Karin schrieb:
Du hast mich (das ist schon Wochen her) einmal gefragt, wie sich die Endphase meiner Ehe angefühlt hat, oder so ähnlich war die Formulierung. Ich habe oft über deine Frage nachgedacht, und ich kann sie so einfach gar nicht beantworten. Ich weiß nur, dass das allerschlimmste für mich die
Passivität war, das Fremdbestimmtsein. Glücklich war ich schon lange nicht
mehr. Mein Mann grenzte mich zusehends aus seinem Leben aus - und ich ließ es zu. Aber ich bin voll in der Opferrolle aufgegangen, sie hat sich manifestiert, dank dem unglücksseligen Muster, das ich von meiner Mutter übernommen hatte. Ich bin nie bewusst auf den naheliegenden Gedanken gekommen, dass ich mich hätte ändern können. Meine gesamte Energie habe ich in Schuldzuweisungen gesteckt. Mein Mann war mein "Fels in der Brandung", und durch sein Abwenden von mir fiel ich in's Bodenlose. Er sagte, ganz zum Schluß, einmal zu mir "Du musst das Wort Liebe für dich neu definieren".
Er sagte auch, er könne es nicht ausschließen, dass er sich neu verlieben könne in mich, aber er würde eine andere Qualität der Beziehung suchen. Weiters sagte er, seine Trennung von mir hätte mit einer dritten Person nichts zu tun, es würde ausschliesslich um uns beide gehen. Damals (das war vor ca. 3 Jahren) habe ich überhaupt rein gar nichts kapiert. Mein Lebensentwurf war kaputt, mein Ego angegriffen und meine Seele verletzt.
Heute, nachdem ich tatsächlich einen enormen inneren Wandlungsprozess durchgemacht habe, (ohne die Trennung hätte das nie so stattgefunden),
muss ich sagen, dass mein Mann die weitaus ehrlicheren und tieferen Gefühle gehabt hat. Und aus seiner Sicht verstehe ich auch den Wunsch, sich von
mir zu trennen. Die wirklich hässliche Scheidung, die er inszeniert hatte, die war nicht in Ordnung, da hat mein Gerechtigkeitssinn rebelliert. Vor allem, weil
er sein jahrelanges Verhältnis vor Gericht abgestritten hat.
Bei einem Gerichtstermin hatte ich mal wieder (zu Anfang der Verhandlungen und gegen dem Rat meines Anwalts) zum Ausdruck gebracht, dass ich keine
Scheidung möchte. Die Richterin sagte "Egal, wie sehr Sie sich wehren, Sie
werden doch geschieden". Dieses Gefühl der absoluten Ohnmacht brachte mich schier um den Verstand. Ich hatte keine eigene Substanz, auf die ich
zurückgreifen konnte, und das war auch schlußendlich das Dilemma in meiner
Ehe. Ich zapfte permanent die Substanz meines Mannes an. Er hatte so viel
davon, dass er scheinbar jede Lebenssituation mühelos bewältigen konnte. Das äußerte sich bei mir in Neid und Sticheleien, ich glaube, ich war ein richtiger Energie-Räuber.
Wenn ich so die postings hier in diesem Thread und auch in anderen lese, dann fällt mir auf, dass jeder ganz bewusst einen Weg zu gehen bereit ist
und sich mit völliger Klarheit für eine Richtung entscheidet. Ich fühlte mich
lange ferngesteuert, handlungsunfähig, Schachmatt-gesetzt. Das Bewusstsein setzte erst ein, als ich so tief am Boden lag, dass ich eigentlich
nicht mehr leben wollte.
Trotz allem oder wegen allem, ich liebe meinen Ex-Mann immer noch, ich glaube sogar, mehr als zuvor und vorallem anders als vorher.
Jetzt habe ich nichts mehr zu verlieren, und ich kann Gefühle zulassen, auch wenn diese nicht erwidert werden.
