Liebe Clara!
Ich bin nur selten hier, allerdings möchte ich in diesem Thread etwas dazuschreiben.
Und zwar etwas Prinzipielles, von dem ich glaube, dass es hier hakt in der Definition.
Das Thema Schuld ist der Punkt, warum es hier so viele Missverständnisse geben kann.
Wenn man das Word Schuld durch das Wort Trauma oder Verletzung oder auch Konflikt ersetzt, dann wird es vielleicht klarer, worum es bei dieser Grundhaltung, dass die Körperzellen Ausdruck des Inneren sind, eigentlich geht.
Ich möchte ein Beispiel aus einem der Bücher von Prof. Dr. Rommelfanger anführen, das diese biochemischen Prozesse meiner Meinung nach sehr gut erklärt.
Das momentan in den Medien verteufelte Cholesterin ist ein Fett, das zum größten Prozentsatz von der eigenen Leber hergestellt wird (die Zufuhr über die Nahrung ist in Wahrheit marginal). Jede Körperzelle hat eine Hülle, die sie von der anderen Körperzelle abgrenzt, diese Hülle besteht aus Cholesterin.
D.h. Cholesterin ist ein lebenswichtiger Baustoff im Körper.
Wenn man sich nun in den Finger schneidet, dann produziert die Leber auf Hochtouren Cholesterin, um einerseits für die Reparatur der Zellen und andererseits für die Bildung neuer Zellen als Ersatz genügend Zellwände aufbauen zu können.
Es gibt jedoch ein Phänomen:
In
Erwartung einer Verletzung beginnt die Leber bereits Cholesterin zu produzieren. Das heißt, wenn in Urzeiten der Säbelzahntiger vor einem gestanden ist, lief bereits die Cholesterinproduktion an, um die zu erwartenden Schäden schnellstmöglichst wieder erfolgreich reparieren zu können - das ist ein Überlebensprogramm im Körper, das einfach genial ist und perfekt funktioniert.
Diese Phänomene haben biologisch einen Sinn, nämlich den, das Überleben zu sichern.
Viele Prozesse im Körper laufen präventiv ab, d.h. die Produktion beginnt noch VOR einem Ereignis.
Nun fragt man sich, wenn man sich das Beispiel mit dem Säbelzahntiger ansieht, wie bzw. auf welchem Weg das eigentlich funktioniert - die Leber selbst kann den Säbelzahntiger ja nicht sehen.
Trotzdem produziert sie sofort.
Es funktioniert mittels neuronaler Botenstoffe. Die Angst, die entsteht, wenn der Säbelzahntiger gesichtet wird, löst eine chemische Reaktion im Körper aus, die diese Hormone in Nullzeit auf die Reise schickt um der Leber den Befehl zu geben: Alarm-Produktion von Cholesterin beginnen.
Auch ein Blinder würde genauso reagieren, wenn man ihm z.B. sagen würde, dass Gefahr besteht. Es sind nicht die Augen, die diesen Befehl weitergeben, sondern:
Einzig und allein das Gefühl.
Die Angst löst diesen biochemischen Prozess in einem Bruchteil von Sekunden aus.
Gefühle, starke Gefühle steuern die Körperprozesse.
Dafür gibt es etliche Beispiele, die sicher jeder vielleicht schon einmal an sich selbst beobachten konnte:
Wenn man sich ärgert oder zeitlich unter Druck gerät, steigt der Blutdruck. Oder der Herzschlag wird schneller.
Bei starker Angst arbeitet die Verdauung plötzlich auf Hochtouren.
Gewisse Probleme zu wälzen kann nicht nur sprichwörtlich gesehen Magenschmerzen verursachen, etc.
Gefühle sind nichts, was außerhalb von uns ist, sondern sind mittendrin, direkt beteiligt an der Steuerung von Körperprozessen.
Besonders starke bzw. prägende Gefühle entstehen bei Schocks oder Traumata. Sie lösen im Körper auch die dementsprechenden Prozesse aus, die eben damit sehr tiefgreifend sein können.
Um zu verstehen, was der Körper damit bezweckt, müsste man zurück in die Entwicklungsgeschichte gehen.
Prinzipiell macht der Körper nichts, was uns schadet - im Gegenteil, alles was diese Steuerung tut, sind Versuche, geniale Versuche, uns das Überleben zu sichern.
