LisaNono schrieb:
Wenn mein Mann sagt, dass es unsere Ehe nicht beeinflusst, dann meint er damit seine Sichtweise der Dinge. Der Einfluss ist doch ganz sichtbar, mir tut es weh, er weiss es und doch passiert es wieder. Wie passt es zusammen, dass ich sein ein und alles bin, er mit mir alt werden will, aber unterschieden wird zwischen Heim und draußen?
Liebe Lisa!
Weisst Du, das Problem dabei ist, dass Männer (nicht alle Männer) so "gestrickt" sind, dass sie viele Bereiche völlig voneinander abgrenzen können. Da gibt es die Familie - das ist eine eigene Welt. Der Beruf ist eine völlig andere Welt, der Freundeskreis - auch wieder eine eigene Welt. Alles hat scharfe Grenzen und fühlt sich total anders an. Bei den meisten Frauen allerdings sind diese Bereiche alle miteinander verwoben, weil Emotionen vordergründiger gelebt werden. Wenn ein Mann außer Haus geht, tritt er in eine andere Welt ein, zeigt oft ein völlig anderes Bild von sich als innerhalb der Familie.
Nun kommt es manchmal zu Überschneidungen dieser "Welten", wie Du in dem Beispiel von den Sätzen über die Telefonanrufe erwähnt hast. Da ist der Freundeskreis, vor dem man, der Welt des Freundeskreises entsprechend, "dastehen" möchte.
Dieses "Abgrenzen" der Beziehungswelten erklärt auch, warum ein Mann z.B. mit einer anderen Frau schlafen kann, OHNE dabei seine Familie gefährden zu können. Er befindet sich zu diesem Zeitpunkt eben nicht in der Welt der Familie, es hat das eine mit dem anderen (für ihn) nichts zu tun. Und wenn er abends zu seiner Frau sagt, er würde sie aufrichtig lieben, und sie wäre die Einzige für ihn - so meint er das auch so. In dieser Welt.
Wir Frauen haben damit massive Probleme, weil wie gesagt, bei uns alles vernetzt ist. Wenn wir uns mit einem anderen Mann unterhalten, denken wir dabei oft an die Familie, weil DIESE Welt immer bei uns ist....wir empfinden alles als EINE Welt....
Das ist jetzt bitte nicht allgemein-gültig, mir ist nur schon oft aufgefallen, dass es da offensichtlich zwei verschiedene Möglichkeiten gibt, "die Welt" zu sehen - und Männer das offensichtlich anders empfinden als Frauen.
Es gibt, mit vielen Nuancen dazwischen
, zwei Möglichkeiten, damit umzugehen:
Möglichkeit a): Du konzentrierst Dich auf DIE Welt, die Eure Beziehung betrifft. Wenn diese in Ordnung ist, dann sollte es ok sein. Bei "Überschneidungen" dieser Welten (wie das Bespiel mit den heruntergespielten Anrufen) wäre es sinnvoll, fließende Übergänge zu machen, d.h. diese Dinge müssten durchdiskutiert werden. Eine Möglichkeit, diesen Übergang für DICH zu finden, wäre z.B. gewesen, darauf mit einem wissenden Lächeln zu antworten: "Ja, ja, Schatz, immer nur wegen der Post....*grins*"
Möglichkeit b): Du stellst klar, wie er EURE Welt in den anderen Welten zu vertreten hat, damit Du damit klar kommst. Die Frage ist, ob er das kann. Das Verhalten eines Mannes ist, meistens bedingt durch die Erziehung, so konzipiert, dass er verschiedene Masken tragen muss, um Erfolg zu haben. Im Berufsleben gibt es Hierarchien, im (männlichen) Freundeskreis gibt es Hierarchien, da ist es relativ viel verlangt, da nicht "mitzumachen"....
Und, liebe Lisa, bei Deinem Beitrag wird immer wieder das Thema "Macht" angesprochen. Was ist für Dich "Macht" in einer Beziehung? Überleg Dir mal, welches Gefühl Du durch "Macht" ersetzt hast.....Ist dieses Gefühl der Ohn(e)macht oder der Macht durch Verletzung entstanden? Fehlt Deiner Meinung nach in Eurer Beziehung der "faire Ausgleich"? Hast Du das Gefühl, dass Du, wenn Du Dir eine Waage vorstellst, ganz oben sitzt und er ganz unten (was Schuld betrifft)?
Es ist oft so, dass eine Verletzung nur dann geheilt werden kann, wenn man selbst in der Rolle des Täters steckt und damit den Partner besser verstehen kann, diese Gefühle nachvollziehen kann.
Ein etwas unkonventioneller Vorschlag (@alle bitte jetzt nicht prügeln...): Wie wäre es, wenn Du etwas "Verbotenes" tust, einfach so? Einfach mal mit einem anderen Mann Händchen-Halten (fällt schwer, ich weiß, Frau-Sein ist manchmal mühsam
), einfach nur, um (für Dich) einen Ausgleich zu schaffen? Mit dem Gefühl, dem anderen auch etwas "schuldig" zu sein, kommt eine Partnerschaft oft wieder auf eine ausgeglichene Basis.
Oder, wenn Du das nicht willst, Dir einfach diese Situation gedanklich herzuholen, zu genießen und zu sehen, wie es Dir danach geht?
Liebe Grüße
Reinfriede