Spiritualität & Sexualität

Sexualität und Spiritualität?

  • Sex behindert die spirituelle Entwicklung, ist dem Geist abträglich

    Stimmen: 15 6,3%
  • Sexualität kann wundervolle, mystische Erlebnisse erfahrbar machen

    Stimmen: 140 58,3%
  • Weder noch, es ist einfach was es ist, nur nicht all zu wichtig nehmen

    Stimmen: 55 22,9%
  • Sonstiges

    Stimmen: 30 12,5%

  • Umfrageteilnehmer
    240
Übrigens, ist schon jemandem aufgefallen, dass diese von Lotusz zitierte Lehre direkt den Aussagen des Buddha widerspricht? Ich finde das sehr interessant.
 
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:)

Hallo Gerrit,

Die Wahrheit kann nicht sein, wo Leidenschaft ist

Brahmacharya - Sexuelle Enthaltsamkeit



ich finde Deine beiden Beiträge sehr interessant und auch richtig, mit einer Einschränkung.

Ich vergleiche es mal mit dem Vegetarismus. Vor Jahren beschloß ich kein Fleisch mehr zu essen. Ich habe es genau 14 Monate durchgehalten. Aber frag nicht wie schwer es mir fiel. Die Zunge hing mir bis zum Boden, wenn bei den Nachbarn gegrillt wurde. Ich habe von saftigen Steaks und Schweinebraten geträumt. Trotzdem gab es halt nur fleischlose Kost. Es war eine Quälerei.
Mir ist heute klar, es muß vom Kopf her kommen oder von innen, wie Du sagst.
Alles andere ist nichts wert.
Heute bin ich kurz davor, es nochmal zu versuchen.
Genauso ist es mit der sexuellen Enthaltsamkeit. Wenn die Zeit reif ist dafür, aber wohl in diesem Leben nicht mehr.

Gruß....................Juppi :)
 
Hallo Juppi

Das Kapitel Sexualität habe ich bereits abgehakt. Sie spielt in meinem Leben keine Rolle mehr und das empfinde ich als grosse Erleichterung. Es gibt wirklich wichtigeres, als wie ein räudiger Hund (entschuldige den Ausdruck) der Sinnlichkeit hinterher zu laufen. Wenn man erst mal frei ist von erotischen Phantasien und Wünschen, merkt man erst, wie blaß und oberflächlich die Sexualität ist und welchen falschen Illusionen man jahrelang hinterher gelaufen ist. Wäre ich nur schon viel früher zu dieser Einsicht gekommen.

Stell dir vor, Du würdest keine Angst, keine Wut, keine Trauer, keinen Hass usw. mehr kennen. Wäre es nicht wunderbar? So ähnlich ist es, wenn man frei ist von sexueller Bedrängnis. Und das, was ich eben beschrieben habe, mit der Angst usw., das ist dann der zweite Schritt auf der spirituellen Leiter. Aber der zweite Schritt kommt immer nach dem ersten. Und der zweite Schritt ist genau so schwer, wie der erste. Es ist ein ebenso harter Kampf. Ist der zweite Schritt getan, dann wird es leichter. Aber dann muss man sehr aufpassen, dass man nicht von der Leiter fällt.

Mit der fleischlosen Kost habe ich auch so meine Probleme. Meistens esse ich fleischlos. Aber hin und wieder esse ich Fleisch. Ich denke darüber nach, es zu reduzieren.

Alles Liebe. Gerrit
 
Lotusz LEHRE

fckw schrieb:
Übrigens, ist schon jemandem aufgefallen, dass diese von Lotusz zitierte Lehre direkt den Aussagen des Buddha widerspricht? Ich finde das sehr interessant.
sie widerspricht dem gesunden Menschenverstand; sie widerspricht den Bedürfnissen meines Körpers; ...wir könnten im selben Atemzug zu Essen aufhören (und auch zu Atmen; zu Lachen, uns zu Waschen) - da auch alles leidlich Kraftverschwendung.

Es gibt nur etwas, dem es eventuell Nicht widerspricht, die Enthaltsamkeit, nämlich Lotusz Wünschen, in genau DIESER EINEN Sekunde - - - das wäre dann sein selbstverständliches Recht, dem nachzugehen -> nämlich NICHT zu kopulieren. Aber an diese Entscheidung gelangt er auf seine Art gar nicht, ...weil er sich ja von vornherein vorgenommen hat, in den nächsten x1000 Jetzt-Momenten keinesfalls zu kopulieren.

Womit er sich Spontanität, Lebendigkeit und der Kraft des Augenblicks (und damit natürlich auch den dezenten Hinweisen Buddhas) völlig entzieht.
 
