Deja-Vu...

Liebe Clara,

danke für Deine Antwort.

was meinst du denn mit deinem letzten Satz?

Wer soll denn deine Mutter bestrafen? Und wie soll die Srrafe aussehen?
Ich weiß nicht, wie ich es gut formulieren soll, was ich mit dem betreffenden Satz meine...
Es geht mir nicht so sehr um das Tun und Lassen meiner Mutter an sich oder die kleinen Sticheleien und Spitzen, die sie austeilt. Es geht mir mehr darum, welche Bedeutung/Botschaft und insbesondere welche Auswirkungen ihr Verhalten auf ihr Umfeld hat. Stets müssen alle anderen außer sie selbst die Nachteile ihres Verhaltens ausbaden. Das ist ungerecht und sie kommt immer damit durch, ohne sich für ihr Verhalten in irgendeiner Art verantworten zu müssen.

Wer soll sie bestrafen?
Nun ja, sicherlich nicht ich. Das wäre anmaßend.
Aber ich hoffe irgendwie auf einen Wink des Himmels...

Loszulassen bedeutet ja nicht unbedingt eine Person komplett aufzugeben und sich abzuwenden. Loslassen bedeutet auf innere Distanz zu achten und nicht ständig über die Spitzen und Gehässigkeiten, die Gefühlskälte und die Lieblosigkeit nachzudenken- oder sie gar zu suchen, sondern sie nicht mehr an sich heran zu lassen.
Eine andere Option als komplett aufzugeben und mich abzuwenden, bleibt mir so langsam nicht mehr.
Dazu gehört in letzter Konsequenz für mich aber auch, ohne jegliche ausgleichende Gerechtigkeit zu akzeptieren, dass ich von meiner Mutter aus der Familie ausgestoßen werde, nur weil ich nicht nach ihren Wünschen funktioniere.

Und als meine Mutter erst einmal festgestellt hatte, dass ich nicht mehr mit Weinen und Gekränktsein auf ihre Spitzen antwortete, weil ich mich nicht mehr wie ein Kind behandeln lassen wollte, da erkannte sie, dass ich erwachsen war und sie mir gegenüber einen anderen Ton anschlagen musste. Das war gut. Für uns beide.
Es freut mich für Dich sehr, dass Deine Mutter Dich offensichtlich respektiert hat, nachdem Du ihr Paroli geboten hast. Dieses Glück habe ich leider nicht.
 
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Liebe Clara, ich segne und lassen den Gedanken dann los und denke auch nicht mehr darüber nach!
 
Hallo Fafnir, ich hab damals vor langen Jahren den Kontakt zu meiner Mutter abgebrochen - aber rigoros - und wenn andere Menschen sich von Deiner Mutter so behandeln lassen wie Deine Mutter es mit Dir getan hat ist das einfach nicht Deine Sache - weil es Dich nicht persönlich betrifft. Ich hab mir damals auch oft gedacht warum andere Menschen sich von meiner Mutter so behandeln lassen - ist nicht meine Angelegenheit!!!
 
Hallo Spätzin,

und wenn andere Menschen sich von Deiner Mutter so behandeln lassen wie Deine Mutter es mit Dir getan hat ist das einfach nicht Deine Sache - weil es Dich nicht persönlich betrifft.
Du hast Recht, wenn andere Menschen sich schlecht von meiner Mutter behandeln lassen, dann ist das deren Sache.
Aber es betrifft mich persönlich, wenn meine Mutter mich schlecht behandelt. Vor diesem Hintergrund wehre ich mich seit Jahren dagegen, wie sie mich behandelt. Leider erfolglos.

Wie Du auch, so habe ich meiner Mutter schon vor vielen Jahren alles in sehr deutlichen Worten vor die Füße "gekotzt" und meine Mutter hat sehr wohl begriffen, was sie mir angetan hat... Wie hat sie reagiert? Sie hat ihren eigenen Selbstschutz aktiviert - hat alles abgestritten, stellte sich unwissend über die von mir geschilderten Geschehnisse und nicht zuletzt hat sie mich im Gegenzug beschuldigt, sie zu den Taten gezwungen zu haben, die ich ihr vorwerfe.

