Hallo Clara,
vielen Dank für deine Antwort. Sie hat mich sehr berührt. Und da ich momentan eh nah am Wasser gebaut habe, sind mir ein bisschen die Tränen gekommen.
als meine Mutter so schwer an Krebs erkrankte, veränderte sie sich enorm. Aus der harten, selbstgerechten, immer unzufriedenen Frau, wurde so nach und nach eine ganz ruhige, manchmal sehr anlehnungsbedürftige Person. Da relativiert sich so manches.
Ich habe auch schon oft gehört und miterlebt wie eine Krankheit oder der nahstehende Tod einen Menschen verändern kann (in jede Richtung). Einserseits ist es traurig, dass es so etwas manchmal "nötig" ist damit ein Mensch zur Einsicht kommt, andererseits natürlich besser dadurch, als niemals. So böse es sich anhört, darauf hoffe ich im Grunde bei meiner Mutter, denn so wie es momentan aussieht wird sie nur durch solch einen "Schicksalsschlag" von aussen wachgerüttelt. Ich kenne ja ihre Biografie - sie hat wirklich viel Sch.... erlebt und hat sich dadurch total verschlossen um sich vor weiterem Schmerz zu schützen. Und der Kontakt mit mir würde an diesem Schmerz "rütteln", weil ich mich verändert habe, nicht mehr stillschweigend dulde wenn sie aufgrund ihrer Projektionen mich zum Verantwortlichen ihrer Probleme macht. Ich spreche es an und das hat unseren Konflikt eskalieren lassen. Ein Jahr lang habe ich gekämpft, um Gespräche gebeten. Dann fand Dank ihrem Betreuer als "Mediator" eines statt ..... und es war umsonst. Sie hat immer schwerere Geschütze aufgefahren je konkreter und ehrlicher ich wurde, mich zu guter Letzt beschuldigt sie bestohlen zu haben (und nein, sie ist NICHT dement!)
Sie verdreht und leugnet Wahrheiten und es kommt nicht, absolut nichts an sie heran. Ich kam mir damals vor als würde ich mit einem emotionslosen Roboter sprechen.
Ein Trost für mich: sie geht mit allen Menschen so um, hat keinerlei sozialen Kontakte mehr und lebt ganz alleine.
Das ist der Preis den sie zahlt, aber das ist ihr lieber ist als Konflikte.
Als ich selber krank war, hat meine Mutter meine Ängste überhaupt nicht verstanden. Sie meinte, ich solle mich nicht so anstellen, ich sei ja nicht alleine, hätte einen Mann an meiner Seite. Da sei ja alles nicht so schlimm.
Ich musste schlucken als ich das las. Wahnsinn.
An dem Punkt war meine Mutter schon für mich da.
Zumindest körperlich und materiell.
Sie wusste aus eigener Erfahrung wie es ist depressiv zu sein und seinen Alltag nicht mehr geregelt zu bekommen, kam dann und hat mich mit Haushalt und Kind etwas unterstützt. Aber auf der emotionalen Ebene hatte ich keinerlei Hilfe...im Gegenteil.
Das Thema wurde totgeschwiegen. Wie auch anders, sie hatte ja ihre Probleme auch nie gelöst, ist immer weggelaufen und hat diese Muster an uns Kinder weitergegeben. Als ich mal auf das Thema Suizid kam (weil ich solche Gedanken hatte und ehrlich geäussert habe) meinte sie eiskalt und ohne jedes Mitgefühl: naja; das kann auch Rache sein, nach dem Motto: wenn ihr alle an meinem (als Rudylines) Grab steht werdet ihr schon sehen was ihr davon habt. Keine Regung, kein in den Arm nehmen und fragen wie kann ich dir helfen, kein ich liebe dich...nichts.
Nur Eiseskälte.
Erst als sie selber, zum wiederholten Male, an Krebs erkrankte, verstand sie meine Ängste. Zumindest hat sie das einer Zimmergenossin erzählt, als sie zur Chemotherapie in der Klinik war. Sie hätte sich mir gegenüber komplett falsch verhalten, das wisse sie nun. Mit mir selber hat sie aber darüber nie gesprochen. Das war mir auch nicht mehr so wichtig.
Wow. Siehste, nicht mal das hat meine Mutter getan (s.o.)
Niemals würde sie offen zugeben einen "Fehler" gemacht zu haben. Ich setze Fehler extra in "..." weil die meisten Menschen ja nicht bewusst und vorsätzlich verletzen wollen, sondern es aus ihren eigenen Verletzungen und ihrer Unbewusstheit heraus tun. Von daher habe ich ihr vieles verziehen was mir in der Kindheit arg zugesetzt hat, weil ich in der Erziehung meines Sohnes (leider!) vieles wiederholt habe und dadurch Verständnis für sie bekam.