Lieber Gerrit :)

Ich habe mal eine Frage, die Du nicht beantworten musst hier im Forum, aber diese Frage drängt sich mir immer mehr und mehr auf...Warum hasst Du Deine Sexualität? Warum ist Sex ein 'Feind' für Dich? Nicht, dass ich nichts von der sexuellen Abstinenz halte und es für vollkommen falsch finde, im Gegenteil, für manche Menschen gibt es nur diesen Weg und der passt auch zu ihnen, aber der Unterschied zu Dir ist, dass sie Sex nicht hassen und nicht das Gefühl rüberbringen, dass sie sich das tagtäglich sagen müssen...

Trotzdem alles Liebe für Dich :)

LG, Octava :)
 
Augen schrieb:
sie widerspricht dem gesunden Menschenverstand; sie widerspricht den Bedürfnissen meines Körpers; ...wir könnten im selben Atemzug zu Essen aufhören (und auch zu Atmen; zu Lachen, uns zu Waschen) - da auch alles leidlich Kraftverschwendung.

Es gibt nur etwas, dem es eventuell Nicht widerspricht, die Enthaltsamkeit, nämlich Lotusz Wünschen, in genau DIESER EINEN Sekunde - - - das wäre dann sein selbstverständliches Recht, dem nachzugehen -> nämlich NICHT zu kopulieren. Aber an diese Entscheidung gelangt er auf seine Art gar nicht, ...weil er sich ja von vornherein vorgenommen hat, in den nächsten x1000 Jetzt-Momenten keinesfalls zu kopulieren.

Womit er sich Spontanität, Lebendigkeit und der Kraft des Augenblicks (und damit natürlich auch den dezenten Hinweisen Buddhas) völlig entzieht.
Und warum versuchen alle hier Lotusz von der Falschheit seiner Ansichten zu überzeugen?

Ich meinte übrigens v.a. die Aussagen Buddha's, nach denen der Mensch Mass halten soll in allen Belangen. Lotusz aber vertritt hier eine extreme Form der Abstinenz, ich empfinde das als Widerspruch zu Buddha's Lehre.
 
fckw schrieb:
Und warum versuchen alle hier Lotusz von der Falschheit seiner Ansichten zu überzeugen?
wir machen uns einfach Sorgen um Lotus'z Prostata.




Du etwa niiicht??
fckw schrieb:
Und warum versuchen alle hier Lotusz von der Falschheit seiner Ansichten zu überzeugen?
Naja, ich kann da nur für mich sprechen.
Ich bin innerlich nicht mit dem Thema zu Gange - sondern eigentlich frage ich mich, wie lange ein Mensch den gleichen Beitrag durchposten kann: "Ich habe wieder einen Yoga-Text gefunden, weil Ejakulieren spirituell schädlich ist."; und welche kleinen Phasenunterschiede sich dann doch ergeben, im Jahresablauf. Mich interessiert das Phänomen der Wiederholbarkeit. (und natürlich meine kleinen Gefühle dazu - die herumwandern, von Ärger über Unglauben, Überdruss, Erheiterung,... just watch)

Ich meinte übrigens v.a. die Aussagen Buddha's, nach denen der Mensch Mass halten soll in allen Belangen. Lotusz aber vertritt hier eine extreme Form der Abstinenz, ich empfinde das als Widerspruch zu Buddha's Lehre.
Ja eben. Und das ist so klar und eindeutig - nämlich, dass jeder, der rigoros eine definiert bestimmte Meinung über den gefühlten Jetzt-Moment hinaus vertritt, mit einer großen Wahrscheinlichkeit unrecht haben muss(!)

einfaches Beispiel: wenn heute der 20. des Monats ist - dann ist ziemlich wahrscheinlich morgen nicht wieder der 20.
Wenn ich jetzt trotzdem durchhalte mit meiner Wiederholung - so brauche ich mir nur knappe 30 Tage was vorzumachen (und es auch bei den anderen versuchen) - - ->dann habe ich wieder 'recht'. Es ist der 20. Es stimmt wieder.

Dann kann ich mir denken: Siehste, stimmt ja also dooch.
...dann gehts wieder von vorne los.

= Es ist die perfekte Strategie NIE im Jetzt-Moment zu sein. (nicht mal am 20.)
 
Buddha und Enthaltsamkeit

Hallo fckw

Ich meinte übrigens v.a. die Aussagen Buddha's, nach denen der Mensch Mass halten soll in allen Belangen. Lotusz aber vertritt hier eine extreme Form der Abstinenz, ich empfinde das als Widerspruch zu Buddha's Lehre.

Ich berufe mich eigentlich nicht auf Buddha, sondern eher auf die yogische und hinduistische Tradition, die schon lange vor Buddha bestand.