Ja, natürlich könnte ich ich mich in allerletzter Konsequenz vollkommen von ihr abwenden. Aber auch das wiederum hätte für mich negative Konsequenzen, die ICH so nicht will.
Von dem Haus - das wohl mal mein Erbe sein soll - hab ich mich bereits distanziert, weil ich einfach zu viele schmerzliche Erinnerungen daran habe und auch mein Selbstmordversuch hängt eng damit zusammen.
Meine Mutter weiß das und sie gibt mir die Schuld dafür, dass sie es runterkommen und verwahrlosen lässt.
In dem Haus aber liegen noch Unterlagen, Erinnerungen, Fotos/Dias - das ist ein kleiner Familien-Schatz.
Ich will diese Dinge nicht auch noch für einen Menschen aufgeben müssen, dessen Tochter ich nicht sein will und niemals sein wollte! Meine Familie besteht nicht nur aus meiner Mutter und Oma, sondern es gibt/gab auch "nette" Menschen in meiner Verwandtschaft. Ich möchte mich durch meine Mutter nicht dauerhaft davon trennen lassen! Wenn ich mich von meiner Mutter vollends abwende, dann nehme ich eben diese dauerhafte Trennung und Ausschluß aus der Familie in Kauf.
 
Hallo Fafnir,

du scheinst jetzt aber eine andere Einstellung zu deiner Mutter zu haben, als noch vor kurzem. Da warst du noch der Ansicht deiner Mutter nicht beizustehen in ihrer Krankheit, sei unterlassene Hilfeleistung. Warum ist das jetzt nicht mehr so?

Ob meine Mutter mich respektiert hat, weiß ich gar nicht. Ich denke, sie hat lediglich gemerkt, dass ich mich nicht mehr nach meinem alten Muster benommen habe. Ich war nicht mehr das Kind, das sich ärgern und quälen ließ. Ich ging einfach nicht mehr auf sie ein. Also musste sie etwas tun, um mich dennoch zu erreichen. Und dann kam noch ihre schwere Krebserkrankung hinzu. Dadurch wurden viele Dinge einfach obsolet.

Deine Mutter wird nie erkennen, dass sie etwas falsch macht im Umgang mit dir oder anderen Menschen. Das hat meine Mutter auch nicht getan. Meine Mutter sah sich immer als Opfer. Alle wollten ihr nur Böses. Sie war im Recht so zu sein, wie sie war. Außerdem hatte sie eine schlechte Kindheit gehabt, dafür musste halt jemand büßen. Am besten gleich alle. Dabei ist eine schlechte Kindheit lediglich eine Erklärung. Als Entschuldigung für jahrelange Gefühlskälte, Gemeinheiten, Hinterhältigkeiten und Vorwürfen gegenüber den eigenen Kindern, die schließlich nichts dafür können, lasse ich das nicht zu.

Meine Mutter gab uns Kinder die Schuld daran, dass unsere Geburten ihre Schönheit "versaut" habe. Sie gab uns die Schuld, dass sie sich keine teuren Klamotten (Möbel, Urlaube usw.) leisten konnte. Sie machte uns ein schlechtes Gewissen, wenn wir nach der Schule nicht sofort zu ihr in den Garten gingen, um ihr bei der ach so schweren Gartenarbeit helfen wollten. Sie jammerte und klagte und war immer(!) unzufrieden. Wir waren undankbar, nicht intelligent genug, nicht gutaussehend (wie sie), faul und… und... und...

Als Kind habe ich das alles geglaubt und mich ständig schuldig gefühlt. Mit 16 Jahren bin ich von zu Hause weggezogen und habe festgestellt, dass andere Mütter ihre Kinder nicht so behandelten. Mein Selbstwertgefühl war praktisch nicht vorhanden. Auch war ich noch traumatisiert von dem plötzlichen Herztod meines Vaters zwei Jahre zuvor, den ich miterlebt hatte, während meine Mutter noch nicht mal in der Lage war einen Arzt herbeizurufen. Irgendwann habe ich geheiratet und festgestellt, dass meine Mutter keine gute Mutter- und auch kein guter Mensch war.

Warum trennst du dich von deiner Familie, wenn du den Kontakt zu deiner Mutter minimierst oder einstellst? Das verstehe ich nicht. Diese Menschen kennen doch deine Mutter und können erkennen was sie dir antut.

Du wirst dich irgendwann entscheiden müssen, was du eigentlich willst. Den Kontakt erhalten und dein Verhaltensmuster gegenüber deiner Mutter auch, den Kontakt erhalten und auf inneren Abstand zu deiner Mutter gehen, den Kontakt rigoros abbrechen, um deine Ruhe zu haben. Das musst du alleine entscheiden.

Was du auch machst, deine Mutter wird das nicht ändern. Nichts wird sie ändern. Und eine Strafe wird es für sie nicht geben. Sie wird auch nie einsichtig werden.

Ob du nun die Tochter deiner Mutter sein willst oder nicht. Du bist es. Daran kannst du nichts ändern. Aber du kannst dein Verhalten ihr gegenüber ändern. Kannst- nicht musst. Das ist allein deine Sache.

