depressionserkrankung mit dem Fehlen von Botenstoffen im Hirn, verursacht durch die Gemütslage oder so ähnlich. Er verschrieb mir Antidepressiva und eine Psychotherapie. Vorher untersuchte er mich gründlich auf körperliche Ursachen, die schließlich, wie schon hier beschrieben, auch ursächlich sein können.
Ich empfinde die damalige, akute Zeit, heute irgendwie wie eine Lähmung meines Geistes, meines Denkens und auch meines Körpers. Ich wollte morgens gutgelaunt aufstehen und den Tag meistern, schaffte es jedoch nicht. Ich war wie gelähmt, traurig, schlechtgelaunt und unendlich müde. Jede Bewegung tat mir weh, machte Mühe und quälte mich. Als hätte ich Blei in den Gelenken.
Alles machte mich fertig. Ich war innerlich immer traurig, hätte den ganzen Tag weinen mögen.
Mein Umfeld reagierte mit Unverständnis. Waren sie anfangs noch freundlich, wurden sie so nach und nach fordernder. Ich sollte mich mal "zusammenreißen" mich "aufraffen" nicht nur immer an mich selber denken. Alles sei doch gut. Ich wüsste gar nicht wie "gut" ich es hätte und wie dankbar(?) ich sein müsse...
Ein Freundin meinte, ich solle mich ehrenamtlich engagieren, dann würde ich auf andere Gedanken kommen. Ein Bekannter zwang mich spazieren zu gehen, die frische Luft täte mir gut und würde den "Muff aus meinem Kopf" herausholen.
In einem anderen Thread, du erinnerst dich vielleicht Sebastian, war ich sehr empört, weil dort zwei Leute schrieben (ganz typisch für das Unverständnis der Menschen im Umfeld von Depressiven) wie sie vorgingen um ihre Partner/Freunde aus ihren Depressionen zu "helfen".
Sowas macht mich immer sehr wütend. Du kannst niemanden mit Ratschlägen, wie ich sie beschrieb, aus ihrer Depression holen! Das geht nicht. Auch wenn die/der Depressive es wirklich schafft (unter Druck und Zwang) einen Spaziergang zu machen, wird es ihm nicht besser gehen. Auch wenn er sagt, es wäre der Fall. Er sagt das nur um seine Ruhe zu haben - vor dem Unverständnis des Freundes, der sich zwar ganz prima in sich selber hineinversetzen kann(ihm geht's nach einem Spaziergang ja schließlich auch immer super), doch in keinster Weise begriffen hat, das Depressionen sich nicht durch Zwang von außen heilen lassen. Ich würde laut loslachen, wenn das nicht so bescheuert wäre.
Ein depressiver Mensch ist nicht 'mies drauf', weil er mit dem "falschen Bein" aufgestanden ist, er ist krank, gemütskrank. Hilfe findet er, wenn er will - und bereit ist sie in Anspruch zu nehmen. Aber nur er selber entscheidet, ob und wann er so weit ist. Das hängt auch vom eigenen Leidensdruck ab. Bei mir war das jedenfalls so. Ich hatte lange Zeit gar nicht begriffen, was da in mir passierte.
Ich konnte mich damals selber nicht leiden und habe es meiner Umgebung sehr schwer gemacht. Bei mir äußerte sich die Krankheit durch die Stille, die von mir ausging und mich auch umgab. Ich konnte keinen Lärm mehr ertragen. Und ich wollte nicht mehr sprechen. Ich konnte nicht mehr lachen.
So war das bei mir. Bei anderen Menschen äußert sich diese Krankheit ganz anders.