Aber auch Buddha hat nach dieser Tradition gelebt. Er lebte über 5 Jahre ein asketisches und enthaltsames Leben. Das führte allerdings dazu, dass Buddha nach diesen 5 Jahren fast verhungerte.

Bei thaipage.ch findet man dazu:

Nun waren schon fünf Jahre vergangen, und er war dem Tode schon fast nahe, da hörte er einen Fischer, der seinen Jungen erklärte, wie er die Laute richtig spielen kann. Der Fischer erklärte seinem Sohn "Wenn du die Saiten zuviel spannst, reissen sie. Sind sie aber zu locker, kannst du keine Musik machen. Also sorge immer für die richtige Spannung, nicht zu fest und nicht zu locker, und du kannst darauf spielen."

Dies war wohl der Anlass für Buddha, den Weg der goldenen Mitte zu entwickeln. Der Weg der goldenen Mitte bezieht sich aber wohl in erster Linie auf die Askese und nicht auf die Enthaltsamkeit.

Buddha selber lebte weiterhin enthaltsam. Dieses entnehme ich folgenden beiden Sätzen:

1. Er hatte es geschafft (der Versuchung des bösen Gottes Mara zu wiederstehen, der seine 3 Töchter zu Buddha schickte, um ihn in seiner Meditation zu stören) und er hatte nun die Erkenntnis, dass die Begierde, die Gewalt und die Unwissenheit die Ursache für alles Leid auf der Welt war.

2. So wurde ihm bewusst, dass nur derjenige ins ewige Nirvana eingehen kann, wer die Begierde, Gewalt und Unwissenheit Überwinden kann und somit auch das Leiden beenden kann.

Und bei pelikanon.com findet man:

Zu beachten ist, dass nur der Mönch geschlechtlich enthaltsam zu sein hat, der Laienanhänger aber sich von Ehebruch, Ausschweifung, Geschlechtsverkehr mit Minderjährigen fernhalten soll. Im übrigen wird geschlechtliche Enthaltsamkeit von jeher als unerläßlich für jeden höheren, geistigen Fortschritt angesehen.

Man muss beim Buddhismus genau so wie beim Hinduismus bzw. beim Yoga zwischen den normalen Menschen, die eventuell in ehelicher Gemeinschaft leben, und den Mönchen unterscheiden.

Und weiter findet man zur buddhistischen Sittlichkeitslehre bei pelikanon.com:

Im übrigen wird geschlechtliche Enthaltsamkeit von jeher als unerläßlich für jeden höheren, geistigen Fortschritt angesehen.

So leben auch heute noch die buddhistischen Mönche enthaltsam.

Alles Liebe. Gerrit
 
Buddha und Enthaltsamkeit 2

Noch deutlicher zu den Äusserungen Buddha's zur Enthaltsamkeit äussert sich der Theravada-Mönch Bhante H. Gunaratana in einem Interview.

Warum war dem Buddha das Zölibat so wichtig?

In der Tat ist das Zölibat unerläßlich für Menschen, die ein klösterliches Leben zu führen wünschen... denn letztlich können wir einzig und allein dadurch, daß wir uns von Habgier, Lust und Verlangen befreien, Befreiung vom Leiden finden.

Laien (also Nicht-Mönche) können bestimmte Stufen der Erleuchtung erreichen - wir nennen sie "Mitfließende" oder "Einmal-Wiederkehrende" - , bevor sie für sich selbst erkennen, daß sexuelle Aktivität unausweichlich Schwierigkeiten und Probleme mit sich bringt. Laien können sogar die dritte Stufe der Heiligkeit erreichen, wir nennen sie "Nie-Zurückkehrende". Aber sobald sie einmal diese Stufe erreicht haben, werden sie selbst aus ihrer eigenen Erkenntnis heraus entscheiden, daß eine Verstrickung in Sexualität den Fortschritt in ihrer spirituellen Praxis blockiert, und sobald sie das erkennen, werden sie ganz freiwillig aufhören, sexuell aktiv zu sein.

Frage: Könnten Sie etwas genauer beschreiben, warum Sexualität an sich transzendiert werden muß, damit Fortschritte auf dem spirituellen Weg gemacht werden können?

Antwort: Weil der Geist in Unordnung, getrübt und verwirrt ist, solange man sich damit beschäftigt, und weil man sich in Eifersucht, Furcht, Haß, Spannung usw. verstrickt - in all diesen Problemen, die aus der Lust entstehen.

Frage: Wurde in der Lehre des Buddha die Sexualität als von Grund auf negativ angesehen?

Antwort: Der Buddha lehrte, daß solange der Mensch sexuell aktiv ist, er kein Interesse an der Praxis des spirituellen Lebens hat; die beiden Dinge passen einfach nicht zueinander.