Liebe Grüße
Clara
 
Hallo Clara,

danke für Deine ausführliche Antwort!

du scheinst jetzt aber eine andere Einstellung zu deiner Mutter zu haben, als noch vor kurzem. Da warst du noch der Ansicht deiner Mutter nicht beizustehen in ihrer Krankheit, sei unterlassene Hilfeleistung. Warum ist das jetzt nicht mehr so?
Meine Einstellung zur unterlassenen Hilfeleistung ist noch immer unverändert.
Das Gesetz steht über meinen persönlichen Gefühlen. Da muss ich halt noch durch!
Aber darüber hinaus kann ich meiner Mutter einfach nicht die Hilfe sein, die sie von mir erwartet. Das liegt außerhalb meiner Möglichkeiten, und zwar aus den geschilderten Gründen. Meine Mutter weiß das grundsätzlich auch, aber sie akzeptiert es nicht.
Ich stehe in lockerem Kontakt mit einem Nachbar... Aktuell scheint es mit ihrer Gesundheit nicht so dramatisch zu sein, dass dringender Handlungsbedarf besteht.

Ob meine Mutter mich respektiert hat, weiß ich gar nicht. Ich denke, sie hat lediglich gemerkt, dass ich mich nicht mehr nach meinem alten Muster benommen habe. Ich war nicht mehr das Kind, das sich ärgern und quälen ließ. Ich ging einfach nicht mehr auf sie ein. Also musste sie etwas tun, um mich dennoch zu erreichen.
Auf welche Weise bist Du nicht mehr auf Deine Mutter eingegangen und wie hat sie ihr Verhalten verändert, um Dich weiterhin zu erreichen? Wie oft hast Du dieses Vorgehen wiederholen müssen, bis sie eingesehen hat, dass sie Dich nicht erreicht?
Meine Mutter sah sich immer als Opfer. Alle wollten ihr nur Böses. Sie war im Recht so zu sein, wie sie war. Außerdem hatte sie eine schlechte Kindheit gehabt, dafür musste halt jemand büßen. Am besten gleich alle. Dabei ist eine schlechte Kindheit lediglich eine Erklärung. Als Entschuldigung für jahrelange Gefühlskälte, Gemeinheiten, Hinterhältigkeiten und Vorwürfen gegenüber den eigenen Kindern, die schließlich nichts dafür können, lasse ich das nicht zu.
Meine Mutter sieht sich ebenfalls als Opfer und glaubt, somit das Recht zu haben, so sein zu dürfen und auch so rücksichtslos mit den Menschen umzugehen, wie sie es tut. Sie will entsprechend so akzeptiert werden, "denn andere dürfen/machen das doch genauso" (ihr O-Ton).

Ich stimme Dir bei dem hervorgehobenen Satz zu 100% zu.
Welche Lehren/Konsequenzen hast Du für Dich daraus gezogen und wie hast Du dies für Dich umgesetzt und Deiner Mutter verdeutlicht?

Meine Mutter gab uns Kinder die Schuld daran, dass unsere Geburten ihre Schönheit "versaut" habe. Sie gab uns die Schuld, dass sie sich keine teuren Klamotten (Möbel, Urlaube usw.) leisten konnte. Sie machte uns ein schlechtes Gewissen, wenn wir nach der Schule nicht sofort zu ihr in den Garten gingen, um ihr bei der ach so schweren Gartenarbeit helfen wollten. Sie jammerte und klagte und war immer(!) unzufrieden. Wir waren undankbar, nicht intelligent genug, nicht gutaussehend (wie sie), faul und… und... und...

Als Kind habe ich das alles geglaubt und mich ständig schuldig gefühlt. Mit 16 Jahren bin ich von zu Hause weggezogen und habe festgestellt, dass andere Mütter ihre Kinder nicht so behandelten. Mein Selbstwertgefühl war praktisch nicht vorhanden. Auch war ich noch traumatisiert von dem plötzlichen Herztod meines Vaters zwei Jahre zuvor, den ich miterlebt hatte, während meine Mutter noch nicht mal in der Lage war einen Arzt herbeizurufen.
Meine Mutter gab mir auch die Schuld an ihrer "Wampe" (Bauch), obwohl ich nach ihrer Aussage ein Wunschkind bin...
Die Gartenarbeit - insbesondere meine Pflichten mit unseren Tieren waren für mich eine willkommene Fluchtmöglichkeit vor meiner Oma.
Es war mir egal, ob ich im Regen die Ställe ausmistete, meine Zuneigung zu den Tieren war stärker.
Es war mir egal, ob ich im Sommer in der Mittagshitze das Heu im Garten über Stunden wendete oder Unkraut jätete...
Alles war besser, als meiner Oma über den Weg zu laufen.