Aber als dann unsere aktuellen Konflikte kamen wollte und konnte ich nicht mehr schweigen und habe um klärende Gespräche gebeten. Habe mir die Finger wund geschrieben (reden wollte sie ja nicht) aber es kamen immer nur Vorwürfe, Ausflüchte und nichtssagende Zeilen zurück.
Und nachdem dann nach einem Jahr das besagte Gespräch mit dem Betreuer stattfand habe ich aufgegeben, abgeschlossen. Wollte mich nicht mehr melden. Aber von ihr kam noch einmal eine wirklich bösartige verletztende Karte die mir sehr zugesetzt hat. Ich habe ihr geschrieben, dass sie beim Gespräch alles hätte sagen können (da hatte sie ja fast nur geschwiegen und gesagt mit mir könne man nicht reden)
und wenn sie nichts zu sagen habe ausser verletztenden Worten, solle sie mich mit solchen Karten verschonen.
Daraufhin kam eine noch verletzendere Karte. Sie wusste/weiss immer genau wo sie mich an meinem wundesten Punkt treffen kann. Zu dieser Zeit war mein Mann für eine Woche nicht zuhause, ich habe wieder schlimme Panikattacken und Depressionen bekommen und da merkte ich: es hat keinen Sinn mehr! Meine Worte erreichen sie nicht, sie versteht nicht mal worum es mir geht, sie wird niemals aufhören mich zu verletzten. Das war dann der Punkt wo ich "aufgegeben" habe. Ich habe gefühlt, es geht nur auf meine Kosten, ich werde wieder krank und meinen Mann belastet es auch. Der Preis war mir zu hoch.
Irgendwie ist damals jedes Mitleid mit ihr (nicht Mitgefühl) in mir erloschen. Es hat meine ganze Wut über diese Ungerechtigkeit in mir mobilisiert und mir den Mut gegeben sie anzurufen und sie zu fragen was sie an meinem Satz, sie soll mich mit ihren boshaften Karten verschonen, nicht verstanden hat. Sie hat aufgelegt bevor ich den Satz zu Ende hatte. Ich habe wieder angerufen, sie ist nicht dran. Ich habe wieder angerufen, sie hat den Hörer abgenommen, irgendwas gerufen (was ich nicht verstand) und wieder aufgelegt. Ihre Stimme war total emotional - das erste mal seit langem. Und seitdem habe ich Ruhe. Keine Briefe/Karten...nichts.
Jetzt mag jemand fragen weshalb ich da 3x angerufen habe um mir wieder eine "Abfuhr" einzuholen?
Und ich muss sagen: es war nötig um mich zu befreien. es war wirklich ein Befreiungsschlag mich ihr ein letztes Mal entgegenzustellen, denn an ihrer Stimme habe ich ja bemerkt, dass ich sie "erreicht" hatte (emotional).
Von ihrem Betreuer - den ich ab und zu kontaktiere - habe ich dann irgendwann die Info bekommen das sie mich enterben will. (Man muss dazu sagen, sie hat nichts zu vererben, lebt selbst am Minimum). Es ist ihr letzter Racheakt. Und der hat mich dann auch nicht mehr getroffen, hat mich emotional vollkommen unberührt gelassen. Im Gegenteil, ich bin in Lachen ausgebrochen.
Und ja, du hast vollkommen recht, wenn eine Seite nicht will, dann geht das nicht. Ich finde es gut, dass du die Hoffnung nicht aufgibst, aber den nötigen Realismus besitzt, dich weit genug von deiner Mutter abzugrenzen. Das war sicher kein leichter Weg.
Nein, das war wirklich eine harte Schule.
Ich weiss nicht wie es weitergeht. Ich habe momentan meinen Frieden mit der Situation gemacht soweit möglich.
Ich hab getan was ich konnte, der Wandel müsste jetzt von ihr ausgehen. Bereit wäre ich. Aber eben nicht zu den (ihren) alten Bedingungen, die da wären, dass ich weiterhin die brave angepasste Tochter bin, mit meinen eigenen Gefühlen un eigener Meinung hinter dem Berg halte, ihr zu Willen bin und bei jeder Gelegenheit bei der ich es nicht tue mit Sanktionen und Strafe oder beleidigtem Schweigen zu rechnen habe. Aber für sie gibt es keine andere Option und da das für mich keine mehr ist, sind im Moment nur getrennte Wege möglich. Der alte (gemeinsame) Weg würde mich wieder krank machen. Der Preis ist mir zu hoch!
das Off-Topic ist für mich relevant und nützlich, damit ist es okay.
Danke. Wollte das alles zuerst nicht schreiben, da ich schon meinen vorherigen Beitrag als OT empfunden habe und mich - wie Clara - entschuldigen wollte.
Aber wenn es für dich ok ist
Manchmal kann man ja wirklich auch aus Beiträgen die an andere gerichtet sind und aus OT bestehen etwas für sich ziehen