AW: Vergewaltigung
Liebe Elladana,
ich wollt mir grad deine Web-Seite anschaun, komm aber leider nur auf eine error-Seite???
Erst mal erlebe ich das nun zum ersten mal, dass das jemand nachvollziehen kann. Weißt Du, es klingt ja ganz logisch was Du da schreibst – aber wie soll ich denn das umsetzen? Hab keine Ahnung wie ich das machen soll. Wie nehme ich mich raus – wenn ich attakiert und beschimpft werde?
Ich nehme an, du funktionierst so ähnlich wie ich - und ich beschreib jetzt wie das bei mir ist (war), denn ich kann nicht wissen wie genau es bei dir abläuft.
Sobald mich jemand attakiert "entsteht automatisch" (da nehm ich deine Worte, weil ich sag ja, dass ich mir die Gefühle selbst mache) ein Gefühl in mir - sagen wir mal "verletzt sein" dazu, obwohl es natürlich viele verschiedene Arten davon gibt - nun, das fühlt sich sehr schwach und hilflos an und dann passiert folgendes:
Körper an Kopf: So will ich mich nicht fühlen, da bin ich wehrlos. Wie komm ich da raus???
Kopf: Weiss nicht???
Körper: fühlt sich noch schlimmer an, nicht nur wehrlos, sondern auch noch blöd.
Kopf: Na gut, ich hab da ein Mittel, ich schalt jetzt um ins Reptiliengehirn (= der entwicklungsgeschichtlich älteste Bestandteil unseres Gehirns, das hatten schon die Dinosaurier, das ist NUR auf Lebenserhaltung ausgerichtet, ohne Rücksicht auf Verluste, dort gibt es nur 2 Handlungsmöglichkeiten - Kampf oder Flucht). So jetzt schütte ich alle nötigen Hormone aus, z.B. Adrenalin, damit du, lieber Körper, ordentlich kämpfen oder schnell flüchten kannst.
DAS NENNEN WIR WUT.
Körper an Kopf: Jaaaa, das tut gut, jetzt fühl ich mich wieder stark, jetzt kann ich den, der mich in dieses schlimme Gefühl gebracht hat, Einhalt gebieten.
Kopf: Ja genau, hau ihm eine rein oder renn davon (so ist es bei völlig unbewussten Menschen) oder ja, genau, pluster dich auf und sag ihm deine Meinung (ein schon etwas bewusster Mensch) oder ja, sag STOP zu ihm und erzähl ihm, wie wütend du gerade bist (ein ehrlicher bewusster Mensch) oder
fühl ganz einfach mal, wie es dir jetzt geht, ohne gleich zu handeln (ein anderer ehrlicher bewusster Mensch oder der gleiche in einer anderen Situation) .............
Das geht alles binnen Zehntelsekunden, also kaum wahrnehmbar in uns ab.
Ich hoffe, das war verständlich. Nun im ersten Schritt geht es darum, diese Konversation schon mitten drin umzugestalten, damit der Kopf gar nicht auf Reptiliengehirn umschalten braucht.
Also, Attake kommt, Körper fühlt sich schwach - STOP, dort entscheiden, DIESES Gefühl fühlen zu wollen, ansprechen zu wollen, also nicht raus aus der Schwäche, sondern durch, dem anderen sagen: du, ich fühl mich jetzt total schwach und hilflos und weiss nicht weiter, ich komm mir vor, als wär ich dir total ausgeliefert - und wenn du bereit bist, DAS zu fühlen und damit aufzulösen, dann kann keine Wut mehr entstehen.
Nächster Schritt und das mein ich, wenn ich davon rede, meine Gefühle selbst zu machen und dafür verantwortlich zu sein. Ich weiss genau, dass mein Gefühl der Schwäche NUR deswegen überhaupt entsteht (ichs mir mache), weil es da irgendwo innen drin in mir einen Glaubenssatz, eine Überzeugung, eine Bewertung über mich selbst gibt, die so ungefähr lautet:
Ich bin schwach, ich bin hilflos, ich bin ausgeliefert.......und diese ganzen (transparenten, weil nicht gleich offensichtlichen) Überzeugungen hab ich mir angeschaut, gefühlt und aufgelöst, integriert ..... da bin ich immer noch dabei, weil davon gibt es hunderte in mir, die es erst alle zu finden gilt (ich hab das alles auf Selbsterfahrungskursen gelernt, die eine Woche lang dauern, da kann ich dir leider nicht jetzt in kurzen Worten beschreiben, wie ich das genau mache) Aber sobald diese Überzeugungen und Bewertungen nicht mehr da sind, und mich jemand attakiert, kann das Gefühl der Schwäche nicht mehr entstehen und der ganze Rattenschwanz danach hat sich auch erübrigt - somit auch die Wut, die ja nur ein Folgeprodukt ist.