Als ich in die Pubertät kam, hat meine Mutter mir immer die Pickel im Gesicht ausgedrückt mit ihren scharfen langen Daumennägeln.
Ich sehe noch heute, wie sie ihre oberen Schneidezähne dabei verbissen auf die Unterlippe presste und immer wieder aufs Neue ansetzte, obwohl der Pickel noch nicht reif zum Ausdrücken war. Es tat mir unheimlich weh und mir liefen die Tränen, ich wollte weg, aber sie zog mich wieder hin mit Aussagen wie "ach komm - stell Dich nicht so an, wer schön sein will, muss leiden."

Irgendwann habe ich geheiratet und festgestellt, dass meine Mutter keine gute Mutter- und auch kein guter Mensch war.
Welche Lehren/Schlüsse im weiteren Umgang mit Deiner Mutter hast Du für Dich aus dieser Erkenntnis gezogen und wie hast Du dies für Dich umgesetzt und Deiner Mutter verdeutlicht?

Warum trennst du dich von deiner Familie, wenn du den Kontakt zu deiner Mutter minimierst oder einstellst? Das verstehe ich nicht. Diese Menschen kennen doch deine Mutter und können erkennen was sie dir antut.
Nein, leider ist der Kontakt zur Verwandtschaft nicht mehr eng genug, dass diese einen ausreichenden Einblick haben.
Nur meine beiden Cousinen haben etwas mehr mitbekommen, aber auch alles nur ansatzweise.
Der Bruder meiner Mutter ist deren Vater gewesen und meine Mutter hat ihm ja wegen des Erbes so übel zugesetzt, das haben sie schon mitbekommen. Der Kontakt zu diesen beiden Cousinen war über viele Jahre eingeschlafen, weil sie mit meiner Mutter nichts mehr zu tun haben wollten. Erst jetzt nach dem Tod von ihrer Mutter hat sich der Kontakt wieder etwas mehr aktiviert. In unserer Kindheit haben wir teilweise die Ferien miteinander verbracht, die Familien haben sich früher häufiger gegenseitig besucht.
Mir fehlen viele Erinnerungen an früher, die ich gern auffüllen würde in meinem Kopf.
Ein Onkel 2. Grades (Cousin meiner Mutter) hat sich von mir distanziert, obwohl wir immer ein gutes, wenn auch weitestgehend lockeres Verhältnis zueinander hatten und ich sogar einmal einen wunderschönen Urlaub bei ihm gemacht habe. Meine Mutter hat ihm am Telefon letztes Jahr die Ohren vollgejammert, dass wir sie an Weihnachten/Silvester alleine sitzen lassen und lieber zur Schwiegerfamilie gehen. Sie hat aber wohl nicht erwähnt, dass wir im Jahr vorher über eben diese Feiertage nur bei ihr waren und da die Schwiegerfamilie ohne uns war.
Dieser Onkel hat einen Familienstammbaum gemacht, den meine Mutter von ihm bekommen hat. Ich hab ihn nicht.

Du wirst dich irgendwann entscheiden müssen, was du eigentlich willst.
Ja, ich weiß - diese Frage beschäftigt mich schon lange.
Mein Wunsch wäre diese Option:
den Kontakt erhalten und auf inneren Abstand zu deiner Mutter gehen

Meine Mutter hing schon immer extrem an dem Haus (sie wurde darin wohl geboren) und es ist mir schon lange bewußt, dass sich daraus das Problem entwickeln würde, worüber ich jetzt hier schreibe. Die ganzen Diskussionen und Streitereien der letzten 20 Jahre waren nur dazu da, die jetzige Situation möglichst zu vermeiden und eine einvernehmliche Konfliktlösung zu finden.
Damit bin ich jetzt dann wohl endgültig gescheitert.
 
Meine Mutter hat sich auch immer in der Opferrolle gesehen und das auch ausgelebt!

Clara beschreibt ganz genau wie sich das über Jahrzehnte hinzog - und hat für sich entschieden!

Das habe ich für mich auch - da ist es egal ob ein Haus, eine Wohnung oder sonstige Familienbilder oder Unterlagen da sind.
Wozu brauchst Du einen Familienstammbaum???
Da das Ganze sich bei Dir schon über 20 Jahre hinzieht verstehe ich nicht warum Du Dich noch nicht lösen konntest von Deiner Herkunftsfamilie - und Du wohnst ja nicht mal in der Nachbarschaft Deiner Mutter!
 
Hallo Fafnir,

wenn es deiner Mutter derzeit gut geht, dann hast du jetzt doch genügend Zeit dich zu informieren, welcher mobile Pflegedienst z. B. für sie einmal in Frage kommt, falls wirklich einmal Hilfe benötigt werden sollte. Näheres hierzu findest du im Internet. Auch ein Anwalt oder eine Rechtsberatung wäre wichtig, der dir ratend zur Seite steht.

