Lucille
Well-Known Member
- Registriert
- 6 Februar 2006
- Beiträge
- 3.035
Liebe Timmi,
danke für deine pn. Ich antworte vorsichtshalber mal hier, denn ich bin immer noch ärgerlich wegen dem Zeichenlimit gestern .....
:banane:
Ich kann es schon verstehen, wenn die Kontaktaufnahme jetzt nicht von dir
ausgehen kann. Da sind verletzte Gefühle im Spiel und dein eigener Stolz. Der
muss auch sein. Die Fronten sind einfach bei dir (euch) noch zu verhärtet.
Gerade habe ich mir den allerersten Beitrag von dir (November 2004!) angesehen. Daraus geht zwar der Status quo hervor, aber was war der
konkrete Auslöser, dass es überhaupt zu dem Eklat kam? Oder hat sich da im
Laufe der Jahre so eine Wut angesammelt bei dir, die du nicht konkret benennen kannst (also Ereignis-bezogen)?
Ich denke, du machst, wie ich, deinen Eltern bittere Vorwürfe, weil sie die
Grundsteine für deine Verhaltensmuster gelegt haben. So ist es auch, das
liegt nun mal im Verantwortungsbereich der Eltern.
Was so schwer fällt zu akzeptieren, das ist die Weigerung deiner Eltern, hier zu ihren Fehlern zu stehen. Niemals werden sie es zugeben, dass sie aus
Eigennutz, um gut dazustehen, gehandelt haben. Sie können es auch nicht
zugeben, denn sie empfinden es nicht so. Es wäre eine Bankrotterklärung
in Sachen Erziehung.
Ich selbst kann es tatsächlich überhaupt nicht nachvollziehen, warum es
meiner Mutter so schwer fällt, einfach meine Wahrnehmungen als solche
anzunehmen und zumindest zu sagen "gut, ich kann verstehen, dass du das
so gesehen oder empfunden hast".
Die "Fehlerlosigkeit" meiner Mutter hat mich manch schlaflose Nacht gekostet
und hat echte Aggressionen und Wut bei mir ausgelöst. Ich glaube, so wie
du deine Sache schilderst, kannst du das nachvollziehen.
Mein Vater war im dipolmatischen Dienst, ergo dessen hat die Familie öfters
das Land, den Wohnort wechseln müssen. Für mich waren diese Abschiede
von der vertrauten Umgebung, der Schule, den Freundinnen immer ziemlich
schlimm, wie ein kleiner Tod. Ich führe auch heute noch meine tiefe Angst
vor Veränderungen darauf zurück. Als ich das meiner Mutter genauso sagte,
bekam ich zu hören, dass das so einfach nicht sein könne, denn schliesslich
musste ich ja die "Nestwärme"(??!!) nicht aufgeben, und alles andere sei
nebensächlich, und außerdem hätten die Kinder der Kollegen nicht solche
hausgemachten Probleme mit Veränderungen gehabt. Denn schließlich hätte
ich diesem Umstand ja auch meinen erweiterten Horizont zu verdanken und
blah blah blah.
Egal wo wir waren, meine Mutter hat immer laut darüber sinniert, wo wir
(also die Familie) wohl in einem oder in zwei Jahren sein würden. In Moskau?
In Afrika? Oder gar in Neuseeland?
Als ich ihr letztes Jahr sagte, dass mich das immer regelrecht in eine innere
Krise gestürzt hat (schon wieder ein Abschied, der sich abzeichnete), meinte
sie nur, ob sie (die Eltern) vielleicht ihre Kinder hätten fragen sollen, wohin
sie denn möchten.
Also - sie hat nichts, aber rein gar nichts kapiert.
Gegen so viel emotionale Dummheit (ja, so sehe ich das) und mangelndes
Einfühlungsvermögen bin ich tatsächlich machtlos.
Das habe ich bei dem Telefonat vor 3 Tagen wieder gemerkt, als sie anfing,
sich für dies und das zu rechtfertigen, obwohl ich gar nicht darum gebeten hatte. Ich sagte ja, ich hab's geschafft, nicht darauf einzusteigen.
Andererseits - wer sich rechtfertigt, klagt sich an! Also doch ein verschleiertes Eingeständnis, das etwas nicht in Ordnung war (ist) ?? So kann man's auch betrachten, das ist sogar hilfreich.