Aus Lust erwächst Furcht; aus Lust erwächst Habgier; aus Lust erwachsen Eifersucht, Zorn, Haß, Verwirrung und Kampf; all diese negativen Dinge erwachsen aus der Lust. Und deshalb sind all diese negativen Dinge in der Lust beinhaltet. Und, wissen Sie, wenn wir das sehen möchten, dann brauchen wir gar nicht weiter zu schauen als in unsere eigene Gesellschaft. Machen Sie nur die Augen auf und sehen Sie sich um. Wie viele Millionen Menschen kämpfen? Und das ist nur in ihrer Lust und Gier begründet - Ehemänner mit Ehefrauen; Freunde mit Freundinnen; Freunde mit Freunden; Freundinnen mit Freundinnen - usw., nicht wahr? Es macht keinen Unterschied, ob die Menschen heterosexuell, homosexuell oder bisexuell sind, das ist ganz egal. Solange du darin verstrickt bist, ist es unvermeidlich, daß du diese Probleme hast - Kampf, Enttäuschung, Zorn, Haß, Töten - all das ist damit verbunden.

Weil also der Buddha das Problem sah, das der Sexualität innewohnt, sagte er, daß es besser ist, die Sinne zu disziplinieren und zu kontrollieren, um ein ruhiges und friedvolles Leben zu haben. Aber das muß schrittweise erfolgen, langsam, begründet auf Verstehen, nicht unvermittelt. Es kann nicht erzwungen werden. Es muß allmählich geschehen und mit tiefem Verständnis.

Frage: Besonders in der heutigen Zeit würde das als ein sehr radikaler Standpunkt angesehen werden.

Antwort: Oh, sicher. Aber wissen Sie, nur wenn Menschen sich von diesen Dingen abwenden, nur wenn sie sich von dieser Art von Lehre fernhalten und räumlich und zeitlich Millionen von Meilen weit weg sind und sich dann umdrehen und auf die Wurzeln ihres Problems sehen, dann erscheint es radikal. Sie haben sich so lange abgewandt und in Raum und Zeit so weit entfernt, daß sie denken, wenn sie zurückschauen: "Um Himmels willen, wie kann ich das jetzt beseitigen? Ich habe mich so weit darauf eingelassen und ich bin jetzt darin so verstrickt." Deshalb erscheint es ihnen radikal. Klar ist es radikal!

Aus: "Das Leben des Buddha": "Irregeführter Mann, der du schon so weit weg bist, es wäre besser für dich, dein Glied würde in den Mund einer abscheulichen giftigen Viper eindringen als in eine Frau. Es wäre besser für dich, dein Glied würde in einen Haufen brennender, heißer und glühender Kohlen eindringen als in eine Frau. Warum ist das so? Im ersten Fall würdest du den Tod oder ein tödliches Leiden riskieren, aber du würdest nicht, wenn sich der Körper nach dem Tode auflöst, in einen Zustand von Elend wiedergeboren, in ein unglückliches Schicksal, in Verdammnis, vielleicht sogar in die Hölle."

Ich glaube, daraus erhält man einen recht deutlichen Eindruck davon, welche Einstellung der Buddha zur Sexualität hatte.

Sie wissen, daß der Buddha, wenn er vom Zölibat sprach, nicht nur vom Zölibat für Männer, sondern auch für Frauen sprach. Wenn er also zum Beispiel sagte, es sei besser, eine glühende Eisenkugel zu schlucken, als sexuell aktiv zu werden, dann gilt das auch für Frauen.

Der zweite Punkt ist, daß das Leben innerhalb der Familie mit einem Ehegatten usw. vom Buddha nicht verurteilt wurde; ein gesundes Sexualleben innerhalb der Ehe ist Laien gestattet, auch wenn es, wie ich schon sagte, niemals zu voller Erleuchtung führen kann.

Buddha sagte, ich übersetze aus dem Pali: "Egal, was du tust oder erlangst - du kannst in einer Höhle oder an einem abgeschiedenen Ort leben, und du magst alle Sutras auswendig gelernt haben; du magst ein gelehrter Redner sein; du magst auch Moral üben und so weiter und so fort - egal, was du sonst noch tun magst, solange du Lust, Haß und Unwissenheit nicht losgeworden bist, wirst du niemals Erleuchtung erlangen." Das lehrt der Buddha.

Alles Liebe. Gerrit
 
Aber auch Buddha hat nach dieser Tradition gelebt. Er lebte über 5 Jahre ein asketisches und enthaltsames Leben. Das führte allerdings dazu, dass Buddha nach diesen 5 Jahren fast verhungerte.