Wer sollte dich eigentlich wegen "unterlassener Hilfeleistung" belangen, wenn du nicht bereit bist deine Mutter zu pflegen? Der Nachbar, mit dem du in Kontakt stehst etwa? Der bei dir anrief und dir ein schlechtes Gewissen gemacht hat, dass deine Mutter bald nicht mehr ist? Und jetzt erzählt er, es geht ihr wieder ganz gut? Das klang neulich noch ganz anders. Jedes Amt weiß doch wie schwer manche familiären Konstellationen sind. Auch werden die Kinder befragt, bevor irgendwelche Maßnahmen eingeleitet werden.

Meine Tochter ist Rechtsanwältin und täglich mit den Themen Alten- und Krankenpflege, Betreuung, Vorsorge usw. beschäftigt. Wäre sie das nur schon gewesen, als meine Mutter so krank war und sich zunächst nicht helfen lassen wollte...

Ich habe mich, als meine Mutter krank wurde, lange Zeit auf meine Geschwister verlassen, die mir sagten, sie würden sich kümmern. Sie standen meiner Mutter sehr nahe und sahen es nicht so gerne, wenn ich mich einmischte. Was ich nicht wusste war, dass sie einfach nur alles taten, was meine Mutter von ihnen verlangte. Sie gaben ihr Geld, damit sie ihr Haus behalten konnte, sie brachten sie ab und an zum Arzt und vertrauten auf die Aussagen unserer Mutter, es sei alles o. k., sie würde regelmäßig zu den Nachsorgeuntersuchungen gehen usw. Ansonsten duckten sie sich weg. Sie wollten nicht sehen, was längst zu erkennen war.

Wie verstand meine Mutter, dass ich nicht länger bereit war, ihr Spiel zu spielen? Das war natürlich ein längerer Prozess, der Jahre dauerte. Meine Mutter hatte die Angewohnheiten "einfach mal so einen ehrlichen Satz zu sagen", auch wenn er mir weh tat. Es sei ja schließlich zu meinem Besten. Sie beleidigte mich unter diesem Vorwand. Das minderte mein Selbstwertgefühl und kränkte mich sehr. Jedes Mädchen ist in der Pubertät empfindlich und verletzbar. Das nutzte meine Mutter aus. Ich glaube, es machte ihr Spaß. Deine Pickelgeschichte ist übrigens sehr schlimm. Das hätte ich niemals zugelassen. Da bestand aber auch keine Gefahr bei meiner Mutter. Das war nicht ihre Art.

Als ich älter war, machte meine Mutter damit weiter. Aber irgendwann habe ich darauf nicht mehr angeschlagen, wie ich schrieb. Ich fing an, sie beim Wort zu nehmen. So sagte sie z. B. eines Tages als ich zu ihrer Geburtstagsfeier angereist war: "Ich dachte, du würdest dich an so einem schönen Tag einmal ein wenig vorteilhafter kleiden, damit ich auch vor den Nachbarn mit dir angeben kann." Da packte ich nachmittags meine Sachen zusammen bevor die Gäste eintrafen und reiste ab. "Ich möchte nicht, dass du dich wegen deiner Nachbarn für mich schämen musst", habe ich geantwortet. Das saß.

Als meine Mutter einmal zur Kur musste, rief sie bei mir und meinem Mann an und erklärte uns, sie wolle in der Kur ihre Ruhe haben, weder jemanden sehen noch hören von der Familie. Ich wusste, sie meinte das nicht ernst. Früher wäre ich beleidigt gewesen und hätte gebettelt sie doch besuchen zu dürfen. Doch damals sagte ich nur," wie du willst." Sicherheitshalber gab sie mir ihre Telefonnummer in der Reha, für den "Notfall", falls was wäre. Irgendwann rief meine empörte Schwester an und schimpfte mich aus, ich solle mich umgehend bei Mutter melden, die sei schließlich krank und das wäre wohl das Mindeste, was sie erwarten könne von uns Kindern. Alle seien zu Besuch da gewesen und wir hätten noch nicht einmal angerufen. Ich erzählte ihr, von dem Telefonat. Sie meinte nur. das wäre doch nicht ernst gemeint. Dann solle sie zukünftig bitte nur noch Dinge sagen, die sie auch meinen würde, entgegnete ich.

Davon gibt es noch viele Geschichten. Meine Mutter brauchte einige Zeit um zu kapieren (schließlich muss ich meine "lange Leitung" in puncto Verständnis von irgendwem geerbt haben. Laut ihrer Aussage, bin ich ja nicht die "Hellste".