Wir heute leben - wenn man das mit den Urzeiten der Evolution vergleicht - jedoch
zeitversetzter als damals.
Nehmen wir wieder das Beispiel mit dem Cholesterin:
In Urzeiten gab es genau zwei Möglichkeiten: Der Mensch, der dem Säbelzahntiger gegenüberstand, wurde
a) gefressen oder
b) nicht gefressen, weil er flüchten konnte.
Bei der glückreichen Variante b) wurde das Cholesterin, das durch die Angst gebildet wurde, auch wieder verbraucht vom Körper, die Wunden heilten, die Zellen erhielten ihre Zellwände aus dem nun im Übermaß vorhandenen Cholesterin und der Spiegel sank wieder auf ein normales Maß.
Unser Körper funktioniert heute noch genauso - nur gibt es keine Säbelzahntiger mehr.
"Unsere" Säbelzahntiger heute haben andere Gestalten:
Vorgesetzte, die uns die Existenz kosten können (Jobverlust), aggressive Nachbarn, Verwandte, die in ihren Aussagen immer wieder verletzend sind, u.v.m.
Es ist die
Angst vor einer Verletzung, die die biochemischen Prozesse auslöst - gestern wie heute. Auch wenn sich die Umstände, in denen wir inzwischen leben, verändert haben - unsere Körper reagieren auch heute noch genauso wie in Urzeiten - Gefühle steuern die Zellen.
Wie gesagt, die Leber hat keine Augen - sie reagiert einzig und allein auf diese Angst, dass wir eine Verletzung erwarten. Auf der Hut sind vor diesem Gegenüber, Angst haben, angegriffen zu werden - nicht mit Zähnen, sondern mit Handlungen oder Worten.
Der biochemische Prozess ist genau derselbe - ob es der Säbelzahntiger ist oder der Partner, der gerade verletzt.
Ich schrieb vorhin, dass wir heute zeitversetzter leben als damals. Wir sind in Situationen, in denen wir eben nicht nur Variante a) gefressen werden oder b) nicht gefressen werden haben, sondern eine Vielzahl an Möglichkeiten, weil unser Leben heute wesentlich komplexer abläuft.
Im Job haben wir den Vorgesetzten, der uns dauernd runtermachen/verletzen kann, weil er die Macht dazu hat - wir können schlecht ausweichen, weil wir eine Familie zu versorgen haben, keinen Jobverlust riskieren wollen und und und... wir können nicht "flüchten", um uns in Sicherheit zu bringen, wir bleiben.
Wir haben diese direkten Ergebnisse nicht (mehr), der Überlebenskampf hat sich auf eine andere Ebene verlagert - mit dem Ergebnis, dass unsere chemischen Prozesse lange, sehr lange dauern. Und mit dem fatalen Ergebnis, dass diese geniale Überlebensstrategie letztendlich Schäden anrichtet, weil sie vom Körper nicht mehr sinnvoll eingesetzt werden kann.
Die Verletzungen werden oft über Jahre oder Jahrzehnte "ertragen", die direkte Konfrontation wie in Urzeiten gibt es kaum noch.
Und was passiert im Körper?
Richtig, das Cholesterin wird produziert, produziert - nur werden keine Reparaturmittel benötigt, weil keine Schnitt- oder Bisswunden erfolgen. Der Cholesterinspiegel steigt und baut sich nicht mehr ab.
Das war jetzt ein langes Beispiel - ich hoffe, es kommt rüber, wie das mit dem Thema "Schuld" zusammenhängt.
Man ist nicht "schuld", wenn man krank wird.
Die Gefühle, die eigenen Gefühle jedoch verursachen Prozesse im Körper, die (in heutiger Zeit) als Krankheit definiert werden müssen.
Das, was früher eine Überlebensstrategie darstellte, die genial funktionierte, wird heute aufgrund der veränderten Lebensweise zur Krankheit.
War jetzt ein langes Posting, ich weiß. Und in Wahrheit müssten es hunderte von langen Postings sein, um das wirklich gut und nachvollziehbar erklären zu können, das war jetzt nur ein Beispiel von vielen.
Ich verstehe und akzeptiere es, wenn jemand damit nicht konform gehen kann. Es ist nur meine Sicht der Dinge, die nicht für jeden gelten muss.
Liebe Grüße
Reinfriede