Liebe Grüße,
Karin
meine absolute hochachtung vor deiner haltung und wie du all das beschreibst.
ich hab mich eingeklinkt in dieses geschehen und beziehe mich auf meine eigenen gefühle. ich sehe es so: du bist verletzt worden, und in diesem verletztwerden, in diesem entbehren-müssen, spürt man die intensität der gefühle am stärksten..... . und es ist verbunden mit einem sagenhaften, permanenten energieaufwand.
wenn man als reiter ein gestromtes pferd unter sich hat, das man immer zurückhalten muss, dann beschränkt sich ja auch alles auf diese "arbeit", und der reiter wird außerhalb dessen nichts wahrnehmen.
so wird es in deíner beziehung gewesen sein. wie hättest du dich selber betrachten können????
getrennt worden seid ihr in einer an intensität wahrscheinlich nicht zu übertreffenden zeit. diese gefühle trägst du noch immer in dir. er hat dich verletzt, du DACHTEST, ihn zu lieben, ansonsten könnte er dich nicht so berühren. aber war es wirklich so, dass du ihn geliebt hast??
ich dachte auch, meinen mann zu lieben, weil er etwas hervorruft, was andere, die nur lieb waren, nicht schafften.
wenn ich mir dann aber ansehe, WANN ich "geliebt" habe, dann fällt mir auf: immer nur dann, wenn ich verletzt wurde.
ich musste also VERLETZT werden, um mich zu spüren, und habe es der LIEBE zugeschrieben.
jetzt geht die geschichte weiter.
hätte mein mann mich verlassen in der zeit dieses "wegdrängens", dann hätte ich das gefühl, so wie du, meine große liebe verloren zu haben.
ginge es mir so wie dir, dass er mir sagt: "er könne nicht ausschließen, sich neu in mich zu verlieben, aber er würde eine andere qualität der beziehung suchen" dann würde ich alle hoffnung in die begebenheit setzen, ihn nach einer änderung meines ICHS wieder zurückzugewinnen.
dann ist die enttäuschung da: ich HABE mich verändert, und du bist noch immer nicht erreichbar für mich.....
SO. bei mir ist die sache im realen leben anders. mein mann hört auf, wegzutendieren, es gibt auch keine co-abhängigkeit mehr, die mich von mir selber ablenken könnte, weil es immer was anderes durchzustehen gibt, es könnte also für mich behaglich werden.
aber ich will ihn - so denke ich - jetzt nicht mehr.
ich hatte jetzt endlich zeit, gelegenheit, MICH zu betrachten, bin nicht dauernd fokussiert auf seine eskapaden. ich spüre keine verletzungen mehr (warum drängt es ihn immer nur weg.... ), ich spüre aber auch keine echte liebe mehr. denn ich kann jetzt ansehen: WAS hat er getan, damit es mir wirklich gut geht?? wie sehr hat er auf meine gefühle rücksicht genommen (es geht bei mir nicht um betrug mit anderen frauen, es geht um andere begebenheiten...).... . plötzlich sehe ich nicht mehr IHN, sondern ich sehe mich, und ich verurteile ihn fast..... . und ich frage mich: hab ich ihn jemals geliebt??
wenn ich gehe, dann ist die situation anders als bei dir. ich gehe nicht mitten im schmerz, den er mir zugefügt hat, sondern ich gehe, WEIL er mir schmerz zugefügt hat und sich auch jetzt nicht die mühe macht, etwas auszugleichen
irgendwo hab ich gelesen, es bedarf 6 ausgleichender positivaktionen, um eine negative auszulöschen.
erkennt du den unterschied?? ich habe die gelegenheit, innerhalb der ehe etwas zu erkennen!!! und somit kann ich mich über diese arbeit hinweg noch IN der ehe lösen. hättest du die gelegenheit gehabt, dann wäre es dir wahrscheinlich genauso gegangen. du wärst immer wacher und wacher geworden und hättest schlussendlich gesehen: wie war dieser mensch wirklich zu mir????
und wenn ich dich jetzt anschaue, wenn ich zum sinnbild gestromtes pferd zurückkomme: es ist, als würdest du jetzt die schuld bei dir selber suchen. ICH bin schuld, dass es so war, denn ich hab die zügel zu sehr angezogen. ich habe dem pferd zu wenig freiheiten gelassen. ich habe es zu wenig gepflegt.... vielleicht waren die stallungen nicht groß genug.
.....
jetzt hast du DICH verändert, einen riesen-freilaufstall gebaut, der stall steht offen, und du wartest.... .
auf ihn. und bist enttäuscht, weil er trotz der äußeren veränderung nicht kommt... .
hast du schon für ANDERE aufgemacht?????
:liebe1: chira