Der räumliche Abstand zu meiner Familie hat mir sehr geholfen, meine Mutter differenzierter zu sehen und nicht mehr auf ihre fiesen Spiele einzugehen. Mein Mann sagte einmal: "Deine Mutter hat das besondere Talent, einem beim Hinausgehen noch eine Beleidigung hinterher zu rufen. Die Tür ist schon zu, da merkst du erst wie gemein das war."

Hm, welche Lehren/Schlüsse habe ich aus dem Umgang mit meiner Mutter gezogen? Das ist gar nicht so leicht zu beantworten. Zunächst einmal habe ich mir vorgenommen ein ganz anderes Verhältnis zu meiner Tochter zu haben, als ich es zu meiner Mutter hatte. Das ist mir auch ganz gut geglückt, wie ich denke.

Viele Verletzungen sitzen auch heute noch sehr tief. Das kann ich nicht vergessen. Ich habe nur meinen Frieden mit meiner Mutter gemacht. Aber das ist doch auch schon was, finde ich. Ich lebe gut damit.

Dass du so sehr an deine Familie hängst, kann ich bedingt nachvollziehen. Aber warum irgendwelche Unterlagen, Fotos und ein Stammbaum wichtig sein sollen, verstehe ich so wenig wie Spätzin.

Wie oft meldet sich denn deine Familie bei dir? Oder bist du diejenige die sich meldet? Bei meiner Verwandtschaft ist es so, dass meine Schwester den Kontakt zu den Tanten und Cousinen aufrecht erhält. Sie ruft an. Umgekehrt läuft da nichts. Auf so eine Familie kann ich dankend verzichten. Ich habe einen guten Mann und eine tolle Tochter. Diese beiden sind das beste, was mir passieren konnte im Leben. Und das Wichtigste. Dann sind da noch meine Geschwister, der Lebensgefährte meiner Tochter, meine Freunde und mein Hund (nicht zu vergessen). DAS ist meine Familie. Das ist mir mehr wert als irgendwelche Cousinen und Cousins, die ich früher mal in den Ferien getroffen habe.

Gruß Clara
 
Hallo,

was meinst du denn mit deinem letzten Satz?

Wer soll denn deine Mutter bestrafen? Und wie soll die Strafe aussehen?

Also ich hab da so mein Szenario - ich gehe davon aus, dass wir nach unserem Tod wieder in so ne Einheit zurück kehren - in der alles gleich.gültig ist - wo Friede herrscht und EinHeit - und wo wir dann aber auch (wieder) wissen - bzw. erkennen - müssen - welche Fehler wir im aktuellen Leben gemacht haben - und auch, dass wir sie nicht mehr ungeschehen machen können - also müssen wir mit dem klar kommen, was wir im Laufe unseres Leben alles getan haben.

Und das gilt auch für meine Mutter - die jetzt da irgendwo hockt und endlich checkt, was sie anderen Menschen angetan hat - nicht nur mir - allen - und sich dieser ihrer Verantwortung stellen muss - und das ist mir Trost genug, ihr zwar nicht zu verzeihen - aber sie dafür auch nicht zu hassen oder sie zu verdammen.
 
Ich wollte, meine Vorstellungskraft wäre dafür stark genug.

Liebe Grüße
Clara

Jeder Mensch glaubt an irgendwas - also so richtig - sei es, an das Gute in den Menschen - oder, an das Böse in den Menschen - manche glauben an Gott, andere fürchten sich vor dem Teufel.

Ich hab einiges durch - ich bin katholisch aufgewachsen - dann zu den Evengelen konvertiert - ich habe mir einige esoterische Glaubensrichtungen angeschaut - schamanische Überzeugungen ausprobiert - und mir letztendlich eben (m)ein ureigendstes Bild zusammengebaut - und das ist ein Teil davon.

Diese Überzeugung hindert mich daran, selbst bewusst Böses zu tun - weil ja auch ich mit eingeschlossen bin - und es gibt mir auch die Ruhe und den Frieden, dass jede/r für alles gradstehen wird müssen - nicht vor einem strafenden Gott - sondern vor sich selbst - sobald sie/er wieder weiß, worum es eigentlich geht in unser aller Leben.

Nein, ich liebe nicht jeden Menschen, jedes Tier, jede Pflanze - aber wenn ich Fleisch esse, mache ich das mit der gleichen Dankbarkeit, als wenn ich eine Pflanze esse - ich lebe einfach bewusster, seit ich dieses mein Puzzle zusammengebaut habe.
 
Liebe Fafnir,

auch, wenn das jetzt brutal klingt - deine Mutter wird sich nicht ändern - nie und nimmer.