So, ich hoffe, ich hab dich nicht total verwirrt, denn es ist gar nicht so leicht, all das in verständliche Worte zu fassen.
Wenn es was bringen soll, dann doch eine offene und ehrliche Gesellschaft. Das war doch der Ausgangspunkt unserer Unterhaltung. *g
Ja sicher bin ich der Meinung dass die Menschen lernen sollen mit ihren Gefühlen umzugehen. Nur wird das nix mit rumhirnen und Selbstbefragung. Gefühle kann man nur zulassen, sich vornehmen erst mal nicht zu handeln und dann erlebt es jeder selbst wie weit Gefühle und Handlungen für den Menschen in Ordnung sind oder eben nicht.
In Ordnung ist das, wo sich der Mensch eben noch wohl fühlt. Geht ja um Gefühle – also darum wie man sich fühlt. Ich tät mich unwohl fühlen bis dreckig, wenn ich dem kleinen Teufelchen nachgeben tät. Das weiß ich aus Erfahrung. Ein anderer hat vielleicht eine andere Hemmschwelle.
Genauso seh ich das auch, siehe oben.
Wie kann ich denn Gefühle auflösen? Z.B. die Wut?
Nur indem ich sie annehme und akzeptiere und zu ihr stehe – so wird sie eh immer weniger. Früher konnte ich gar nicht anders als in dieser Wut zu handeln. Erst mal ist es eben der richtige Zeitpunkt dazu zu stehen. Mehr is noch nicht drin.
Völlig richtig und völlig ehrlich.
Erwartungen hatten wir noch als Thema:
Ich mach mir da keinen Kopf mehr drum – is mir egal was ich erwarte – darüber nachzudenken hilft mir nix – wenn ich Erwartungen habe, dann kommen die eh in den gegeben Situationen zu Tage – und dann bleibt mir eh nix anderes übrig als mich mit ihnen zu beschäftigen.
Ja genau, es kommt immer dann, wenn es passt und wenn du dich dann damit beschäftigst, dann gehsts du deinen Weg in deinem Tempo, du kannst dich sowieso nie selbst überholen.
Du hast gemeint, Du übernimmst die ganze Verantwortung für Deine Gefühle selbst. Ich hab da drüber nachgedacht – weil Du ja auch gesagt hast, dass Du das ganz ohne Opferrolle hinkriegst. Weißt, ich kann dem nicht folgen. Wie machst Du das?
Hab ich oben beschrieben, wenn du Fragen hast, stell sie, kann sein, dass ich etwas verwirrend geschrieben hab, weil es sich für mich so leicht anfühlt, das zu tun, einfach weils schon so selbstverständlich in meinen Alltag integriert ist.
Ich beschimpf Dich jetzt mal theoretisch und sage Dir Dinge, so dass Du Dich kränkst.
Wenn Du die ganze Verantwortung dafür alleine trägst dass Du Dich kränkst, dann gehst Du in die Ecke und setzt Dich still hin, leidest es aus und kommst wieder wenn es Dir besser geht. Das ist für mich aber Opfer sein – wie kommst Du denn dazu in der Ecke zu kauern? Ich kenne das nämlich ganz gut – und es dauert ganz schön lange bis man wieder am Damm ist wenn man nix tut und sich einfach ins Winkerl verzieht.
Eben nicht, ich geh dann nicht in die Ecke, entweder ich steh offen dazu, dass ich grad leide - siehe 1. Schritt oben, das ist in Situationen, in welchen noch Überzeugungen und Bewertungen meiner selbst da sind, dann fühl ich die Schwäche und wenn ich mich nicht dagegen wehre, also keinen Widerstand hab, dieses Gefühl zu fühlen, ist es binnen Sekunden weg. Immer wenn ein Gefühl ohne jeglichen Widerstand gefühlt wird, dann löst es sich gleich auf, dann wandelt sich die gesamte Energie schnell um - auf fachchinesisch heisst das Transformation. Nur wenn Widerstand da ist, dann komm ich nicht raus und muss zuerst den Widerstand fühlen, vielleicht auch vorher noch den Widerstand auf den Wiederstand....., aber das genau zu erklären, bin ich jetzt nicht im Stande, es würde auch nichts helfen, denn wie wir schon überein gekommen sind, es geht nur, wenn man es selbst erlebt.