Andrea, du kennst sicher den Spruch
"Gott gebe mir die Kraft, Dinge zu verändern, die ich ändern kann,
die Gelassenheit, Dinge zu akzeptieren, die ich nicht ändern kann -
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden"
:reden:
Ich denke tatsächlich, ich bin bei der Gelassenheit angelangt, denn es ist
die einzige Option, mit der man selbst am besten leben kann.
****
Das Märchen deiner Mutter ist wirklich sehr plakativ! Ein Psychologie würde
angesichts eines so deutlichen inputs nicht einmal mehr gefordert sein.
Stimmt schon, deine Mutter ist das Baum-Opfer, von dem sich alle auf ihre
Kosten bedienen, dafür wird der Baum nicht mal geachtet, und seine
Früchte verfaulen. Sind die verfaulten Früchte ihr Kinder, die zu dem Schluß
kommen, die falsche Mutter gehabt zu haben? Und eben deswegen verfault,
weil undankbar? Selber schuld am Fäulnis = Eigenbestrafung?
Andererseits kann man das Märchen als stummen Hilfeschrei deiner Mutter
interpretieren, dass sie sehr darunter leidet, nicht in vollem Umfang gewürdigt zu werden. Da spielt auch sicher ihre Herkunftsfamilie eine tragende Rolle.
Aber das aufzulösen ist nicht Sache der Kinder.
An diesem Punkt denke ich, wäre eine seriöse Familienaufstellung klärend.
Was ich nicht ganz verstehe - welchen Part spielt dein Vater in diesem Zwist? Ist es seinerseits stumme Solidarität mit deiner Mutter? Oder kommt
sein versteinertes Verhalten aus seinem eigenen Familiensystem?
Dieses Eltern-Thema geht ganz schön an die Substanz, gell?
Ich habe hier lauter schlaue Bücher herumliegen mit grellen post-it's auf den Seiten, die Erkenntnisse bringen könnten ("Ohrfeige für die Seele" von Bärbel
Wardetzki, "Narzismuß" von Hans P. Röhr usw.).
Dass unsere Eltern sich so intensiv mit der Vergangenheitsbewältigung
auseinandersetzen, ist Wunschdenken!
Wie sieht das denn deine Tochter?
*****
Die versprochene e-mail bekommst du im Laufe des Wochenendes.
Viele liebe Grüße,
Karin
danke für deine pn. Ich antworte vorsichtshalber mal hier, denn ich bin immer noch ärgerlich wegen dem Zeichenlimit gestern .....
:banane:
Ich kann es schon verstehen, wenn die Kontaktaufnahme jetzt nicht von dir
ausgehen kann. Da sind verletzte Gefühle im Spiel und dein eigener Stolz. Der
muss auch sein. Die Fronten sind einfach bei dir (euch) noch zu verhärtet.
Gerade habe ich mir den allerersten Beitrag von dir (November 2004!) angesehen. Daraus geht zwar der Status quo hervor, aber was war der
konkrete Auslöser, dass es überhaupt zu dem Eklat kam? Oder hat sich da im
Laufe der Jahre so eine Wut angesammelt bei dir, die du nicht konkret benennen kannst (also Ereignis-bezogen)?
Ich denke, du machst, wie ich, deinen Eltern bittere Vorwürfe, weil sie die
Grundsteine für deine Verhaltensmuster gelegt haben. So ist es auch, das
liegt nun mal im Verantwortungsbereich der Eltern.
Was so schwer fällt zu akzeptieren, das ist die Weigerung deiner Eltern, hier zu ihren Fehlern zu stehen. Niemals werden sie es zugeben, dass sie aus
Eigennutz, um gut dazustehen, gehandelt haben. Sie können es auch nicht
zugeben, denn sie empfinden es nicht so. Es wäre eine Bankrotterklärung
in Sachen Erziehung.
Ich selbst kann es tatsächlich überhaupt nicht nachvollziehen, warum es
meiner Mutter so schwer fällt, einfach meine Wahrnehmungen als solche
anzunehmen und zumindest zu sagen "gut, ich kann verstehen, dass du das
so gesehen oder empfunden hast".
Die "Fehlerlosigkeit" meiner Mutter hat mich manch schlaflose Nacht gekostet
und hat echte Aggressionen und Wut bei mir ausgelöst. Ich glaube, so wie
du deine Sache schilderst, kannst du das nachvollziehen.