Der einzige Mensch, der in deiner Beziehung zu deiner Mutter etwas verändern kann - bist - DU - aber das wurde dir hier schon öfter geschrieben.

Ja - auch ich kenne das Mutterthema - und ja, auch ich habs geschafft - nach langen Jahren - endlich - meiner Tochter eine andere Mutter zu sein, wie es meine mir gegenüber war.

In den letzten Jahren fuhren wir sie nur mehr fallweise im Pflegeheim besuchen, in welches sie dann die Schwiegertochter abgeschoben hat -zu ihrem Besten - ich hab keinen Einspruch dagegen erhoben - das war die einzig sinnvolle logische Möglichkeit - ich hätte es nicht wollen - und nicht können - sie zu mir zu nehmen und sie zu pflegen.

Als sie am Knie operiert wurde - kurz nach dem Tod ihres Mannes - und sich von mir am Telefon verabschiedete - fuhr ich zu ihr - stundenlang - bei Schneetreiben und trotz meiner Nachtblindheit - aber das hätte ich auch für andere Menschen getan, die mir jemals was bedeutet hatten.

Als sie Monate später einen Schlaganfall hatte, übernahm ich die medinzinische Sachwalterschaft - um ev. das OK zu geben, die Maschinen abzudrehen, die sie am Leben erhielten. Auch davon erholte sie sich wieder - großteils.

Aber zu dem Zeitpunkt hatte ich schon meinen Frieden mit ihr gemacht. Meine Tochter und ich besuchten sie, solange mein Vater noch lebte einmal im Monat - danach wurden die Besuche weniger - aber es wurde von einer Pflicht - weil man ja nicht kann - zu einem Spaß - weil wir das mit einem Mädelstag verbanden. Nach ca. 1 Stunde bei meiner Mutter trafen wir uns mit Freunden in unserer alten Heimat - gingen gut essen - und verbrachten letztendlich einen netten Tag zusammen.

Wie gesagt - zu dem Zeitpunkt hatte ich schon abgeschlossen - ich versuchte nicht mehr, meine Mutter begreiflich zu machen, welch egoistisches , berechnendes und gehässiges Monster sie sei - ich konnte akzeptieren, dass sie nicht anders konnte oder wollte - war einfach sie - auf Grund all dessen, was ihr widerfahren war - aber das sollte nicht länger mein Problem sein - ich distanzierte mich - sah sie letztendlich als irgend eine Verwandte, die eben noch lebte und dazu gehört - und die ich fallweise besuchen fuhr.

Kurz nach Weihnachten 2015 ist sie gestorben - ich habe mich um die Beerdigung und den Grabstein gekümmert - das wars - wenn ich einmal pro Jahr in meine alte Heimat komme, besuche ich das Grab - in dem auch mein Vater und mein heißgeliebter Bruder liegt - und ich besuche auch die Eltern meines Vaters - die schon ewig gestorben sind - ohne Verpflichtung - ohne Wehmut.

Meine Mutter hat ihr Leben gelebt - sie war immer leidendes Opfer, welches von allen schlecht behandelt wurde - sie lächelte dir ins Gesicht - und sobald sich die Türe hinter dir schloss, zog sie über dich her - egal, er es war - auch über meine Tochter und mich - auch über ihren Mann, denn sie inständig liebte und vergötterte - der einzige Mensch, zu dem sie wirklich eine Beziehung hatte - aus ihrer Sicht.

Stimmt nicht - sie liebte ihren Sohn abgöttisch - aber der starb bei einem Verkehrsunfall, als ich 13 war - das hat sie nie überwunden - ich auch nicht - aber mir stand es - aus ihrer Sicht - nicht zu, um ihn zu trauern - er war ja IHR Sohn aus ihrer ersten Ehe - und ich war ja auch Schuld, dass er sterben musste - zumindest war das ihr Druckmittel, um mich gefügig zu machen - und ich habe ihr das auch geglaubt - jahrzehntelang.

Erst, als ich mich aus ihren Fängen befreit hatte, wurde mir auch bewusst, dass ich keine Schuld an seinem Tod hatte - nicht haben konnte - als er starb, sass ich in der Badewanne - und er wurde über 30 km von mir entfernt von einem Auto angefahren. Aber sie schaffte es trotzdem, mir diese Schuld einzureden -immer und immer wieder - weil ich immer mit ihm gestritten hatte - weil ich immer so böse zu ihm war - deshalb musste er sterben.

Wie auch immer - finde deinen Weg, dich aus diesen Fängen zu befreien - du kannst mir glauben - danach ist das Leben viel leichter, lustvoller und lebenswerter.
 
