Hallo Inti
Wenn ich mich mit Gewalt von den Sinnen losreissen will, werden sie mich um so stärker verfolgen
Woher willst Du es wissen? Hast Du es ausprobiert? Aber ich kann dir sagen, wie es in der Realität aussieht. Ich habe diesen Weg bereits zwei mal beschritten. In den ersten Monaten der Enthaltsamkeit ist es wirklich sehr schwer, dem ständigen Drängen zu widerstehen. Aber irgendwann kommt der Punkt, da fällt jegliches sexuelle Begehren von einem ab. Und das empfindet man als sehr angenehm. Aber ich muss zugeben, dieser Weg ist nicht leicht. Er erfordert einiges an Kraft und Geduld. Die Entscheidung enthaltsam leben zu wollen, sollte aus Überzeugung und Einsicht geboren werden.
Ausserdem ist eine Negation der Sinne dann fast nicht auszuschliessen und das ist mit Sicherheit nachteilig für das spirituelle Wachstum.
Woher willst Du es wissen? Es ist definitiv falsch. Man bekommt einen sehr grossen Energiezuwachs, der sich sehr positiv bemerkbar macht.
Was ich von der Gita halte, habe ich im Religions-Threat "Bhagavad Gita" dargestellt. Die Gita spricht sich eindeutig für die Enthaltsamkei der Mönche aus. Wenn die Gita sagt, dass das "Denken an Sinnenzielen am Sinnenziel bindet", dann sagt sie damit aus, dass das Denken an die Sinne, also zum Beispiel das Denken an die Sexualität, an die Sexualität selber bindet. Genau so wie das Denken ans Essen, ans Essen bindet. Darum soll man z.B. wenn man sich entschlossen hat, enthaltsam zu leben, jeden Gedanken an die Sexualität sofort beiseite schieben, weil man sich sonst allzu schnell in die Sexualität verlieren könnte.
Wenn eine Abhängigkeit an die Sinne besteht, dann schliesst das zwar einen spirituellen Fortschritt nicht aus. Es stellt sich zwar eine gewisse Zufriedenheit ein, Seligkeit wird man allerdings nicht erreichen.
Natürlich ist auch ein spiritueller Weg mit tantrischen Praktiken denkbar. Aber dieser Weg ist sehr viel schwerer zu beschreiten als der yogische Weg der Enthaltsamkeit. Swami Chidananda sagte nicht umsonst, dass es nur einem von einer Millionen Menschen gelingt, auf dem tantrischen Weg Erleuchtung zu erlangen. (siehe.
Spiritualität und Sexualität)
Ist es nicht einleuchtend, dass man wirkliche spirituelle Fortschritte nur macht, wenn man sich von allen Verhaftungen befreit? Die sexuelle Verhaftung ist eine der stärksten Verhaftungen des Menschen.
Sorry, aber das Beispiel mit dem Fenster halte ich für unangebracht. Die Leute denken sich alles mögliche aus, ihre sinnliche Verhaftung zu begründen. Für mich ist die Enthaltsamkeit das Fensteröffnen. Ausserdem kann ich mir alle möglichen Theorien einfallen lassen. So zum Beispiel, dass die Welt nicht real ist. Ich halte solche Theorien für wenig hilfreich. Ausserdem wundert es mich immer wieder, was die Menschen immer wieder ohne zu hinterfragen übernehmen.
Wenn Du selber den Weg der Enthaltsamkeit gehen würdest, so würdest Du sehr bald feststellen, dass die spirituelle Entwicklung und die Enthaltsamkeit miteinander zusammenhängen, dass sie einem Naturgesetz entsprechen. Und genau das haben die Yogis erkannt. Diesen Weg haben schon viele Yogis beschritten. Leider hat der Yoga seine Erkenntnisse in mystische und religiöse Theorien gepackt, die zu vielerlei Missverständnissen führen können. Darum wird es Zeit, die Yoga-Philosophie von allen mystischen und religiösen Vorstellungen zu befreien.
Aber genau so wie es schon viele Yogis gegeben hat, die Erleuchtung erlangt haben, hat es natürlich auch schon viele Heilige im Christentum oder in anderen Religionen gegeben, die Erleuchtung erlangt haben. Leider sind mir die persönlichen Wege der christlichen Heiligen nicht bekannt.
Ich möchte auch einmal sagen, dass der Begriff der Erleuchtung immer wieder falsch interpretiert wird. Das liegt hauptsächlich daran, dass die Yogis, die in der Regel der hunduistischen Religion angehörten, eine blühende Phantasie hatten und Erleuchtung in den schillernsten Farben ausmalten. Erleuchtung aber ist nichts anderes als unser Normalzustand und der ist gekennzeichnet von Seligkeit. Aber wir richten unser ganzes Leben gegen unsere eigene Natur. Und das hat zur Folge, das wir alle mehr oder weniger unglücklich sind. Beschreibungen wie Erleuchtete oder Heilige verzehren daher die Wirklichkeit.
Alles Liebe. Gerrit