Dann gibt’s noch die Möglichkeit sich diesen Vorwürfen zu stellen – sicher kränkt man sich trotzdem – aber es dauert nicht so lange bis man sich von den Verletzungen dafangen hat – und dazu sage ich – die Verantwortung teilen. Ich sag dem Gegenüber – Halt und Stopp – ob es was hilft oder nicht – zumindest hilft es mir, dass mir schneller wieder gut geht.
Ja, machst du super, und du hast recht, das ist Verantwortung teilen.
Wie machst Du das - wenn Du sagst Du übernimmst die gesasmte Verantwortung für Deine Gefühle alleine?
Ich weiss genau, dass meine Gefühle NUR durch meine mir innewohnenden Überzeugungen und Bewertungen meiner selbst entstehen, ich sie mir also mittels dieser "Gedanken" erzeuge. Es gibt somit nichts auf dieser Welt, das mir widerfahren könnte oder das ich erleben könnte, das nichts mit diesen, meinen Bewertungen über mich selbst zu tun hat. Wie innen so aussen. Wenn ich also etwas erlebe, dann frag ich mich: hey, Free Spirit, wie hast du denn das jetzt geschafft - was war deine Überzeugung, die dich in diese Situation gebracht hat, die dieses Gefühl verursacht hat? Natürlich frag ich mich das nicht immer in der Situation selbst, aber immer im nachhinein und dann find ich immer wieder neue Überzeugungen in mir und die lös ich dann durch fühlen auf. Das funktioniert, weil ich ich es dann erlebe, dass ich auf einmal gar nicht mehr in solche Situationen komm - also die Menschen mich auf einmal ganz anders behandeln, weil ich MEINE Überzeugungen aufgelöst hab.
Gefühle sind eben ein Bereich, den man erleben, erfahren muss – alles andere ist nur Theorie.
Genau, alles geht nur immer darüber, die Gefühle anzunehmen und zu fühlen.
Wir beide wissen dass wir in Ordnung sind.
Ganz ehrlich FÜHLST Du Dich deswegen immer so?
Nicht immer, aber immer öfter *lach
Wir schreiben ja im Thread „Vergewaltigung“ und dass wir das Thema nicht ganz aus den Augen verlieren, möchte ich noch sagen dass solche ganz schrecklichen Handlungen erst zu Tage treten, wenn ein Mensch seine Gefühle zu sehr unterdrückt hat. Anders kann ich mir das nicht vorstellen.
Um welche Gefühle es sich handelt bei Mördern und Vergewaltigern, kann ich natürlich nicht mehr nachvollziehen.
Da bin ich ganz deiner Meinung und einiges kann ich sicher nachvollziehen, da ich auch schon mit derartigen Tätern gearbeitet hab - es ist ein sehr langer und schwerer Weg für einen Täter da raus zu kommen - genauso schwer wie für ein Opfer und auch wenn mir das jetzt keiner glaubt - dem Täter gehts nach so einer Tat genauso schlecht wie dem Opfer. Ich will hier auf keinen Fall Partei für die Täter ergreifen, aber ich hab halt eine ganz andere Einstellung wie die meisten (armes Opfer - böser Täter gibts in meiner Welt nicht mehr), da hab ich viiieell lernen und auflösen müssen in dieser Richtung, sonst hätte ich niemals mit einem Täter arbeiten können, und wenn da keiner ist, der auch einem Täter helfen kann, dann macht die Aussage: die sollen doch eine Therapie machen, wenig Sinn - wenn keiner da ist, bei dem sie das machen können und ich könnte aber niemals mit jemanden arbeiten, den ich als böse bewerte und deswegen verachte.
Es ist wirklich suuuuper sich mit Dir zu unterhalten.
Hab gestern immer wieder mal nachdenken „müssen“.
Und heute hast Du mir geholfen mir etwas bewusst zu machen –
boahhh da brütet jetzt was dahin und ich sag Dir ein ganz ganz dickes DANKE dafür!
Bussal und Drückerle!
Daniela
Geb ich alles gleich retour, danke dir.
Bussal,
Free Spirit