Nun ja, Buddha stellte fest, dass es nicht sein Weg war und hörte auf - so einfach ist das ;)

@Augen
Da stimme ich Dir zu...naja...nichts anderes schreibe ich hier, versuche auch keinen von seiner 'Falschheit' seines Weges zu 'überzeugen', würde ich mir nie anmaßen...allerdings würde ich mich nur noch 'wiederholen' ... :rolleyes:

Was mich persönlich so verwundert ist, dass ich zum ersten Mal erlebe, dass man auch den Buddhismus 'verunstalten' kann und ihn so drehen, wie man ihn gerne für sich hätte...ihn sozusagen wie den Islam oder das Christentum 'zurechtzupfen'...damit es wieder passt...

LG, Octava :)
 
No more Ingrid Bergman, no more Casablanca - Teil 1

No more Ingrid Bergman, no more Casablanca. von Carin Jungmann (von: pchomeservice.ch)

In dem folgenden intimen Bericht beschreibt eine Frau von heute, die im Zölibat lebt, ihre Entscheidung, der Sexualität für eine bestimmte Zeit zu entsagen, und ihre Entdeckung einer neuen befreienden Sichtweise in bezug auf die Möglichkeit wahrer Nähe zwischen Mann und Frau.

Vor zwei Jahren trat ich in das Zölibat ein. Endlich war es soweit. Es war etwas, was ich mir sehr gewünscht hatte und in das ich hineinging mit einer unerhörten Leidenschaft. Es kam dem Ende der Welt gleich, dem Ende meiner Geschichte und Identität als attraktive Frau. Statt dessen gab es nur noch eines jetzt: Freiheit. Wunderschöne, weite Unendlichkeit. Es war ein Rausch. Keine Romanze, keine stürmische und innige Beziehung, keine noch so warme Geborgenheit in den Armen eines Mannes - nichts kam meiner Erfahrung dieses Schrittes gleich. Es war das, wovor ich mich immer am meisten gefürchtet und was ich mir gleichzeitig am meisten gewünscht hatte: ich war allein. Ich rasierte meine Haare ab und verpflichtete mich zu einem Leben ohne sexuelle Aktivität. Entsagung. Kein Mann wird sich nach mir umdrehen. Auch die Illusion, daß es einen Märchenprinzen in der Zukunft gibt, war vorüber. Die Reise, die ich begann, führte in unbekanntes Gebiet, und ich würde nicht zurückkommen. Es gab mich nicht mehr in dieser Welt der Schönen, der Reichen und der Berühmten. Meine Eintrittskarte zu dieser Welt war mit meinen Haaren verschwunden. Die Entscheidung zum Zölibat kam nach reiflicher Überlegung und langer Betrachtung. Es war meine bewußte Wahl.

Vor kurzem, als wir aus dem Fenster hinaus auf zwei alte Nonnen in schwarzen Gewändern schauten, sagte ein nichtsahnender Arbeitskollege gedankenverloren: "Sieh mal, Nonnen! Das ist auch eine Sache der Vergangenheit." Er bemerkte nichts. Eigentlich ist mein Zölibat unauffällig, obwohl mit jedem Voll- und Neumond regelmäßig mein Kopf rasiert wird und alle sich neu formierenden Ansätze von Identität, von so etwas wie gutem Aussehen verschwinden. Aber es geschieht still, andächtig und mit zunehmender Selbstverständlichkeit. Zur Arbeit trage ich Hüte, Mützen, Kappen - immer etwas auf dem Kopf. Natürlich erregt das Neugierde, aber nach dem ersten Schock fällt es nicht mehr auf und scheint auch nicht weiter von Interesse zu sein. Anfänglich begegnen mir ungläubiges Kopfschütteln, ironisches Grinsen und schiere Sprachlosigkeit. Manchmal auch die ein oder andere verlegene Frage nach dem Grund. Manchmal entsteht ein Gespräch, meistens mit Frauen, die Parallelen sehen, sich gleichzeitig angezogen und abgestoßen fühlen. Ist es möglich, daß eine von uns sich dem Werteschema unserer Gesellschaft in bezug auf Frauen so absolut entzieht? Auf eine Weise entzieht, die unmißverständlich ist und persönlich eine große Standfestigkeit verlangt. Als Frau in unserer Gesellschaft keine Haare zu haben ist eine große Herausforderung. Schließlich besteht diese Welt, unser Denken, unsere Sehnsüchte aus Ideen über sexuelle Macht. Oder nicht?

"Hast du denn keine körperlichen Bedürfnisse? Ich könnte ja niemals ohne!" Das ist die am meisten geäußerte Meinung. Es ist schwierig für den modernen Mann oder die moderne Frau, sich ein Leben ohne sexuelle Aktivität vorzustellen. Unser Selbstwertgefühl steht und fällt mit unserem Empfinden über die eigene Attraktivität, mit deren Bestätigung und mit der Häufigkeit und Intensität körperlicher Befriedigung. Sexualität ist ein moderner Gott. Die Idee, wahre Erfüllung in romantischen und sexuellen Beziehungen zu finden, ist heute noch immer die mächtigste Versuchung und die größte Illusion.