Mein Vater war im dipolmatischen Dienst, ergo dessen hat die Familie öfters
das Land, den Wohnort wechseln müssen. Für mich waren diese Abschiede
von der vertrauten Umgebung, der Schule, den Freundinnen immer ziemlich
schlimm, wie ein kleiner Tod. Ich führe auch heute noch meine tiefe Angst
vor Veränderungen darauf zurück. Als ich das meiner Mutter genauso sagte,
bekam ich zu hören, dass das so einfach nicht sein könne, denn schliesslich
musste ich ja die "Nestwärme"(??!!) nicht aufgeben, und alles andere sei
nebensächlich, und außerdem hätten die Kinder der Kollegen nicht solche
hausgemachten Probleme mit Veränderungen gehabt. Denn schließlich hätte
ich diesem Umstand ja auch meinen erweiterten Horizont zu verdanken und
blah blah blah.
Egal wo wir waren, meine Mutter hat immer laut darüber sinniert, wo wir
(also die Familie) wohl in einem oder in zwei Jahren sein würden. In Moskau?
In Afrika? Oder gar in Neuseeland?
Als ich ihr letztes Jahr sagte, dass mich das immer regelrecht in eine innere
Krise gestürzt hat (schon wieder ein Abschied, der sich abzeichnete), meinte
sie nur, ob sie (die Eltern) vielleicht ihre Kinder hätten fragen sollen, wohin
sie denn möchten.
Also - sie hat nichts, aber rein gar nichts kapiert.
Gegen so viel emotionale Dummheit (ja, so sehe ich das) und mangelndes
Einfühlungsvermögen bin ich tatsächlich machtlos.
Das habe ich bei dem Telefonat vor 3 Tagen wieder gemerkt, als sie anfing,
sich für dies und das zu rechtfertigen, obwohl ich gar nicht darum gebeten hatte. Ich sagte ja, ich hab's geschafft, nicht darauf einzusteigen.
Andererseits - wer sich rechtfertigt, klagt sich an! Also doch ein verschleiertes Eingeständnis, das etwas nicht in Ordnung war (ist) ?? So kann man's auch betrachten, das ist sogar hilfreich.
Andrea, du kennst sicher den Spruch
"Gott gebe mir die Kraft, Dinge zu verändern, die ich ändern kann,
die Gelassenheit, Dinge zu akzeptieren, die ich nicht ändern kann -
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden"
:reden:
Ich denke tatsächlich, ich bin bei der Gelassenheit angelangt, denn es ist
die einzige Option, mit der man selbst am besten leben kann.
****
Das Märchen deiner Mutter ist wirklich sehr plakativ! Ein Psychologie würde
angesichts eines so deutlichen inputs nicht einmal mehr gefordert sein.
Stimmt schon, deine Mutter ist das Baum-Opfer, von dem sich alle auf ihre
Kosten bedienen, dafür wird der Baum nicht mal geachtet, und seine
Früchte verfaulen. Sind die verfaulten Früchte ihr Kinder, die zu dem Schluß
kommen, die falsche Mutter gehabt zu haben? Und eben deswegen verfault,
weil undankbar? Selber schuld am Fäulnis = Eigenbestrafung?
Andererseits kann man das Märchen als stummen Hilfeschrei deiner Mutter
interpretieren, dass sie sehr darunter leidet, nicht in vollem Umfang gewürdigt zu werden. Da spielt auch sicher ihre Herkunftsfamilie eine tragende Rolle.
Aber das aufzulösen ist nicht Sache der Kinder.
An diesem Punkt denke ich, wäre eine seriöse Familienaufstellung klärend.
Was ich nicht ganz verstehe - welchen Part spielt dein Vater in diesem Zwist? Ist es seinerseits stumme Solidarität mit deiner Mutter? Oder kommt
sein versteinertes Verhalten aus seinem eigenen Familiensystem?
Dieses Eltern-Thema geht ganz schön an die Substanz, gell?
Ich habe hier lauter schlaue Bücher herumliegen mit grellen post-it's auf den Seiten, die Erkenntnisse bringen könnten ("Ohrfeige für die Seele" von Bärbel
Wardetzki, "Narzismuß" von Hans P. Röhr usw.).
Dass unsere Eltern sich so intensiv mit der Vergangenheitsbewältigung
auseinandersetzen, ist Wunschdenken!
Wie sieht das denn deine Tochter?
*****
Die versprochene e-mail bekommst du im Laufe des Wochenendes.
Viele liebe Grüße,
Karin