Liebe Abendsonne,
danke für genau dieser beiden Postings, jetzt wird mir vieles klarer.
nicht "jemanden" sondern einfach dem leben, weil bei dem einen das leben einfach fließt und beim anderen nicht. sicher sind beziehungen auch selbergemacht, aber der eine hat sofort den hilfsbereiten nachbarn und der andere eben nicht
lg
liebe reinfriede, das interpretierst du jetzt so. ich erwarte von niemanden, etwas gratis zu tun, ich möchte nur nachvollziehen können, warum ladyinblack noch keine küche hat. ich bin mir selber auch sehr stolz, um jemanden um was zu bitten, wenn ich ihn nicht dafür bezahlen könnte. manche haben keine skrupel, vom neuen nachbarn hilfe anzunehmen, ich möchte selbst das nicht. wer sich hilfe leisten kann, hat leicht lachen.
Das ist ein sehr, sehr gutes Beispiel. Dass X einen hilfsbereiten Nachbarn hat, und Du nicht. Das hat doch nichts mit "Pech" oder "Schicksal" zu tun. Sondern damit, wie X mit anderen Menschen umgeht - und wie Du mit anderen Menschen umgehst.
Hast Du schon mal beobachtet, wie X mit anderen umgeht, im Gegensatz zu Dir? X ist zum Beispiel jemand, der, wenn er den Nachbarn auf dem Parkplatz trifft morgens, kurz anhält und 2-3 Minuten plaudert, fragt obs den Bandscheiben besser geht, kurz einen Schwank aus seinem Leben erzählt, einen guten Tag wünscht bevor er ins Auto steigt und fährt.
X ist der, der spontan vom Balkon runterruft "wir trinken grad Kaffee, wollt Ihr auch eine Tasse?" und X wird NIE Bedenken haben, den Nachbarn zu fragen, ob er mal kurz mit anpacken könnte. Und er wird nichts dafür zahlen, nicht mal im Traum daran denken, warum auch? X und der Nachbar haben ein Verhältnis zueinander, und auch X selbst wird sofort mit anpacken, wenn der Nachbar mal was braucht.
X nimmt am Leben des Nachbarn teil, und lässt den Nachbarn an seinem Leben teilhaben.
Früher, Abendsonne, hab ich auch so gedacht wie Du. Es hat mich dann gefuchst, dass ich keinen Freundeskreis zum Fortgehen hatte, als meine Partnerschaft in die Brüche ging. Aber daran, einen Bekanntenkreis zu pflegen, war ich null interessiert, und das wiederum war mir nicht mal bewusst, weil ich noch nicht mal Ahnung hatte, was es heißt, sich dem Leben und den Beziehungen zu anderen zu öffnen.
Ein super schlechtes Gewissen, jemanden um Hilfe zu bitten, weil "was hat denn der andere davon" und "ich will ja niemandem zur Last fallen". Gleichzeitig hätte ich es aber auch selbst sehr belastend gefunden, irgendjemand anderem tagelang beim Umzug zu helfen.
Jetzt endlich, nach einem jahrelangen Prozess der Veränderung, merke ich, dass ich anfange das erstens alles zu erkennen, und zweitens merke ich auch seit ein paar Monaten, dass ich mich anfange, zu ändern.
Vor kurzem ging ich abends aus dem Haus und sah am Parkplatz, dass jemand aus Pappe ein Postauto nachgebastelt hatte, mit Foto und Info dass diejenige (sie wohnt im selben Haus wie ich und arbeitet bei der Post, wusste ich gar nicht) ihren 50. Geburtstag feiert. Ich kenne nur ihr Gesicht, ihren Namen, und hab im Winter beim Schneeschaufeln hin und wieder ein paar Worte (über Schnee) mit ihr gewechselt.
Aber spontan hab ich mir vorgenommen, beim nächsten Einkauf eine Kleinigkeit für sie mitzunehmen. Hab ein paar Tulpenzwiebeln im Korb gekauft, ihr eine nette kleine Karte dazu geschrieben, und weil sie nicht zu Hause war, das Ganze vor ihre Wohnungstür gestellt. Und hab mich darüber gefreut, ihr damit vielleicht eine kleine Freude machen zu können.
Am nächsten Tag stand kommentarlos ein Riesenteller mit Kuchen vor meiner Tür. Darüber hab ich mich dann gefreut - und weil ich so viel Kuchen nie allein Essen hätte können, hab ich ihn in den Reitstall mitgenommen. Dort fand gerade ein Kurs statt, mit vielen Teilnehmern von außerhalb - und ich bin zu meiner Stallbesitzerin gegangen und hab ihr gesagt "falls jemand Kuchen möchte - ich hab einen Teller mitgebracht, es kann sich jeder gern bedienen". Und wieder haben ein paar Leute Freude gehabt.
Meine Arbeitskollegin war vor kurzem krank - und ich hab ihr gesagt "melde Dich, wenn Du was brauchst" - ich weiß, dass sie wie ich alleine lebt. Sie hat nichts gebraucht, aber wenn, wäre ich nach der Arbeit für sie zur Apotheke oder Einkaufen gefahren oder was auch immer. Das wäre früher undenkbar gewesen. (ich hab ja mit meinem eigenen Leben genug zu tun und hätte nie die Energie gehabt, das noch nebenbei für jemand anderen zu machen).
Dafür hatte ich aber auch nur mehr geringe Hemmungen gehabt, diese Kollegin zu bitten, mich zur Autowerkstatt zu bringen, als ich mein Auto dort abliefern musste.
Ich fange seit ein paar Monaten an, den Wert zwischenmenschlicher Beziehungen zu entdecken - und die Freude daran, anderen eine Freude zu machen, ein Thema zu dem ich, so peinlich das klingt, mein Leben lang keinen Zugang gefunden hatte.
Und Abendsonne, zwischenmenschliche Beziehungen sind keine GESCHÄFTSbeziehungen.
Mit wem, wenn nicht mit UNS SELBST, sollte es zu tun haben, welche Art von Beziehungen zu anderen wir haben oder nicht haben?
lg
B.