Auch mein eigenes Leben war geprägt und getrieben von der Sehnsucht, tiefes Eins-Sein, überwältigendes Vertrauen und absolute Hingabe in Romanzen und sexuellen Abenteuern zu erfahren - und nie wieder zu verlieren. So sehr mich Zweifel daran auch plagten, konnte ich es schon als Teenager nicht erwarten, in die Welt der Erwachsenen vorzudringen, einen Freund zu haben, jemand zu sein, das Leben in mir sprudeln zu fühlen durch die Elektrizität romantischer und sexueller Gefühle. Humphrey Bogart und Ingrid Bergman in Casablanca sind zeitlose und dramatische Ikonen eines sich nicht erfüllenden Versprechens von ewiger, ekstatischer Glückseligkeit. Ihre Gesichter naß vom Regen in der Abschiedsszene. Sie weiß nicht, daß er bereits dazu entschlossen ist, ihre Liebe einer größeren Verantwortung zu opfern. Sie ist verliebt, in einem schwerelosen Taumel. Das ist alles, was sie zu wissen scheint und wissen will. Endlich haben die Liebenden wieder zusammengefunden, und die Welt erscheint ihr im Gleichgewicht, trotz aller Turbulenzen, die sie erfährt. Sie wird Victor Laszlo verlassen und mit Rick in eine ungewisse, aber berauschende Zukunft gehen. Als ich diese Szenen zum ersten Mal sah, konnte ich lange Zeit den Schmerz kaum ertragen, als Rick ihr zu verstehen gibt, daß sie nun doch mit Victor ins Flugzeug steigen wird und er zurückbleibt. Die beiden Männer verstehen sich. Der französische Polizist versteht. Alle drei Männer sind erhaben über den enormen emotionalen Schlag, den Ingrid Bergmans Augen so eindringlich zum Ausdruck bringen. Here's looking at you, kid.

Die Welt der Frau ist die Liebe zum Mann. Ohne ihn ist sie nichts, ganz egal wie emanzipiert wir heute zu sein glauben. Warum sonst würden wir uns so viel Mühe geben, unsere Anziehungskraft zu betonen und zu pflegen? Diese Macht und Sicherheit, die uns die Liebe und Zuneigung eines Mannes bringen, sind uns enorm wichtig. Wir erleiden unsägliche Qualen und tiefe Zweifel, sollten sie uns abhanden kommen und in Frage gestellt werden. Männer und Frauen haben sich auf einen Code geeinigt, innerhalb dessen eine gegenseitige Verschwörung und Gefangenschaft aufrechterhalten bleibt. Men leave. Baby, please don't go!

Nach der dritten großen und gescheiterten Liebesaffäre in meinem Leben begann ich aufmerksam zu werden. Wilhelm Reich sagt, daß wir Menschen uns nach einem biologischen, hormonellen Programm paaren. Für die Dauer von etwa vier Jahren werden bestimmte Hormone ausgeschüttet in Mann und Frau gleichermaßen, die eine sexuelle Anziehung garantieren. Danach hört das auf. Es ist ungefähr der Zeitraum, der nötig ist, eventuelle Kinder aus dem Gröbsten heraus zu haben. Die Fortpflanzung der Rasse muß gesichert werden. Dann geht man weiter. Das genau beschrieb meine eigene Erfahrung. Nach vier Jahren etwa verlor ich das Interesse an meinem sexuellen Gegenüber. Meist verliebte ich mich in jemand anders, manchmal war ich einfach gelangweilt und oft so verärgert über die persönlichen Ticks meines ehemaligen Märchenprinzen, daß eine Trennung einfach das Vernünftigste war. Jeder konnte das sehen. Alle unterstützten mich in dieser Meinung, und den Männern erging es meist nicht anders.

Für eine Weile, während meiner Studentenzeit, zog ich wie viele damals die Konsequenzen aus meiner Einsicht, daß wahre Liebe eine Illusion ist, und unterhielt mehrere, ausschließlich sexuelle Beziehungen. Die sexuelle Befreiung war gerade gut unterwegs mit den jungen Leuten und hatte ihre zerstörerische Phase begonnen. Die Zeit der mutigen Experimente der Kommunen war zu Ende, und jetzt kam immer häufiger eine zynische und aggressive Note zum Vorschein.

Niemand wollte sich wirklich mehr auf etwas einlassen: Wir sind zusammen, aber wir verpflichten uns zu nichts. Zu groß war die Angst, wieder verletzt, naß und kalt im Regen zu stehen, nicht zu verstehen, warum das Versprechen der immerwährenden, alles gutmachenden Liebe, die "mein Leben" von Grund auf heilt, die alle Fragen beantwortet, sich nicht erfüllte. No more Ingrid Bergman, no more Casablanca.