Also ich hab da so mein Szenario - ich gehe davon aus, dass wir nach unserem Tod wieder in so ne Einheit zurück kehren - in der alles gleich.gültig ist - wo Friede herrscht und EinHeit - und wo wir dann aber auch (wieder) wissen - bzw. erkennen - müssen - welche Fehler wir im aktuellen Leben gemacht haben - und auch, dass wir sie nicht mehr ungeschehen machen können - also müssen wir mit dem klar kommen, was wir im Laufe unseres Leben alles getan haben.

Und das gilt auch für meine Mutter - die jetzt da irgendwo hockt und endlich checkt, was sie anderen Menschen angetan hat - nicht nur mir - allen - und sich dieser ihrer Verantwortung stellen muss - und das ist mir Trost genug, ihr zwar nicht zu verzeihen - aber sie dafür auch nicht zu hassen oder sie zu verdammen.

Es gibt Berichte von Menschen die Nahtoderlebnisse hatten und sie berichten übereinstimmend, dass sie eine Art "Rückschau" auf ihr Leben erlebt haben und dabei sahen und auch fühlten was sie anderen Menschen "angetan" hatten (oder auch nicht). Welche Auswirkungen ihr Verhalten hatte - im Guten wie im Schlechten.
Also kommt vllt. spätestens auf dem Sterbebett die "Abrechnung", die Einsicht, das Erkennen?
Ich für meinen Teil glaube an Gerechtigkeit.
Wenn auch nicht an eine weltliche, so doch an an eine jenseitige, weil ich glaube mit dem physischen Tod ist nicht alles vorbei. Aber das ist eben Glaubenssache....nicht beweisbar. Und es gibt mir die innere Ruhe nicht selbst für "Bestrafung" sorgen zu wollen.
Ich denke unsere Mütter machen sich ihre "Hölle" selbst, denn im Innersten ihrer Seele - auch wenn sie es nie zugeben würden - wissen sie dass sie viele Menschen Unrecht tun und fühlen sich im Grunde sehr einsam.
Sie Psyche/das Unbewusste lässt sich nicht belügen.
 
Hallo zusammen,

danke für Eure ausführlichen Antworten und bitte entschuldigt, dass ich mich länger nicht gemeldet habe.
In meinem Kopf ist einiges in Bewegung und ich glaube ich habe den Bindungsgrund nun gefunden - es ist Existenzangst. An der Stelle hat es klick gemacht. Schalter umgelegt.

Dass sich meine Mutter nicht ändern wird und nur ich mich ändern kann, habe ich häufiger gehört. Ja, das ist korrekt. Es dauert wohl einfach seine Zeit, bis diese Unveränderlichkeit wirklich im Kopf "angekommen" ist.

Meine Therapeutin sagt auch, dass ich selbst wegen unterlassener Hilfeleistung aufgrund meiner Entfernung wohl nichts zu befürchten hätte. Da sei eher der Nachbar gefährdet.
Aber eine wirklich sichere Aussage dazu bekomme ich nur vom Anwalt. Darum habe ich mir jetzt mal in meiner Nähe eine Kanzlei von meiner Rechtsschutz-Versicherung nennen lassen, wo ich mich mal kurzfristig zu allen relevanten Familien-Themen beraten lassen will.

Der Nachbar meiner Mutter ist übrigens eher mein Spion ihr gegenüber, seit sie nach dem letzten Telefonat nicht mehr für mich zu sprechen ist. Der macht mir nicht wirklich ein schlechtes Gewissen. Aber auch dazu werde ich mich rechtlich absichern.

Oh je - "Telefon" und wer sich meldet. Ein echter Volltreffer, wenn Du nach einem Reizthema suchst...
Meistens hab ich mich gemeldet, und wenn ich mal rumgemotzt habe, dass meine Mutter sich auch mal melden konnte, hat sie es zu den unmöglichsten Zeiten oder aufgrund himmelsträubender Beweggründe getan. Oder gesagt "ich weiß doch nicht, wann Du Zeit hast..."
 
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Hallo Fafnir,
schön, dass du innerlich und gedanklich "voran kommst".
Ja, der Kopf ist manchmal der grösste Boykotteur
(oder sind es nicht eher die Gefühle? - *selbstgradegrübel*)
Gut dass du dir rechtlichen Beistand holst.
Ich hatte nie Bedenken wegen unterlassener Hilfeleistung bei deinen Beschreibungen, aber so bist du auf der sicheren Seite.
Und das emotionale wirst du auch lösen können wenn du das wirklich willst. Ich wünsche dir die nötige Geduld und Ausdauer dafür.....manche Dinge brauchen einfach ihre Zeit.
Alles Gute
 
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