Es folgt Teil 2.
 
No more Ingrid Bergman, no more Casablanca - Teil 2

Die Wut über diese Desillusionierung trug ich auch zu den Frauengruppen. Da waren wir uns alle einig über den wahren Feind: der Mann, das Patriarchat. Als Frauen hatten wir den kürzeren gezogen, wohin man auch immer schaute: Im Beruf waren wir unterprivilegiert, in der Liebe waren wir die Dummen, und wenn Kinder da waren, hatten wir allemal die volle Verantwortung. Unsere Zusammenkünfte waren voller Ärger und voll der hilflosen Gewalttätigkeit von Opfern großer Ungerechtigkeit. Es gab kein Verzeihen. Dennoch - heute, nach etwa 15 Jahren, gibt es diese Frauengruppe nicht mehr, und fast alle sind in "festen" Beziehungen, entweder mit einem Mann oder mit einer Frau. Meistens aber mit Männern. Was ist aus der Revolution geworden? Was ist aus unseren Einsichten geworden? Einer meiner Freunde sagte damals zu mir: "Wir verzweifeln nicht, wenn der Krieg in Vietnam nicht zu Ende geht, wenn das Atomkraftwerk nun doch gebaut wird; wir verzweifeln, wenn unsere Beziehungen in die Brüche gehen." Nach wie vor scheinen Liebesbeziehungen das Wichtigste in unserem Leben zu sein, trotz aller Bewußtwerdung, trotz aller mühsam errungenen politischen Fortschritte in bezug auf Frauenrechte, trotz aller Erkenntnisse durch alle möglichen Meditationen.

Die sexuelle Seite des menschlichen Lebens ist sehr verwirrend. Lust, sexuelles Begehren, kann jeden Moment unsere Wahrnehmung überfluten und uns zu Handlungen veranlassen, die wir manchmal schon kurze Zeit später bereuen. Mein eigenes Leben ist voller Beispiele für die zerstörerischen Konsequenzen, die ein solch unreflektiertes Handeln nach sich ziehen kann. Ich hatte lange überlegt, bevor ich mich zum Zölibat entschlossen hatte. Die Entscheidung kam nach der Einsicht, daß ich dem Mann, den ich am meisten begehrte, nicht vertraute. Eine sexuelle Beziehung war daher ausgeschlossen. Ich wollte meine Vergangenheit nicht wiederholen und endlose Machtkämpfe führen. Daß es mir an Vertrauen fehlte, hatte mich zutiefst schockiert. Aber es eröffnete eine Untersuchung für mich, in der ich den fundamentalen Fragen meines Lebens zum ersten Mal mit echtem Interesse begegnete: Was ist Liebe? Was ist sexuelle Anziehung? Warum fürchte ich mich davor, allein zu sein, allein und unabhängig? Wer bin ich wirklich, wenn ich auf meine sexuelle Anziehungskraft verzichte, wenn ich auf die sexuelle Seite des Lebens allgemein verzichte? Was bedeutet es wirklich, darauf zu verzichten? Was heißt es, für mich selbst Verantwortung zu übernehmen? Immer wieder war ich Kompromisse eingegangen, wenn es um das Objekt meiner körperlichen Begierde ging, wenn romantische Ideen mir das Paradies auf Erden versprachen. Das Leben ist so groß, so unfaßbar in seinen Geheimnissen, so überwältigend in seiner Schönheit, und ich konnte mich nicht von den nagenden Sorgen meines Liebeslebens und meiner sexuellen Verstrickungen befreien. Der Mann stand immer im Zentrum meines Universums. Gleich neben mir. Da standen wir, und alles neben, hinter, unter oder über uns konnte ich nur vage ausmachen. Es war kaum etwas anderes zu erkennen. Und gleichzeitig gab es eine Sehnsucht in mir, die nie und nimmer ihre Erfüllung in diesem Rahmen finden würde. Aber ich hatte immer die Sicherheit des Konventionellen gewählt.

Als ich das Zölibat in Erwägung zog, war ich am meisten von dem Frieden angezogen, der sich immer wieder abzeichnete: Keine noch so große Versuchung würde mich von meinem Entschluß, alles für die Freiheit zu geben, abbringen. Kein Feilschen, keine Geheimnisse, kein Drama. Nur die Klarheit meiner Absicht, frei zu sein. In allen Beziehungen hatte ich mir immer gewünscht, daß ich allein sein könnte. Nun war ich allein und frei, all meine Ideen zu hinterfragen, meine ganze Erfahrung zu prüfen und herauszufinden, ob es möglich ist, sie auf ganz andere Art zu sehen, eine Art, die ein wirkliches Verstehen des menschlichen Lebens beinhaltet.

Dem Entschluß, sexueller Begierde nicht mehr nachzugeben, verdanke ich eine Perspektive auf sexuelle Gefühle, die mir verdeutlicht, wie unpersönlich, wie mechanisch und wie bedeutungslos sie sind. Es ist etwas, das seinen eigenen Rhythmus zu haben scheint. Es liegt an uns, darauf zu reagieren oder nicht. Nicht zu reagieren heißt, daß nichts passiert. Kein Karma wird geschaffen, es gibt keine Konsequenzen. Obwohl ein tosender Wirbelwind sexuellen Begehrens mich gerade fast verschlungen hätte, bin ich immer noch frei. Gefühle, von denen ich früher überzeugt war, daß sie mich zerreißen würden, tauchen auf - und ziehen vorbei. Nichts passiert. Ganz im Gegensatz zu dem, wie ich früher glaubte und hoffte, haben sexuelle Gefühle und Erfahrungen nichts mit Freiheit zu tun. So ekstatisch sie auch sein mögen, sosehr sie mich auch über meinen Verstand hinausgetragen haben mögen - sie sind nicht von Dauer und eröffnen keine wahre Befreiung. Sie sind Teil der menschlichen Erfahrung. Der Teil, der etwas so Unromantisches und Mechanisches wie die Fortpflanzung der Rasse mit all seinen süßen Verlockungen unnachgiebig fordert. Ihnen zu entsagen, hat meine Überzeugung gestärkt, daß es möglich ist, in diesem Leben wirklich frei zu sein. Das bedeutet für mich mehr und mehr eine lebendige und reale Perspektive jenseits von Gedanken, jenseits von Gefühlen und jenseits von Zeit. Den Mut, dieser Perspektive Ausdruck zu verleihen, muß ich alleine finden. In diesem Mut zum Alleinsein liegt die Möglichkeit wirklichen Vertrauens in das Leben selbst.

Mein Zölibat ist zunächst auf drei Jahre begrenzt. Ursprünglich erschien mir das wie eine Ewigkeit, aber heute möchte ich dieses Leben gegen kein anderes tauschen. Nichts in mir drängt auf ein Ende dieser Zeit der Entsagung. Immer größer wird der Friede in mir, immer weniger attraktiv ist die Aussicht auf eine Beziehung. Das tiefe Verlangen, mich an die Schulter eines Mannes zu lehnen und geborgen zu fühlen, schwindet und damit meine selbstgewählte Abhängigkeit von der Illusion, daß es in diesem Leben irgendeine Sicherheit gibt. Das Zölibat ist eine kostbare Gelegenheit für mich, wahre Unabhängigkeit zu entdecken und zutiefst zu erforschen, unabgelenkt und mit großer Hingabe. Je mehr ich mich von all meiner romantischen Hilflosigkeit und den zornigen Anklagen löse, desto mehr sehe ich in Männern die Menschen, die sie sind, und nicht den Erzfeind, den Frau bezwingen muß, um zu überleben. Es ist möglich, ihnen zu vertrauen. Es ist möglich, zuallererst Mensch unter Menschen zu sein.

Ich stelle mir ein neues Casablanca vor … Bogart steht da im Regen, sein Gesicht ist ernst und naß. Er scheint etwas erstaunt, aber sehr erleichtert, daß Ingrid ohne zu blinzeln, ohne eine Träne zu vergießen ins Flugzeug steigt und ihm zuruft: "Ich glaube, dies ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft!"

Alles Liebe. Gerrit
 
Liebe Lotusz

Vielen Dank für deine sehr offene, persönliche Darstellung. Was willst du eigentlich erreichen? Den Sex zum Verschwinden bringen, Herrin über deinen Sex werden, oder ihn transzendieren? Wie gehst du mit dem Alleinsein um? Hast du trotzdem tiefe und innige Beziehungen? Könntest du dir vorstellen, eine tiefe und innige Beziehung zu einem Mann aufzubauen ohne Sex? Liebe Grüsse Inti
 
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"Vermeiden" ist nicht die Lösung.
Sex vermeiden aus Angst vor Schmerz, Abhängikeit, Liebeskummer macht nicht frei. Die liebe Carin Jungmann ist nicht wirklich frei, ebensowenig wie Lotusz.
Wer seitenweise ein Forum befüllt mit Texten über Enthaltsamkeit, zwecks Selbstsuggestion, ist vielleicht viel mehr von seiner Sexualität beherrscht, als jemand der seine Sexsucht auslebt.
Wenn ich keine Lust auf Sex habe, dann habe ich auch keinen Sex, punkt aus. (und palavere nicht ständig missionarisch darüber).
 
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